Rääde · 10.11.2005 Staatsvertrag über die Zusammenarbeit in Europa-, Ostsee- und internationalen Angelegenheiten

Der vorliegende Gesetzentwurf zum Staatsvertrag zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg zeigt aus Sicht des SSW wieder einmal die Problematik, die sich aus dem Prozedere für den Landtag ergeben. Zwar ist der Landtagspräsident am 15. September über die Verhandlungen zum Staatsvertrag informiert worden, aber letztlich ist der Entwurf des Staatsvertrages erst am 17. Oktober – wenige Tage vor der öffentlichen Unterschrift der beiden Regierungschefs von Schleswig-Holstein und Hamburg – in der Landtagsverwaltung eingegangen. Damit meine ich, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag auch bei diesem Staatsvertrag wieder nur die Möglichkeit hat, entweder Ja oder Nein zu sagen. Änderungen sind nicht möglich. Im gesamten Prozess, der zu diesem ja nicht unwichtigen Staatsvertrag geführt hat, hat der Landtag praktisch keine Rolle gespielt.

Ich sage das heute so deutlich, weil der SSW auch inhaltlich einige Schwierigkeiten mit dem diesem Staatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein hat. Denn auch wenn es sich auf den ersten Blick nur um ein gemeinschaftliches Auftreten von Hamburg und Schleswig-Holstein in der Außenvertretung, insbesondere in Europa-, Ostsee- und internationalen Angelegenheiten  - und um eine Präzisierung der Geschäftsgrundlagen des gemeinsamen Hanse-Office in Brüssel handelt, so sind die langfristigen Folgen für unser Land weitaus gravierender.

Zum einen besteht die Gefahr, dass eines der wirklich erfolgreichen Alleinstellungsmerkmale der schleswig-holsteinischen Politik, nämlich die Ostseekooperation auf diese Weise geschwächt wird. Denn man darf nicht so naiv sein zu glauben, dass Hamburg und Schleswig-Holstein die gleichen Interessen im Bereich der Ostseepolitik verfolgen. Schleswig-Holstein hat in den letzten Jahrzehnten eine sehr aktive Rolle bei der Ostseekooperation gespielt und diese Rolle war auch – aber nicht nur – aus wirtschaftlicher Sicht erfolgreich. Hinzu kommen viele kulturelle Initiativen und nicht zuletzt das Engagement unseres Landes, das in dem Begriff „Stärkung der Zivilgesellschaft“ zusammengefasst werden kann. Dass dazu auch unsere Minderheitenpolitik gehört sei nur am Rande erwähnt.
Natürlich muss die gemeinsame Kooperation mit Hamburg das bisher Erreichte nicht unbedingt gefährden. Obwohl Schleswig-Holstein an einer Vertretung Hamburgs in St. Petersburg unter dem bewährten Namen Hanse-Office teilhaben soll, muss aber die Frage erlaubt sein, wem nützt dieser Staatsvertrag mehr: Schleswig-Holstein oder Hamburg?

Zum anderen bereitet uns auch die öffentliche Diskussion in Zusammenhang mit dem vorliegenden Staatsvertrag über einen ersten Schritt hin zum Nordstaat, die zugegebener Maßen insbesondere von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust ausgeht, große Sorgen. Der SSW ist zwar für eine enge Zusammenarbeit mit Hamburg in ausgewählten Gebieten, wir wollen aber keinen Nordstaat. Nicht heute - und auch nicht in 10 oder 15 Jahren, wie es Ministerpräsident Carstensen für möglich hält.

Aus unserer Sicht ist es jedenfalls unverständlich, dass eine Landesregierung, die nicht in der Lage ist, eine wirkliche Kommunalreform durchzusetzen, scheinbar mit einer Art Salami-Taktik langfristig einen Nordstaat anstrebt. Also Herr Ministerpräsident: Erst sagten Sie, Schleswig-Holstein sei ihre Braut, und nun wollen sie diese Braut anscheinend doch irgendwann verkaufen? Das hängt für uns nicht zusammen. Dann sollte man klar und deutlich sagen: Diese Landesregierung strebt den Nordstaat ohne Wenn und Aber an. Dazu kann dann jeder klar und deutlich Stellung beziehen, aber durch die Hintertür darf man ein solches Unterfangen nicht anstoßen.

Darüber – und über die anderen von mir genannten Aspekte - hätten wir gern im Landtag mit Ihnen diskutiert, und zwar bevor dieser Staatsvertrag unterschrieben wurde.

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