Press release · Flansborj · 14.05.2025 SSW zur angespannten Haushaltslage in Flensburg: Lasst uns aus der Not eine Tugend machen!

Die Rede des Vorsitzenden der SSW-Ratsfraktion, Ratsherr Martin Lorenzen zum Haushalt 2026;hier: Grundsatzbeschluss zum Haushaltsverfahren RV-28/2025

Es gilt das gesprochene Wort

sehr geehrter Herr stellv. Stadtpräsident,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,
Die finanziellen Aussichten der Stadt Flensburg sind dramatisch schlecht, das hat der Kämmerer mehrfach deutlich gemacht, auch in seinem Vorschlag eines Grundsatzbeschlusses. 35 Millionen Euro Unterschuss erwartet er in 2026. Das gleiche gilt für 2027 und 2028 oder2029 und 2030. Insgesamt summieren sich die zu erwartenden Defizite auf über 190 Millionen Euro. Wir müssen JETZT handeln damit die Stadt nicht völlig handlungsunfähig wird und uns dann vom Landesinnenministerium Maßnahmen vorgeschrieben werden. Wir müssen also sofort die NOTBREMSE ziehen.

Die Stadt Flensburg ist nicht allein in dieser Lage. Im ganzen Land erwarten die kreisfreien Städte, die Kreise, die Städte und die Kommunen große Defizite. Der Schleswig-Holsteinische Landkreistag warnt vor einem Finanzkollaps. Auch unsere Nachbarn haben große finanzielle Probleme. Der Kreis Schleswig-Flensburg hat bereits in 2025 ein Defizit von ca. 35 Millionen Euro. Selbst das reiche Harrislee rechnet mit großen Defiziten in den nächsten Jahren. All das macht deutlich, dass es sich um strukturelle Ursachen handelt, die jetzt vor dem Hintergrund der Konjunkturschwäche dazu führen, dass fast alle Kommunen finanzielle Probleme haben. Das wurde auch durch eine Umfrage der Körber-Stiftung bestätigt in dem die kommunalen Vertreter deutlich machten, dass die unzureichenden Finanzen und zu vielen Aufgaben das Hauptproblem der Kommunen sind. Das gilt natürlich auch für uns in Flensburg. Auch wenn die Verantwortung dafür auf Bundes- oder Landesebene liegt, müssen wir vor Ort selbst versuchen gegenzusteuern. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung als Selbstverwaltung. 
Der Kämmerer hat einen Grundsatzbeschluss eingebracht, in dem das Ziel ist, jährlich über 20 Millionen Euro einzusparen. Dennoch hätten wir einen zweistelligen Unterschuss im nächsten Jahr. Aus dem Grundsatzbeschluss der Verwaltung geht aus Sicht der Politik nicht deutlich genug hervor, wie denn nun die Einsparungen vorgenommen werden sollen. Deshalb haben die Fraktionen von SSW, Die Grünen, CDU und SPD gemeinsam beschlossen, einen Ergänzungsantrag einzubringen um die Einsparziele klarer zu fassen. Das haben wir gemacht vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrung aus dem letzten Jahr, wo es eben gar keine Einsparungen beim Personal oder bei der Verwaltung gab, obwohl es dazu klare Beschlüsse gab.

Die Anzahl der Beschäftigten in der Stadt Flensburg ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Die Personalkosten daher natürlich auch. Das liegt sicherlich an den sehr vielen Aufgaben, aber wir müssen auch feststellen, dass die Arbeitsprozesse und der Digitalisierungsgrad einfach nicht optimal sind. Jüngst wurde Flensburg bestätigt, dass wir im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn, z.B. Dänemark, 20 Jahre bei der Digitalisierung hinterher sind. Auch in der Umfrage der Körber-Stiftung wurde die fehlende Digitalisierung und die große Bürokratisierung als großes Problem der Kommunen beschrieben.

