Rääde · 15.12.2017 Lehrer und noch mehr Lehrer müssen ran

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 37 - Bericht über die UnterrichtssituationRede zu Protokoll gegeben

„…wenn in inklusiven Klassen die Vertretungslösung darin besteht, dass bei Ausfall einer Lehrerin oder eines Lehrers einfach die andere die gesamte Klasse übernimmt, ist das keine Notlösung, sondern ein Bankrotterklärung des Inklusionsgedankens.“

Vielen Dank für den ausführlichen Bericht, der weitgehend die Situation zeigt, wie sie die damalige Küstenkoalition verantwortet hat. Die damalige Regierung hat neue Lehrerstellen geschaffen und zwar nicht nur an den Gymnasien, sondern über alle Schulformen hinweg. Der individuelle Förderbedarf wächst beständig, und dementsprechend muss auch der Lehrkörper wachsen. Ich hoffe, dass die neue Landesregierung den Kurs fortsetzt und fleißig neue Lehrerinnen und Lehrer einstellt.

Bis dahin muss man sich mit anderen Lösungen behelfen. Ich möchte aber an dieser Stelle deutlich sagen, wenn in inklusiven Klassen die Vertretungslösung darin besteht, dass bei Ausfall einer Lehrerin oder eines Lehrers einfach die andere die gesamte Klasse übernimmt, ist das keine Notlösung, sondern ein Bankrotterklärung des Inklusionsgedankens. Wenn nur noch eine Lehrkraft in der Klasse ist, ist damit die Inklusion faktisch beendet. Das wissen auch die Eltern, die zunehmend skeptisch gegenüber diesem fragilen Gebilde eingestellt sind. Wenn es keine Vertretung gibt, ist der Unterricht in Einzelbesetzung keine Inklusion. So ehrlich müssen wir einfach sein.

Dass nur jede zweite Schule im Land das Portal zur Unterrichtserfassung nutzen kann, ist ein absolutes Armutszeugnis. Keine Frage: Die Digitalisierung im Schulbereich ist eine große Herausforderung, der mit Pressemeldungen allein nicht beizukommen ist. Sogar die großen Städte Schleswig-Holsteins wie Flensburg, Kiel oder Lübeck sind weit davon entfernt, alle Schulen an ein leistungsfähiges Netz anzuschließen. Ganz zu schweigen von der Anschaffung entsprechender Endgeräte . Das Portal zur Unterrichtserfassung kann dadurch schnell ins Hintertreffen geraten. Aber auch hierfür sind natürlich technische Mindestanforderungen nötig. Aber ich denke, die Digitalisierung der Schulen sollten wir an anderer Stelle vertiefen.

Mit Blick auf die allgemeine Unterrichtsversorgung sind wieder einmal die Berufsschulen Schlusslicht der Statistik. Sie verfügen bekanntlich über die kleinste, oder sagen wir es genauer, die leiseste Lobby. Mit 91 Prozent Unterrichtsversorgung liegen sie am untersten Ende der Schularten. Hier fällt fast jede zehnte Stunde aus. Dabei werden gerade in den Berufsschulen ganz zentrale Integrationsleistungen erbracht. Das zeigt auch der Bericht über mehrere Seiten. Aus meiner Sicht muss die Zunahme von Schülerinnen und Schülern aus dem Ausland deutlich stärkere Konsequenzen haben und sich in Lehrerstellen niederschlagen. Und zwar bald. Die Beruflichen Schulen sind an ihre Grenzen gekommen und bedürfen eines besonderen Programms.

Unabhängig von der Schulart ist ja allgemein bekannt, dass auch das Problem der Unterrichtsvertretung längst noch nicht überall zur Zufriedenheit gelöst ist. Häufig fehlt es an qualifizierten Lehrkräften. Dabei muss aus Sicht des SSW gerade hier die Qualität im Vordergrund stehen. Wenn die betroffenen Kinder und Jugendlichen erfolgreich lernen sollen, reicht  fachfremder Unterricht allein nicht aus. Und noch dazu ist doch die Tatsache, dass Strukturdefizite zu Lasten der Lehrergesundheit gehen, für uns alle nicht neu. Vor diesem Hintergrund bin ich wirklich sehr gespannt auf das Konzept der Landesregierung zur Verbesserung der Lehrergesundheit. 

Doch auch das Thema Arbeitszeit wird im Bericht behandelt und erfüllt mich mit einiger Sorge. Denn es zeigt sich ganz klar, dass den Lehrerinnen und Lehrern nach wie vor handfeste Nachteile durch die Teilnahme an Fortbildungen entstehen. Sie müssen unter anderem ausfallenden Unterricht nacharbeiten und sind damit doppelt belastet. Aus Angst vor fehlender Vertretung machen viele Lehrkräfte also gar keine Fortbildung. Ein klassischer Fehlanreiz. Denn in der Folge sind sie nicht auf dem neusten Stand und fühlen sich zunehmend überfordert. Leidtragende sind sowohl Lehrkräfte wie Schülerinnen und Schüler. In Zukunft muss es deshalb auch ein Ziel der Landesregierung sein, hier Abhilfe zu schaffen. 

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