Rääde · 19.02.2003 Verlässliche Grundschule

Alle Fraktionen haben in letzter Zeit Briefe von Elternbeiräten zum Thema „Verlässliche Grund-schule“ erhalten, nicht zuletzt weil ein Erlassentwurf des Bildungsministeriums für Aufregung sorg-te. Und wer sich den regionalen Pressespiegel des Landtages in Erinnerung ruft, weiß, dass auch in Veranstaltungen die Fragen auftauchen, die in den genannten Briefen zu finden waren. Die wich-tigste ist ohne Zweifel: “Was passiert mit den existierenden Betreuungsangeboten?“ Wobei aus der Sicht der Eltern hinzugefügt wird: „Und können wir weiterhin davon ausgehen, dass unser Kind be-treut wird, während wir unserer Arbeit nachgehen?“

Eine berechtigte Frage, da die Verlässliche Grundschule feste Unterrichtszeiten für Erst- und Zweit-klässler von 8 bis 12 Uhr, und für Dritt- und Viertklässler von 8 bis 13 Uhr vorsieht, während im Konzept der Betreuten Grundschulen meist private Träger den berufstätigen Eltern eine Beaufsich-tigung ihrer Kinder grundsätzlich zwischen 7 und 14 Uhr zusichern.

Vor diesem Hintergrund begrüßt auch der SSW, dass die Ministerin laut Presseberichten deutlich gemacht hat, dass die Einführung der Verlässlichen Grundschule keine Konkurrenz zur betreuten Grundschule darstellen soll. “Es wird keinen Knebelerlass geben“, sagt sie. Weiterhin wird zugesi-chert, dass er nicht darum geht, gewachsene Strukturen zu zerstören. Mit anderen Worten: beste-hende Angebote der betreuten Grundschule sollen in die Verlässliche Grundschule integriert wer-den. Für die individuelle Ausgestaltung der Betreuung vor Ort sei aber die Schulkonferenz verant-wortlich.
Dennoch stellt sich weiterhin die konkrete Frage, wie die bestehenden Betreuungsinitiativen im Lande, die ja aus familienpolitischer Sicht eine hervorragende Arbeit leisten, sinnvoll in das vorge-schlagene Konzept integriert werden können. Der Teufel steckt hier im Detail, und es gibt nicht we-nige Elterninitiativen, die den Vorschlag von Bildungsministerin Ute Erdzieck-Rave mit großer Skepsis entgegen sehen.

Das Konzept der Verlässlichen Grundschule hat eine bildungspolitische Zielsetzung – im Gegensatz zu den in erster Linie familienpolitischen Zielsetzungen der Betreuten Grundschule. Es geht dabei – so auch die Aussagen der Ministerin – um die Stärkung der Grundschule. Zu den bisher eingeplan-ten 50 zusätzlichen Lehrerstellen sollen anscheinend weitere 25 Stellen hinzukommen. In fünf Jah-ren soll die verlässlich Grundschule landesweiter Standard sein. Vorerst soll sie ab dem Schuljahr 2003/2004 in den vier Hamburger Randkreisen eingeführt werden.

Der FDP-Antrag greift Fragen auf, die unbedingt erörtert werden sollten. Denn unklar ist immer noch, was mit den vorhandenen Schulprogrammen mit der Einführung der Verlässlichen Grund-schule geschieht. Im Informationsblatt des Schulleiterverbandes Nr. 44 vom Dezember letzten Jah-res gibt es mehrer Artikel zu dieser Problematik. Teils wird der Versuch unternommen, auf Kern-fragen und Problemfelder Antworten zu geben, und teils wird auf der Grundlage einer Diskussions-veranstaltung noch mal deutlich gemacht, wo aus fachlicher – aus schulpolitischer und pädagogi-scher Sicht – noch Klärungsbedarf besteht. Auch der Ausschuss sollte sich der angeführten Punkte annehmen, weil sie, so meine ich, die Voraussetzung für die eigentliche Akzeptanz des Konzepts sind.

Dabei geht es u.a. darum, sagt der Schulleiterverband, dass die „Verlässlichkeit“ dadurch erreicht wird, dass die bisher zweckgebundenen Lehrerstunden (z.B. Deutsch als Zweitsprache, Gruppenbil-dung beim Schwimmen) sowie ergänzende Angebote zur Förderung und Differenzierung ein-schließlich Arbeitsgemeinschaften entfallen. „Die gerade begonnene Umsetzung der Schulpro-gramme wird erschwert oder gar verhindert!“, lautet die Schlussfolgerung.

Vorgeschlagen wird stattdessen, mit weniger Schulen, aber mit besserer Ausstattung in die Pilot-phase einzusteigen. Ein erster Schritt könnte es sein, bestehende Stundenpläne verlässlich zu ma-chen und - was ja von Seiten des Bildungsministeriums bereits angekündigt ist – bestehende Betreuungsinitiativen in das Konzept zu integrieren.

Der SSW hat sich in der Diskussion um die Stärkung der Grundschulen auch immer wieder positiv über die Einführung einer verlässlichen Grundschule geäußert. Ich will aber nicht verhehlen, dass mir in letzter Zeit einige Bedenken gekommen sind. – Ein Teil dieser Bedenken habe ich schon in-direkt angesprochen. Übergeordnet haben sie mit der Frage zu tun, ob die angepeilten organisatori-schen Änderungen dazu geeignet sind, die pädagogischen Erwartungen zu erfüllen, die darin gesetzt werden.

Dazu kommt, dass das Bildungsministerium auch die Kritik an seinem Erlassentwurf zur „Einfüh-rung der Verlässliche Grundschule“, die ja zum Beispiel von der GEW geäußert wird, ernst nehmen muss. Insbesondere kritisiert die GEW, dass die angekündigten zusätzlichen 75 Planstellen für die erste Stufe bei weitem nicht ausreichen, die jetzt vorhandene Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Laut Berechnungen der GEW sind dazu mindestens 125 Stellen notwendig.

Wenn die GEW weiter dazu sagt, der Erlass setzte nur auf Quantität statt auf Qualität, und er habe zudem erhebliche Mängel und Probleme im organisatorischen Rahmen, die eine erfolgversprechen-de Umsetzung unmöglich erscheinen lassen, dann müssen wir als Bildungspolitikerinnen und – Po-litiker schon aufhorchen und noch mal darüber nachdenken, ob an dieser Kritik nicht doch ein gro-ßer Kern Wahrheit ist.

Der SSW schlägt daher vor, dass wir die vorliegenden Anträge und die vorgetragenen Kritik am Er-lass des Ministeriums noch mal intensiv – vielleicht auch unter Teilnahme der Kritikerinnen und Kritiker - diskutieren.

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