Wir als SSW haben schon vor fast drei Jahren, in 2022, auf dieses Problem hingewiesen und in einem Antrag gefordert, dass externe Gutachter sich die Verwaltung in Flensburg anschauen und Aufgabenkritik und Effizienzvorschläge machen soll. Ergebnis: nichts. Alle Fraktionen haben auch im letzten Jahr in einem Antrag den OB und die Verwaltung aufgefordert konkrete Einsparziele für 2025 in der Kernverwaltung vorzuschlagen. Nichts ist passiert. Erst auf unsere Anfrage hat die Verwaltung Anfang April berichtet was denn jetzt im Bereich Effizienzsteigerung der Verwaltung passieren soll. Erst jetzt soll die KGST Vorschläge dazu machen, die dann aber erst viel später greifen sollen. Diese Zeit haben wir aber angesichts der dramatischen Haushaltslage nicht.

Anderorts handelt man bereits jetzt. In Kiel hat der OB mitgeteilt, dass 200 Vollzeitstellen gestrichen werden sollen. Im Kreis Schleswig-Flensburg will man jede dritte Stelle bei Pensionierungen nicht mehr neubesetzt. Wir vier Fraktionen sehen daher auch uns in Flensburg in der Verantwortung, beim Personal zu sparen. In den nächsten fünf Jahren werden bis zu 500 Beschäftigte in Pension gehen. Wir streben an, dass jede dritte Stelle nicht mehr neu besetzt wird. Es wird angesichts des Fachkräftemangels sowieso schwer werden, alle Stellen wieder zu besetzen. Natürlich muss man sich das in jeden Einzelfall genau anschauen. Aber wir stellen uns vor, dass man mit Hilfe der KGST diese einsparen kann, weil die Arbeit anders und effizienter organisiert wird und weil es mehr Digitalisierung geben muss in der Verwaltung. Doppeltarbeit muss ebenfalls vermieden werden.

Natürlich wird das nicht leicht werden, aber wenn wir alle an einem Strang ziehen kann dies gelingen. Es geht ja auch überhaupt nicht darum, die einzelnen Mitarbeiter der Verwaltung zu kritisieren. Die machen auf der jetzigen Grundlage ALLE eine gute Arbeit. Im Übrigen wird keiner entlassen werden. Wir müssen erkennen, dass wir uns zu spät auf den Weg zu einer schlankeren und effizienteren Verwaltung gemacht haben. Und da meine ich auch die Politik. Auch wenn heute unsere 1. Ergänzung beschlossen werden wird, denke ich, dass alle Fraktionen bereit sind, sich im weiteren Prozess gute Argumente anzuhören und andere Einsparvorschläge seitens der Verwaltung ernsthaft zu prüfen. Bei aller Kritik müssen wir im Dialog bleiben. Ich fordere den Verwaltungsvorstand und den Personalrat auf, sich gemeinsam mit uns auf diesen Weg zu machen, der auch eine Chance sein kann, wenn wir die Dinge neu denken. Die Debatte am Dienstag im Hauptausschuss und die Präsentationen von Frau Aubel und Herrn Brüggemann geben uns Hoffnung, dass wir am Ende zu einem gemeinsamen Weg finden. Dabei werden wir auch mit dem Personalrat in engen Dialog treten.

Wir müssen alle neu denken, weil das Geld einfach nicht mehr vorhanden ist. Das gilt auch für den freiwilligen Bereich, wo wir z.B. schon bei der freien Kultur und beim Landestheater auch in 2026 keine Zuschusserhöhungen mehr beschließen wollen, obwohl auch dort natürlich Lohnkostensteigerungen sind. Dazu soll mit externen Gutachtern die Kulturarbeit der Stadt insgesamt beleuchtet werden und auf Sicht neu aufgestellt werden. Dem SSW war es aber sehr wichtig, dass die Einsparungen im Verhältnis der finanziellen Größenordnungen verteilt werden. Das heißt, dass 75% der Einsparungen im pflichtigen Bereich gefunden werden müssen, insbesondere bei Personal und Verwaltung, während im freiwilligen Bereich nur 25% erwirtschaftet werden müssen. Auch das ist aber viel Geld und hat natürlich Folgen für die Arbeit der vielen Organisationen und Vereine.  

Der SSW wird bei diesem schwierigen Prozess darauf achten, dass die soziale und kulturelle Balance der Stadt erhalten bleibt. Das sehen wir als soziale Partei als unsere Aufgabe. Die finanzielle Lage der Stadt ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Wenn wir alle konstruktiv zusammen arbeiten, können wir es schaffen. LASST UNS AUS DER NOT EINE TUGEND MACHEN.

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