Rääde · 16.12.2022 Grenzüberschreitender ÖPNV ist lebenswichtig für das Grenzland

„Sydtrafik und Flensburg als Stadt haben sich geeinigt auf eine Finanzierung der Linie 110, nun ist das Land gefragt, denn ich erinnere gerne daran: Das Land Schleswig-Holstein ist verantwortlich für die Organisation des grenzüberschreitenden ÖPNVs mit Dänemark.“

Sybilla Nitsch zu TOP 17+29+34 - Bericht zur Finanzierung des LNVP und des Deutschlandtickets sowie Anträge zu Wirtschafts- und landwirtschaftliche Wege für Radverkehr förderfähig machen und Mitfinanzierung der dänischen Linie 110 (Drs. 20/407+20/500+20/505)

Richtigerweise beschäftigten wir uns bei diesem Tagesordnungspunkt nicht nur mit einer Verkehrsart, sondern mit mehreren, nämlich mit dem ÖPNV und dem Radverkehr. Was heute dem Zufall der Anträge geschuldet ist, sollte eigentlich der Standard sein: die Verkehrsträger isoliert zu planen und zu betreiben, entspricht nicht mehr dem aktuellen Wissensstand. 
Die Defizite der letzten Jahre lassen sich aber nicht leicht beseitigen; gerade dort, wo wir es mit einem Übergang und mit zwei Systemen zu tun haben. Die Entscheidung für ein Deutschlandticket ist völlig richtig. Wer schon einmal vor einem Ticketautomaten stand, wird jede Vereinfachung sehr begrüßen. Allerdings sind 49 Euro im Monat ein Preis, den sich die Menschen mit kleinem Geldbeutel nicht leisten können. 
Darum fordere ich von der Landesregierung so schnell wie möglich, ein Sozialticket zu finanzieren. Der Flensburger Nahverkehrsbereich hat die Erfahrung gemacht, dass 25% mehr Neukunden durch das Sozialticket den ÖPNV nutzen konnten. Das sollte Vorbild in ganz Schleswig-Holstein sein. 
In allen Debatten der vergangenen Woche, kann ich mich an einen Tenor erinnern: wir müssen mehr in die Infrastruktur investieren und die Angebote verbessern. Einen ersten Ansatz haben wir bekommen durch die Rahmendaten des Haushaltsentwurfes bekommen. Ja alle Verkehrsarten müssen berücksichtigt werden müssen. Aber nur 20 Mio in die Schiene zu investieren, das bekomm ich logisch nicht auf die Bahn.
Ich hoffe wir werden in den kommenden Wochen noch schlauer und bekommen fernab von Anekdoten, Fakten auf den Tisch: für ein gutes Angebot in der Fläche und für die Infrastruktur von morgen.
Systemgrenzen sind ein Symptom in der Organisation der Mobilität. Wenn es um Verkehr geht, dann geht es immer auch um die Finanzierung. Das ist der wichtigste Faktor. Darum kann ich es nachvollziehen, dass schwarz-grün einmal prüfen möchte welche Systeme kostengünstig zusammengeflochten werden können: und so hat sie die Wirtschaftswege gefunden. Ob sie im Netz touristischer Routen liegen oder ob sie überhaupt für den Radverkehr geeignet sind, scheint keine Rolle zu spielen. So wie übrigens auch im Landesnahverkehrsplan vermisse ich eine klare Priorisierung: was ist wichtig und wird in den nächsten Jahren realisiert und was kommt erst später dran? Darauf gibt es keine Antwort. 
Stattdessen schwarz-grün ein neues Projekt, das durch den Ausbau der Wirtschaftswege zu Radwegen eine unkomplizierte Verbesserung der Statistik verspricht. So ein Wirtschaftsweg bringt nämlich schnell mal 10 oder 20 neue Radkilometer. Da scheint es dann auch keine Rolle zu spielen, dass mit dem Ausbau der Wirtschaftswege landwirtschaftliche Betriebe subventioniert werden. 
Ich denke, den sinnvollen und zukunftsfesten Ausbau der Radinfrastruktur müssen wir wohl auf anderem Wege bewerkstelligen.  
Es gibt noch weitere Angebote, die an Systemgrenzen scheitern oder auch Landesgrenzen scheitern können.
Exemplarisch gilt das für alle grenzüberschreitenden Angebote. Dazu gehört die Buslinie 110 von Sønderborg nach Flensburg. Die Kundinnen haben es mit zwei Ticketsystemen zu tun. Rejsekort, in Dänemark, ein digitales System. Das System auf deutscher Seite, die Reisenden sind gewohnt mit Münzen im Bus zu zahlen.
Die grenzüberschreitende Linie wird gut genutzt, Auslastung und Takt könnten aber sehr viel besser sein, wenn die eben genannten Probleme, auskömmlich finanziert, beseitigt würden. 
Schwarz-grün bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu: der grenzüberschreitende ÖPNV soll gestärkt werden. Sydtrafik und Flensburg als Stadt haben sich geeinigt auf eine Finanzierung der Linie 110, nun ist das Land gefragt, denn ich erinnere gerne daran: Das Land Schleswig-Holstein ist verantwortlich für die Organisation des grenzüberschreitenden ÖPNVs mit Dänemark. 
Wollen wir einen grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, dann ist grenzüberschreitende Mobilität ein entscheidender Faktor.
Wollen wir die Entwicklungsallianz mit der Region Syddanmark, ja dann ist ein attraktives ÖPNV-Angebot über die Grenzen hinweg unumgänglich.
Wollen wir grenzüberschreitende Studiengänge und Berufsausbildungen, dann ist eine ÖPNV-Verbindung wie die 110 von Sønderborg – Flensborg unverzichtbar.
Mir fällt es schwer die großen Linien ernst zu nehmen: deutsch-dänische Metropolräume verbinden zu wollen und nach jahrzehntelanger intensiver verbindender Arbeit von zig Akteuren im deutsch-dänischen Grenzland zu annoncieren, jetzt den großen Wurf in der Zusammenarbeit mit Dänemark zu wollen. Wenn wir heute nicht diese vermeintliche kleine Linie ziehen können. 
Wenn wir heute aber zeigen, wir wollen die Mitfinanzierung der Linie 110, dann werden wir auf Dauer auch die großen Linien schaffen, ohne die Menschen an der Grenze stehen zu lassen.

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