Press release · 05.03.1998 Großer Lauschangriff: Wie man sich seiner Grundrechte entledigt

Die heutige Entscheidung des Bundestages zum Großen Lauschangriff wird allseits mit Spannung erwartet. Dabei lenkt die Debatte darüber, ob lediglich Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete oder darüber hinaus auch Ärzte, Journalisten und Anwälte dem Lauschangriff nicht anheimfallen sollten, davon ab, daß eines unserer wichtigsten Grundrechte ohne Not ausgehöhlt wurde. Auf diesem Hintergrund äußerte die Vorsitzende des SSW, Anke Spoorendonk, heute ihr Bedauern darüber, daß das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dem sogenannten Großen Lauschangriff geopfert worden ist. "Die Folge: Fast alle Bürgerinnen und Bürger dürfen fast überall belauscht werden. Um sich selbst zu schützen, haben die Politiker dafür gesorgt, daß sie und bestimmte andere Berufsgruppen vom Belauschtwerden ausgenommen sind. Das ist nicht nachvollziehbar." so Spoorendonk.

Das bisherige Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist verletzlich geworden. Die bisherige Sicherheit jeder Bürgerin und jedes Bürgers, sich in einen vom Staat unbeobachteten privaten Raum zurückziehen zu können, ist aufgegeben worden. Die Begründung lautet, jetzt müsse das organisierte Verbrechen wirksam bekämpft werden. Unter diesem Vorwand wird das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Schutz vor dem Staat in ein Recht auf Schutz durch den Staat verwandelt. Das Recht des Staates wird künftig Vorrang vor dem Recht seiner Bürgerinnen und Bürger haben.

Keine Erkenntnisse liegen darüber vor, ob dieser Aushöhlung eines wertvollen Grundrechts überhaupt ein Nutzen gegenübersteht. Man wird davon ausgehen dürfen, daß das organisierte Verbrechen sich zu schützen wissen wird, um Strafverfolgung zu vermeiden. "Große Fische" wird man auch per Lauschangriff nicht an die Angel bekommen.

Leider hat eine große Mehrheit der SPD der Änderung des Grundgesetzes zugestimmt. Angesichts der weitreichenden Folgen dieser Änderung bleibt zu hoffen, daß das Bundesverfassungsgericht damit beauftragt wird, die Zulässigkeit des Großen Lauschangriffs zu überprüfen. Schade aber, daß dieser Weg immer häufiger beschritten werden muß. Statt dessen sollten Politikerinnen und Politiker sich darauf besinnen, eine vernünftige Politik für ihre Bürgerinnen und Bürger zu machen.

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