Rääde · 12.10.2017 Ziel der Demokratie ist, jeden mit einzubinden – und das geschieht in Schleswig-Holstein

Lars Harms zu TOP 11 - Änderung der Landesverfassung

„Der vorliegende Gesetzentwurf ist sachlich falsch.“

Die Beratungen rund die Verfassungsreform habe ich als sehr inspirierend und interessant erlebt. Wir haben über nichts Geringeres als die demokratische Verfasstheit unseres Landes gesprochen. Da ging es um unser Selbstverständnis als gewählte Abgeordnete, um die repräsentative Demokratie und um plebiszitäre Elemente. Die Verfassungsdebatte hat mich noch einmal darin bestärkt, dass der Landtag das richtige Forum ist, um Kompromisse zu gestalten. Gerade als Angehöriger einer Minderheit kann ich ein Lied davon singen, wie schnell unsere Argumente von einer Mehrheit ausgehebelt werden können. Ich schätze es darum sehr, dass die Minderheitenförderung inzwischen fester Bestandteil der Politik geworden ist. Wir haben uns ausgetauscht und viele Abgeordnete der Mehrheitsgesellschaft überzeugen können. So eine fundierte Debatte ist durch nichts zu ersetzen.

Der Landtag besteht aus Abgeordneten, die zeitlich begrenzt und stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger über die Politik des Landes entscheiden; übrigens entscheiden wie ab und an auch für diejenigen, die bei einem Volksentscheid gar kein Wahlrecht haben. Elemente direkter Demokratie sind nur eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie. In der letzten Wahlperiode haben wir die Verfassung geändert, entsprechende Gesetze geändert und die Quoren gesenkt, sodass wesentlich mehr möglich ist, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Aber, wir haben uns klar dagegen entschieden, politische Verantwortung abzuschieben. Ich stehe für meine Positionen ein. Sie sind für die Bürgerinnen und Bürger in den transparenten Debatten im Landtag nachvollziehbar: öffentlich und barrierefrei. Jede Zustimmung oder Ablehnung ist festgehalten. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben diese Transparenz noch gar nicht kennen können; aber sie unterstützt hervorragend das System, das sie aufgebaut haben. Die gewählten Politikerinnen und Politiker müssen gerade stehen für das, was sie tun.  Dieser Verpflichtung komme ich gerne nach; gerade in Diskussionen mit gut informierten Bürgerinnen und Bürgern. So ein Dialog schärft die Argumente und führt letztlich zu einer besseren Politik.

Wir haben bei der Debatte zur Verfassungsreform auch über die Vertrauenskultur gesprochen. Vertrauen kann man weder verordnen noch einfach ein- oder ausschalten. Hier in Schleswig-Holstein sehe ich allerdings überhaupt keine Gefahr, dass etwa die Bürgerinnen und Bürger „ausgeschlossen“ seien, wie es die Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfes suggeriert. Bloß, weil einem ein Gesetz nicht gefällt, ist man von dessen Gestaltung nicht ausgeschlossen. 

Die Bürgerinnen und Bürger haben in Schleswig-Holstein viele Möglichkeiten, Politik zu gestalten: Initiativen und Vereine sind Teil unserer lebendigen Verfassungskultur. Die Landesverfassung wird so Tag für Tag mit Leben erfüllt – genau das stellen die Antragsteller in ihrer Begründung aber in Abrede. Unsere Landesverfassung lädt die Bürgerinnen und Bürger zur Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse mit bundesweit äußerst niedrigen Quoren herzlich ein. Derzeit entspricht das Quorum ca. 5% der Wahlberechtigten. Das in der Begründung angeführte „besonders hohe Zustimmungsquorum“ ist also schlichtweg falsch. 

Dass das Angebot selten in Anspruch genommen wird, liegt nicht an den Quoren. Viele Fragen klären sich einfach durch Wahlen oder im Laufe eines Gesetzgebungsprozesses. Demokratie ist eben mehr als die Aufsummierung von Einzelinteressen. Nicht, wer am lautesten sein Anliegen vertritt, sondern wer die besseren Argumente hat und kompromissbereit ist, wird sich durchsetzen. Und das ist auch richtig so, weil so auch Meinungen kleiner Gruppen mitberücksichtigt werden können. Das ist das eigentliche Ziel der Demokratie – jeden mit einzubinden – und das geschieht in Schleswig-Holstein! Der vorliegende Gesetzentwurf ist sachlich falsch und darum abzulehnen. 

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