Rääde · 22.02.2001 Schleswig-Holstein braucht ein zentrales Wirtschaftarchiv!

Mit dem Landesarchivgesetz aus dem Jahre 1992 bekam Schleswig-Holstein ein vorbildliches Archivgesetz – nach Expertenmeinung „das beste Archivgesetz in der Bundesrepublik“, so jedenfalls sagte man bei seiner Verabschiedung. Wer sich die alten Reden von damals ansieht, spürt die euphorische Stimmung, die parteiübergreifend zum Ausdruck kam.
Mit dem Landesarchivgesetz wird die „Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivgutes in Schleswig-Holstein“ geregelt, denn – so heißt es in §1: “Öffentliche Archive dienen der Forschung und Bildung, der Verwaltung und Rechtssicherung und ermöglichen die Auseinandersetzung mit Geschichte, Kultur und Politik. Sie schützen das öffentliche Archivgut gegen Vernichtung und Zersplitterung und sind der Öffentlichkeit für die Nutzung zugänglich. Sie bilden das öffentliche Gedächtnis eines Landes“.
Doch das öffentliche Gedächtnis eines Landes umfasst nicht nur Unterlagen über staatliche Aktivitäten, auch wirtschaftliches Handeln gilt es zu dokumentieren. Genau so lange wie es das Landesarchivgesetz gibt, wird daher auch eine Debatte darüber geführt, dass es wünschenswert wäre, für Schleswig-Holstein ein zentrales Wirtschaftsarchiv einzurichten. Dennoch ist seit 1992, wo dies das Thema des Schleswig-Holsteinischen Archivtages war, wenig passiert.
In den letzten Jahren hat das historische Interesse der Öffentlichkeit stetig zugenommen und wendet sich insbesondere auch wirtschafts- und sozialhistorischen Vorgängen zu. Wirtschaftliches Handeln und wirtschaftspolitische Entscheidungen sind immer auch aus geschichtlichen Gegebenheiten zu erklären: Standortfragen, unternehmerisches Handeln, Branchenstruktur und Absatzmöglichkeiten sind geschichtlich bedingt und daher auch von öffentliche Interesse.
Zwar sammeln die großen Landesmuseen und die zahlreichen Heimatmuseen in Schleswig-Holstein sowie einige Spezialmuseen gewerbliche und industrielle Gebrauchsgegenstände, kümmern sich aber wenig um die schriftliche und bildliche Überlieferung der Unternehmen in unserem Lande. Auch das staatliche Archivwesen beschäftigt sich kaum damit. So besteht die Gefahr, dass wichtiges Material zur Geschichte der Wirtschaft in unserem Lande verloren geht. Hier sollte Abhilfe geschaffen werden. Es ist daher notwendig, eine zentrale Sammelstelle für solches für die Geschichte der Wirtschaft in Schleswig-Holstein wichtiges Material zu errichten.
Auch die Wirtschaft sollte ein Interesse daran haben, dass beispielsweise die verschiedenen unternehmerischen Entscheidungen nachvollzogen werden können.
Letztlich kann man aber die Wirtschaft nicht dazu zwingen, ein Wirtschaftsarchiv zu errichten. Wir aber wollen mit unserem Antrag erreichen, dass die Landesregierung die Initiative ergreift, um zu prüfen, ob und wie die schleswig-holsteinische die Wirtschaft in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern, den Arbeitgeberverbänden, dem DGB und dem Landesarchiv ein zentrales Wirtschaftsarchiv für Schleswig-Holstein errichten kann.
Es geht also darum auszuloten, ob die Wirtschaft und die Partner der Wirtschaft nicht dazu zu bewegen sind, im eigenen Interesse ein solches zentrales Archiv zu errichten. Darum also unser Prüfauftrag, der aus unserer Sicht im Bildungsausschuss abgearbeitet werden sollte.
Unsere Initiative soll aber den Kommunen oder den Unternehmen nichts weg nehmen; auch das möchte ich deutlich machen. Es wäre wünschenswert, wenn das Wirtschaftarchiv in Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv organisiert werden könnte, weil dort auch ansonsten verstärkt Archivberatung für die Kommunen gemacht werden soll.
Schon vor längerer Zeit hat man in anderen Bundesländern den Wert solcher Institutionen erkannt. So gibt es beispielsweise das Rheinische Wirtschaftsarchiv in Köln, das Westfälische Wirtschaftsarchiv in Dortmund und in Stuttgart das Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg.
Aktuell zeigt nicht zuletzt auch die Diskussion um die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter, wie wichtig ein Vorstoß in Sachen Wirtschaftsarchiv ist. So sind Lohnunterlagen zum Beispiel sehr wichtig als Quellenmaterial. In Schleswig-Holstein sind aber gerade in diesem Bereich sehr viele Unterlagen verloren gegangen.

Weitere Artikel

Präsemadiiling · 23.04.2024 Aidshilfen in Gefahr

Die Aidshilfen in Schleswig-Holstein drohen auszubluten. Zu dieser Einschätzung gelangt der sozial- und gesundheitspolitische Sprecher der SSW-Landtagsfraktion, Christian Dirschauer, nach Auswertung einer kleinen Anfrage an die Landesregierung (Drucksache 20/2045).

Weiterlesen

Präsemadiiling · 24.04.2024 Maastricht-Debatte zur Europawahl Maylis Roßberg diskutiert europäische Minderheitenpolitik mit Ursula von der Leyen

Showdown vor der Wahl: Am 29. April 2024 treffen die SpitzenkandidatInnen der europäischen Parteien im Rahmen der sogenannten Maastricht-Debatte aufeinander. Mit dabei: Die ehemalige SSW-Jugendvorsitzende Maylis Roßberg.

Weiterlesen

Präsemadiiling · Kiel · 23.04.2024 Mehr Sicherheit für Kiel-Gaarden durch Partnerschaft zwischen Stadt und Land

Zur Unterzeichnung einer Sicherheitspartnerschaft zwischen dem Innenministerium, der Landeshauptstadt Kiel und der Kieler Polizeidirektion für die Verbesserung der Sicherheit in Kiel-Gaarden erklärt Ratsherr Pascal Schmidt, stellvertretender Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:

Weiterlesen