Rääde · 29.08.2003 Zukunft des Ostseerates

Auf der 12. Ministerratssitzung des Ostseerates am 10. und 11. Juni 2003 im finnischen Pori wurden zwei Beschlüsse getroffen, die weitreichende Folgen für unsere zukünftige Zusammenarbeit mit den Ostseeanrainerländer haben werden. Die Aufmerksamkeit für diese Entscheidungen steht aber im krassen Gegensatz zu ihrer Bedeutung - sie gehen nur verklausuliert aus der Juliausgabe des offiziellen Ostseerat-Newsletters Baltinfo hervor. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir uns hier im Landtag damit auseinandersetzen.

Die Außenminister haben in Pori beschlossen, dass die 1994 eingerichtete Stelle der Beauftragten des Ostseerates für demokratische Entwicklung – des sog. „CBSS Commissioner on Democratic Development“ – im Jahr 2003 ausläuft. Die Arbeit soll von einem Gremium auf Beamtenebene – der „Working Group on Democratic Institutions“ mit Sitz in Stockholm – übernommen werden. Damit wird eine Institution abgeschafft, die erfolgreiche Arbeit geleistet hat und die auch zukünftig benötigt wird.

Außerdem hat der Rat der Außenminister beschlossen, künftig nur alle 2 Jahre zu tagen. In den Jahren dazwischen sollen lediglich Konferenzen auf Beamtenebene stattfinden. Diese Neuregelung kann nur als Herabstufung dieses Politikbereichs gesehen werden. Zukünftig soll die Ostseezusammenarbeit vorwiegend auf der EU-Ebene stattfinden, was eine Neuausrichtung der bisherigen regionalen Zusammenarbeit und mit Sicherheit einen Rückschritt bedeuten würde.

Bei den geplanten Änderungen geht es also um wesentlich mehr als eine organisatorische Korrektur in der Arbeit des Ostseerates. Will heißen: Es muss die Frage gestellt werden, wie wir mit diesen geänderten Rahmenbedingungen umgehen, die aus Sicht des SSW die Ostseezusammenarbeit politisch schwächen wird. - Dabei möchte ich in Erinnerung rufen, dass es bisher zu den besonderen Merkmalen der Ostseekooperation gehört hat, dass sowohl Regionen als auch Staaten sowie EU-Mitglieder und Nicht-EU-Mitglieder daran partizipierten.

Das gilt vor allem für die Zusammenarbeit mit Russland, die von der Arbeit des Ostseerates stark profitiert hat. Die erfolgreiche Annäherung an unseren größten Ostseenachbarn darf nicht durch eine Politik gefährdet werden, die angesichts der EU-Osterweiterung die Ostseekooperation verdrängt. Es ist klar, dass die Erweiterung eine neue Definition der regionalen Zusammenarbeit mit sich bringen wird. Wie diese Aussehen soll, und wie die Nachbarschaft zu Russland gestaltet werden kann, ist aber allenfalls in Ansätzen diskutiert worden. Sie wird aber nicht die Ostseekooperation ersetzen können. Nicht ohne Grund fußt die sogenannte „nördlichen Dimension“ in der EU, die sowohl die heutigen und zukünftigen EU-Mitglieder wie auch Russland umfasst, ja gerade auf die Zusammenarbeit im Ostseerat.

Das gilt insbesondere auch für den Bereich der demokratischen Entwicklung. Bisher gibt es seitens der EU keine Haushaltsmittel und keine Politik für Demokratieentwicklung. Demgegenüber haben wir mit der Beauftragten des Ostseerates eine funktionierende, echte Ombuds­mannsinstitution, die rege in Anspruch genommen wird. Helle Degn hat in ihrer Amtszeit viele Eingaben von Menschen in Russland erhalten, die in das Getriebe des Systems geraten sind. Für diese Menschen würde künftig nur der Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg zur Verfügung stehen. Das wäre ein gewaltiger Rückschritt.

Und schließlich ist es vor dem Hintergrund der Ministerratsentscheidung auch unklar, wie es mit der Zusammenarbeit der Parlamente in der Ostseeparlamentarierkonferenz weitergehen soll. Für den SSW ist es unvorstellbar, dass die parlamentarische Kooperation gedrosselt oder durch Beamte ersetzt wird. Wir können uns aber keine verschiedenen Geschwin­digkeiten von Regierungen und Parlamenten in der Ostseezusammenarbeit leisten.

Wir haben es hier mit Strukturveränderungen zu tun, die hinter verschlossenen Türen abgesegnet worden sind. Es hat meines Wissens keine öffentliche politische Debatte gegeben und die Parlamentarier scheinen diese Entwicklung auf Regierungsebene verschlafen zu haben. Deshalb hat der SSW diesen Antrag gestellt. Wir hoffen, dass es noch gelingen kann, einen Weckruf an die Kollegen rund um die Ostsee zu schicken, bevor es zu spät ist.

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