Rääde · 07.10.2011 Bericht über die Unterrichtssituation

Dass es der vorliegende Bericht mit seinem vergleichsweise komplizierten Tabellenwerk direkt in die Schlagzeilen geschafft hat, liegt nicht unbedingt an überraschenden Zahlen, denn Eltern und Schüler wissen sehr wohl um das Ausmaß der Misere.
Der Bericht hat aus einem anderen Grund Wellen geschlagen; wir befinden uns mitten in einer Glaubwürdigkeitskrise der Schulpolitik. Nach mehreren schulpolitischen Reformen und deren teilweisen Rücknahmen steht es nicht gut um das Image der schleswig-holsteinischen Bildungspolitik. Die Bürgerinnen und Bürger machen sich Sorgen, ob Schule ihren Auftrag noch adäquat erfüllen kann. Bei durchschnittlichen Klassengrößen im Gymnasium von 26 Schülerinnen und Schülern erscheint die Frage durchaus berechtigt. Vor allem vor der Tatsache, dass ausgerechnet in den Gymnasien der höchste Wert beim durchschnittlichen Unterrichtsausfall vorliegt.

Pikanterweise fallen an den Gymnasien laut Bildungsminister deshalb so viele Stunden aus, weil die Lehrkräfte zunehmend auch in der Unterrichtszeit an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Im Bundesvergleich stehen die hiesigen Gymnasien nicht gut da; es fällt mehr Unterricht aus als es durchschnittlich in Deutschland der Fall ist. Auch bei den übrigen Schultypen ist keine Entspannung in Sicht, auch in Gemeinschaftsschulen und Regionalschulen fallen jährlich tausende Stunden aus. Das ist kein einmaliger Ausreißer. Bereits 2007 wurde die damalige Landesregierung für ihre „Bildungsverweigerungspolitik“ gescholten, weil den Schülerinnen und Schülern ihr Anrecht auf den vorgesehenen Unterricht verweigert wurde.
Gesagt hat das übrigens der damalige schulpolitische Sprecher der FDP, Ekkehard Klug, der als Minister 2011 genau für dieses Politik verantwortlich zeichnet.

Der Bericht zur Unterrichtssituation ist jedes Jahr wieder Ausgangspunkt für eine schulpolitische Grundsatzdebatte, die nicht in Schuldzuweisungen stecken bleiben sollte. Eltern und Schüler erwarten mehr von uns. Viele Eltern fühlen sich durch diese Zahlen bedrückt und ohnmächtig. Der Landeselternbeirat hat bei der Anhörung zum Schulgesetz im letzten Jahr die Mitarbeit der Eltern bei diesem Thema angeboten und seine Forderung nach Transparenz wiederholt. Beide Forderungen blieben ohne Nachhall. So sehen sich die Eltern jedes Jahr wieder gezwungen, den Unterrichtsausfall durch häusliche Hausaufgabenbetreuung oder professionelle Nachhilfestunden kompensieren zu müssen. Sie können gegen den Unterrichtsausfall nichts ausrichten, sondern sehen sich in die Rolle des Zuschauers gedrängt. Auch aus diesem Grund erwächst aus diesen Zahlen so ein mächtiger Sprengstoff. Die CDU in Rheinland-Pfalz punktete im Landtagswahlkampf dementsprechend mit dem Slogan „Unterrichtsausfall ist die Mutter der Bildungslücke“ und versuchte, die Eltern zu mobilisieren.

Aber noch etwas hat dazu beigetragen, dass der Unterrichtsausfall landesweit von den Medien aufgegriffen wurde. Dem Bericht ist nämlich nicht zu entnehmen, wie der Bildungsminister in absehbarer Zeit dem Problem zu Leibe rücken wird. Vor Jahren konnte das Programm „Jede Stunde zählt“ durch die Einstellung neuer Lehrkräfte den Unterrichtsausfall deutlich verringern.
Doch ähnliche Programme oder Konzepte sind nicht in Sicht. Der Bildungsminister hat resigniert und akzeptiert den Unterrichtsausfall offensichtlich als ein Dauerproblem: schlimm, aber ohne große finanzielle Anstrengungen nicht beizukommen.
Das ist falsch. Denn positive Beispiele aus Nordfriesland und Flensburg zeigen, dass kurze Wege, kreative Konzepte und eine engagierte Schulaufsicht einiges verbessern können. Dort fallen durchschnittlich die wenigsten Stunden aus. Allerdings geht das zu Lasten der Lehrkräfte, die inzwischen einen Berg von Überstunden vor sich her schieben. Bereits zu Beginn der Sommerferien hatten die Flensburger Schulen das Jahrsbudget für Vertretungsstunden aufgebraucht. Danach werden Ausfälle durch Überstunden kompensiert. Das ist natürlich keine echte Lösung.

Ein eigenes Budget für jede Schule, wie es die Elternvertretung einiger Flensburger Schulen fordern, könnte Entlastungen bringen. Doch das Ministerium wird wohl kaum freiwillig Entscheidungskompetenzen aus der Hand geben. Gleichwohl sollten wir gerade solche Ansätze im Ausschuss ausloten.

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