Rääde · 16.11.2011 Personalstrukturkonzept für die Landespolizei

Die Polizeibediensteten des Landes Schleswig-Holstein werden aktuell nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“ behandelt. Auf der einen Seite stellt das Innenministerium ein durchfinanziertes Beförderungs- und Strukturkonzept für 2011 und 2012 vor. Auf der anderen Seite gibt es weitere Einschnitte bei Lohn und Rente. Die Altersgrenze wird stufenweise auf 62 Jahre angehoben, die Ausgleichszulage wird ab 2013 gestrichen und der Selbstbehalt bei der Beihilfe wird auch noch erhöht.

Die Polizei befindet sich mit anderen Worten schon seit vielen Jahren in einem Spannungsfeld zwischen dem fachlich Wünschenswerten und dem finanziell Leistbaren. Dabei haben uns schon die Ergebnisse der Strategie 2012 gezeigt, dass die Polizei bis an ihre Kapazitätsgrenzen ausgelastet ist und dass ein „Weiter so!“ nicht funktionieren wird – auch, wenn Personalstreichungen laut Innenminister bis 2015 vom Tisch sind. Doch damit sind die vorhandenen Probleme nicht gelöst. Nach wie vor kämpfen unsere Polizeibeamtinnen und
-beamten mit einem Aufgabenzuwachs, der mit dem vorhandenen Personal nicht mehr abgearbeitet werden kann.
Um den Spagat zwischen zu vielen Aufgaben und zu wenig Personal zu bewältigen, hat Innenminister Schlie daher die „AG Stellenzuweisung“ ins Leben gerufen. Der SSW begrüßt diese Initiative. Obwohl noch keine Ergebnisse vorliegen, ist bei der Berichterstattung im Innen- und Rechtsausschuss deutlich geworden, dass hier der Versuch unternommen wird, Umsteuerungspotenziale herauszuarbeiten, um mehr Personal in den operativen Bereich „verschieben“ zu können. Hier liegt die Belastungsgrenze in Teilen so hoch, dass auch aus medizinischer Sicht Grenzen erreicht sind. Das Land muss als Dienstherr nachhaltig dafür sorgen, dass die Polizei eine qualitativ gute Arbeit leisten kann und nicht - bildlich gesprochen - immer weiter wie eine Zitrone ausgequetscht wird.

Mit der Arbeit der „AG Stellenzuweisung“ wird ein Anfang gemacht, um trotz aller Defizite den wichtigsten polizeifachlichen Zielen gerecht zu werden. Dies ist ein erster Schritt, der aber nicht ausreicht, um die strategische Lücke aus 125-160 Stellen zu schließen. Denn genau dies ist der Tenor des Sachstandberichts, der kürzlich im Finanzausschuss vorgestellt wurde. Es dreht sich um eine sehr begrenzte Anzahl von Stellen, die letztlich im operativen Bereich eingesetzt werden können – auch die Auflösung des Polizeiorchesters löst das Problem nicht. Hinzu kommt, dass notwendiger Weise nach der Streichung einiger Stellen bei der Präventionsarbeit hierfür ein völlig neues Konzept erarbeitet werden muss. Wir werden sehen, ob dies dann auch den Anforderungen gerecht wird, die für diesen wichtigen Teil der polizeilichen Kernaufgaben angemessen sind.

Auch das vorgestellte Beförderungs- und Strukturkonzept soll die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit abmildern. Deutschlandweit hat Schleswig-Holstein in diesem Bereich großen Nachholbedarf. 635 Beförderungen und 49 Ernennungen zum Polizei- bzw. Kriminalkommissar sind zwar ein erster Schritt. Diese Maßnahmen reichen aber noch nicht aus, um den Beamtinnen und Beamten der Polizei berufliche Perspektiven aufzuzeigen. Zusammen mit dem Beförderungskonzept für 2012 wird aber zumindest schon mal ein Anfang gemacht, um die Arbeitsbedingungen der Polizei im Land zu verbessern. Natürlich sehen wir das positiv.
Wir brauchen gute Arbeitsbedingungen für die Polizei, um auch in Zukunft den Nachwuchs sichern zu können und Arbeitsplätze im Polizeibereich zu besetzen. Mit dem demographischen Wandel wird es auch hier zu Problemen führen.

Neben Struktur- und Förderkonzepten ist die Neuverteilung der vorhandenen Stellen daher ein wichtiger Schritt, um zu große Belastungen abzubauen und den Stress und den Arbeitsdruck auf alle Schultern zu verteilen. Wir wissen alle aus persönlichen Gesprächen, dass die Polizeibediensteten mittlerweile in gewisser Weise reformmüde sind und auch Angst haben, dass der Arbeitsdruck noch weiter zunimmt und sie einfach nicht mehr können. Gerade auch der Aufbau der vier Regionalleitstellen hat deutlich gemacht, dass Grenzen – auch technische Grenzen – erreicht sind. Der SSW plädiert daher dafür, dass die Vorschläge zur Neuverteilung von Stellen und weitere Veränderungen bei der Polizei in enger Abstimmung mit diesen und am besten mit deren Einverständnis geschehen.

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