Rääde · 07.06.2007 Gesetz zur Erleichterung Öffentlich Rechtlicher Partnerschaften

 
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt die Landesregierung einen Punkt in ihrer Koalitionsvereinbarung um, der vereinfacht gesagt zum Ziel hat, den Staat von Aufgaben zu entlasten und diese den Privaten zu übertragen. Dass der Entwurf einen nicht zu unterschätzenden Gehalt an symbolischer Politik enthält, sei dabei vorab erwähnt. Denn bundesweit steht die Einführung von Öffentlich Rechtlicher Partnerschaften auf der Agenda von Parlamenten und Regierungen – wir haben es also mit einem echten „Modernisierungs-Thema“ zu tun. Hier bei uns hatte sich die CDU-Landtagsfraktion  vor der Sommerpause in einer Veranstaltung mit ÖPP auseinandergesetzt, während der Finanzausschuss des Landtages dazu eine Reise tat.

 Öffentliche Private Partnerschaften – kurz ÖPP - sind bereits jetzt möglich, folglich, würde man der Entbürokratisierungsrhetorik der Regierung glauben, wären sie eigentlich auch nicht regelungsbedürftig. Aber Regierungen regeln nun mal gerne unabhängig von ihrer Rhetorik.

Mit dem Gesetz soll vermehrt privates Kapital und Fachwissen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mobilisiert werden können. Man verspricht sich davon, die öffentlichen Kassen zu entlasten und Projekte schneller und effizienter durchführen zu können. Im Entwurf heißt es, dass „erhebliche Effizienz- und Kostenvorteile realisiert werden“ können, es werden aber weder Beispiel noch Größenordnungen hierfür genannt.

Dies bedeutet einmal wieder, wenn Effizienz- und Kostenvorteile nicht realisiert werden, sind die Kommunen selber schuld. Die Regierung ist fein raus, man hat ja ein Gesetz gemacht. Die privaten Partner versprechen sich von der Beteiligung die Eröffnung neuer Geschäftsfelder sowie zusätzliche Gewinne. Der öffentliche Partner reduziert wiederum für den Privaten die Finanzierungsrisiken.

Die Beteiligung Privater an öffentlichen Aufgaben birgt aber auch viele Risiken. Bei der Vertragsgestaltung kann es leicht zu asymmetrischen Verhältnissen zwischen spezialisierten großen Privatunternehmen und relativ kleinen und in diesem Bereich unerfahren Verwaltungen in Schleswig-Holstein kommen. Die öffentliche Hand macht sich von Privaten abhängig, es droht der Verlust demokratischer Kontrolle, falls ein Projekt nicht ausreichend überwacht und konzessioniert wird. Ich nenne hier nur das prominente Beispiel Toll Collect.

Inwieweit die Einbindung der IB sowie die Koordinatoren-Teams im Finanzministerium diese Risiken in Grenzen halten können, muss Gegenstand der Beratungen sein. Es sieht zumindest eher nach mehr Bürokratie als nach weniger aus.

Man stelle sich vor, dass einer der vielen Schulzweckverbände in Schleswig-Holstein eine ÖPP eingeht. Eltern, die sich an ein direkt demokratisch legitimiertes Gemeinderatsmitglied wegen eines Schulgebäudeanliegens wenden, kommen erst über den Amtsausschuss, dann über den Zweckverband, der sich mit dem Unternehmen - das evtl. in Frankfurt am Main sitzt - auseinandersetzen muss, an die zuständigen Leute ran. Die Wege wären nicht nur lang, sondern die unverzichtbare demokratische Rückkoppelung – oder altmodisch, die Verantwortung – droht bei öffentlichen Aufgaben vollends zu versanden.

Es darf auch nicht verschwiegen werden, dass ÖPP in der Regel langfristige Nutzungszahlungen für konkrete Immobilien beinhaltet, und es daher als Finanzierungsinstrument deutlich unflexibler ist als ein Kredit. Da ÖPP den Immobilienbesitz der Gebietskörperschaften verkleinert und eine langfristige Ausgabenbindung bedeutet, verringert das den traditionellen Kreditrahmen der Kommunen und des Landes.

Wo sollen eigentlich die Einsparungen herkommen, wenn man ein Gewinnstreben der privaten Partner legitimer Weise unterstellen darf? Sie können zum einen aus der Umgehung von Tarifbindungen sowie Bewerbungs- und Ausschreibungsregeln, zum anderen durch Betriebsgrößenersparnisse eines privaten Unternehmens herrühren.

Was das Erste angeht, spricht sich der SSW klar gegen Lohndumping, wie wir es bereits mit dem Tariftreuegesetz deutlich gemacht haben, sowie gegen das Aushebeln von Gebührenordnungen aus. Was das Zweite angeht, darf bezweifelt werden, dass der hiesige Mittelstand in nennenswertem Umfang von dem Gesetz profitieren wird. Es sind typisch Konzerne, die bei Public Privat Partnerschaften den größten Vorteil haben. So hat die Architektenkammer Schleswig-Holstein schon erste ernstzunehmende Bedenken formuliert und befürchtet einen klaren Nachteil für hiesige Architektenbüros. Diese Kritik müssen wir ernst nehmen.

In den Ausschussberatungen gilt es daher, die notwendigen Kontroll- und Zugriffsrechte der Kommunen bzw. des Landes zu sicher, einen Verlust an Bürgernähe zu verhindern und zu gewährleisten, dass politisch gesetzte Vorgaben, wie Tariftreue und Mittelstandförderung, nicht umgangen werden.

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