Rääde · 29.04.2016 Wir alle sind gefordert

Flemming Meyer zu TOP 48 - Situation von Kindern und Jugendlichen bei Gefahren für ihr körperliches, geistiges oder seelisches Wohl- Zu Protokoll gegeben -

Es mag Zufall sein, dass wir gerade heute den zweiten Kinderschutzbericht diskutieren, aber es ist ein durchaus geeigneter Tag. Denn morgen, am 30. April, ist Tag der gewaltfreien Erziehung. Unser Kinderschutzbund verweist aus diesem Anlass auf Paragraph 1631 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Dieser sagt: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“ Dies beschränkt sich nicht nur auf Eltern, sondern schließt jegliche Personen ein, die das Kind erziehen und in seiner Entwicklung unterstützen. Und dies gilt in allen Institutionen, wie zum Beispiel Schule und Kita, aber auch in stationären Einrichtungen wie etwa Wohngruppen für Kinder und Jugendliche. Das bedeutet für uns als Politik, dass wir Rahmenbedingungen schaffen müssen, die Gewalt gegen Kinder verhindern. Und wir müssen regelmäßig evaluieren, ob unsere Maßnahmen in dieser Hinsicht reichen. Nicht zuletzt deshalb ist der vorliegende Bericht unheimlich wichtig.

Der Bericht liefert Ansatzpunkte genug, über die wir nachdenken müssen. Er zeigt umfassend und sehr eindrücklich, wo die Probleme liegen. Unterm Strich wird hier vor allem eins deutlich: Der Schutz von Kindern kann nur dann wirklich effektiv sein, wenn er multiprofessionell angelegt ist. Es müssen also alle direkt und indirekt betroffenen Akteure möglichst eng zusammenarbeiten. Und auch wenn wir mit Blick auf diese Kooperation zwischen Schule, Polizei, Jugendhilfe, Gesundheitswesen und Justiz vergleichsweise gut aufgestellt sind, ist es wichtig, dass die Kommission hier sehr genau hinschaut. Denn so können wir aus meiner Sicht langfristig auch die kleinen und größeren Hindernisse an diesen Schnittstellen überwinden.

Doch leider lassen sich längst nicht alle Probleme, die im Bericht erwähnt werden, so ohne weiteres lösen. Ich denke das wird ganz besonders deutlich, wenn es um das absolut zentrale Thema Kinderarmut geht. Seit vielen Jahren bleibt die traurige Erkenntnis, dass viel zu viele Kinder in Deutschland in Armut leben. UNICEF geht von jedem sechsten, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sogar von jedem fünften Kind in Armut aus. Jeder vierte Jugendliche zwischen 16 und 24 Jahren lebt in materieller Not oder ist davon bedroht. Diese Zahlen sind und bleiben nicht nur erschreckend sondern beschämend. Das sieht ganz sicher nicht nur der SSW so. Und doch kriegen wir dieses Problem ganz offensichtlich nicht in den Griff. 

Ganz ohne Frage stellt das Armutsproblem nicht zuletzt auch den Kinderschutz in Schleswig-Holstein vor riesige Herausforderungen. Insgesamt gesehen ist es natürlich unheimlich schwer, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, wenn den Kindern mitunter ganz grundlegende Dinge fehlen. Doch die Zahl der Alleinerziehenden, der Transferleistungsbezieher, der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge und andere Risikogruppen steigt nun mal weiter. Diese Entwicklung kann der Kinderschutz zwar ansprechen, aber nicht direkt beeinflussen. Doch es bleibt natürlich unsere gemeinsame Aufgabe, soziale Ungleichheiten abzubauen und gerechte Chancen zu schaffen. Ich halte es für sehr wichtig, dass sich auch die Landespolitik dieser Tatsache bewusst ist.

Das große Engagement im Bereich Kinderschutz hat in Schleswig-Holstein Tradition. Ich denke das steht genauso außer Frage, wie die Tatsache, dass diese Landesregierung diese Tradition fortführt. Und doch ist es wichtiger denn je, sich für bessere Lebensbedingungen und für ein geschütztes und positives Aufwachsen unserer Kinder und Jugendlichen einzusetzen. Der erwähnte, multiprofessionelle Ansatz muss weiter gestärkt und die Akteure noch besser vernetzt werden. Und mit Blick auf das Armutsproblem heißt das ganz konkret, das wir zum Beispiel für Schulmittelfreiheit  oder ein kostengünstiges Mittagessen sorgen müssen. Außerdem ist es zumindest mittelfristig unsere Aufgabe, den Zugang zu Bildung grundsätzlich kostenlos zu machen. Und zu guter Letzt haben zumindest wir große Zweifel daran, dass wir hier ohne eine grundlegende Reform der Hartz-Gesetzgebung zu nachhaltigen Verbesserungen kommen können.

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