Rääde · 05.05.2006 Protonentherapiezentrum in Schleswig-Holstein

Bisher basiert die Krebstherapie auf drei Säulen: Chirurgie, medikamentöse Behandlung und Strahlentherapie. Mehr als die Hälfte der Krebspatienten müssen sich im Laufe ihrer Behandlung der Strahlentherapie unterziehen. Bei der Behandlung mit Photonen aus einem Linearbeschleuniger durchdringen diese Strahlen den gesamten Körper.
Die Vorteile der Protonentherapie zeichnen sich durch eine höhere Zielgenauigkeit aus. Dadurch werden die Strahlen im Tumor oder gerade dahinter gestoppt und entfalten im Tumor ihre höchste Dosis. Eine Erhöhung der Dosis, ist hierbei auch möglich, ohne das umgebende Gewebe zu schädigen.
Mit dem Protonentherapiezentrum am Standort Kiel wollen die Landesregierung und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ein medizinisches Vorzeigeprojekt für Schleswig-Holstein und den norddeutschen Raum aus dem Boden stampfen und es ist vorgesehen, dass im Jahr 2009 die ersten Behandlungen von Krebspatienten vorgenommen werden. Dieser neuartige Ansatz zur Bekämpfung von Krebs ist durchaus ein ehrgeiziges Projekt für Schleswig-Holstein und das UK-SH, das Chancen bietet. Der Bericht macht deutlich, dass die Landesregierung sich von diesem Projekt eine Weiterentwicklung und Stärkung der Standortes Schleswig-Holstein in den Bereichen Gesundheit, Wissenschaft, Wirtschaft und der Kooperation mit Skandinavien und Norddeutschland verspricht.
Es ist durchaus begrüßenswert, dass Kiel für den Norddeutschen Raum sozusagen den Zuschlag bekommen hat, dieses Projekt durchzuführen. Angesichts der anfänglichen Probleme hinsichtlich der Standortfrage in Kiel, schien das Projekt leicht ins Wanken zu geraten, doch mittlerweile ist diese Frage geklärt. Das ist auch gut so, denn schließlich gibt es mehrere Bewerber für dieses Protonentherapiezentrum. So wurde mit der Stadt Hamburg eine Vereinbarung getroffen, dass Schleswig-Holstein der Vorzug eingeräumt werden soll. Da es sich hierbei aber um ein größeres Projekt handelt, das auch wohlüberlegt geplant werden muss, ist die zeitliche Befristung hinsichtlich der vertraglichen Grundlagen ziemlich eng gestrickt. Sollte es Schleswig-Holstein nicht gelingen diesen Zeitraum einzuhalten, würde das Universitätsklinikum Eppendorf die gleiche Möglichkeit bekommen, sich um das Zentrum zu bewerben. Mit anderen Worten, hier in Kiel arbeitet man bereits unter Volldampf, um alles in trockene Tücher zu bekommen und Hamburg kann sich seelenruhig zurücklehnen und zuschauen, ob die Nachbarn im Norden das alles rechtzeitig hinbekommen. Mittlerweile hat es eine Verlängerung für die Vorbereitungen gegeben und angesichts der Komplexität scheint mir dies durchaus angebracht zu sein.
Der Bericht macht deutlich, dass es derzeit in Deutschland bisher nur zwei bestehende vergleichbare Einrichtungen gibt. Eine in Berlin und eine in Darmstadt. Weitere Einrichtungen befinden sich in Deutschland in der Planung oder sind bereits in der Phase der Inbetriebnahme. Natürlich ist ein derartiges Protonentherapiezentrum ein medizinisches und wissenschaftliches Prestigeobjekt für den jeweiligen Standort und die Region. Aber es muss für die Errichtung solcher Projekte klare Richtlinien geben. Bei derartigen Großprojekten, können wir es uns nicht leisten, Überkapazitäten zu schaffen. Ebenso muss von Seiten der Politik ganz klar vorgegeben werden, wer ein solches Protonentherapiezentrum bauen darf und wer nicht. Dies muss bundesweit abgestimmt sein, um den ungesteuerten Ausbau von Kapazitäten zu verhindern. Daher ist es begrüßenswert, dass sich die Kassen hier klar positioniert haben und sich darüber einig sind, dass nur Verträge mit universitären Institutionen abgeschlossen werden sollen, die die Behandlung in Studien begleiten.
Die Universität Essen ist derzeit auch dabei, ein Protonentherapiezentrum zu errichten. Dort wird davon ausgegangen, dass man durch die strategisch günstige Lange im Zentrum Nordrhein-Westfalens ein Einzugsgebiet haben wird, dass sich über NRW, bis ins südliche Niedersachsen, ins nördliche Rheinland-Pfalz und Hessen erstreckt. Das bedeutet, dass man dort 25 Mio. Menschen optimal behandeln kann. Leider gibt der Beicht nicht her, für wie viele Menschen das Protonentherapiezentrum Kiel ausgerichtet ist. Dass auch ausländische Kooperationen hierbei angestrebt werden, erscheint mir durchaus sinnvoll. Insbesondere wäre es interessant zu erfahren, wieweit die Gespräche und Verhandlungen mit den dänischen Regierungsstellen und Amtsvertretern über eine Kooperation sind. Schließlich muss gewährleistet sein, dass das Protonentherapiezentrum in Schleswig-Holstein wirklich ausgelastet wird und nicht noch anderenorts Konkurrenzstandorte entstehen.
Dem Bericht ist zu entnehmen, dass das Investitionsvolumen zwischen 80 und 140 Mio. € liegt je nach technischer Ausstattung. Und die laufenden Kosten werden mit 20 bis 25 Mio. € veranschlagt. Hier wäre es wünschenswert, wenn der Bericht genauere Angaben gemacht hätte. Auch wie die Finanzierung dieses PPP-Projektes ausgestaltet werden soll, geht aus dem Bericht leider nicht hervor. Hierbei wäre es interessant zu erfahren, inwieweit sich das Land an dem Projekt beteiligt und ob Bundesmittel hierfür eingefordert werden.
Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, ist eine abschließende Bewertung des Projektes leider noch nicht möglich.

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