Rääde · 28.01.2005 Langzeitarbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein

Die letzten Zahlen über den Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein vom Dezember 2004 sind deprimierend – da gebe ich der FDP recht. Wir haben leider mit 10,5% und 146.600 Frauen und Männern, die arbeitslos gemeldet sind, die höchste Arbeitslosigkeit seit 1952 zu verzeichnen. Obwohl die Wirtschaft 2004 auch in Schleswig-Holstein etwas angewachsen ist, hat sich das noch nicht positiv auf die Arbeitsmarktsituation ausgewirkt. Die Aussichten für 2005 sind zwar nicht schlecht, aber realistisch gesehen, können wir noch lange nicht mit einem merkbaren Rückgang der Arbeitslosigkeit rechnen.

Wir müssen nämlich schon seit Jahren zur Kenntnis nehmen, dass mit jedem Konjunkturabschwung die Sockelarbeitslosigkeit zunimmt. Das zeigen auch die Zahlen über die Entwicklung der Langzeitarbeitslosigkeit in Schleswig-Holstein. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen hat sich im Vergleich zum Vorjahr auf 6.600 Personen auf 50.900 erhöht. Damit hat sich die Anzahl der Langzeitarbeitslosen von 31,7% auf 34,7% erhöht. Es gibt also zu viele Menschen, die schon über ein Jahr arbeitslos sind und deren Chancen auf den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt mit jedem Tag schlechter werden.

Eines ist sehr deutlich: In der Bundesrepublik haben wir uns viel zu viele Jahre auf die Verwaltung von Arbeitslosigkeit, anstatt auf die Vermittlung der Arbeitslosen konzentriert. Eine Wende sollte zwar durch Hartz IV eingeleitet werde, aber auch bei dieser Sozialreform konzentriert man sich als erstes auf die Verwaltung der Arbeitslosen - z.B. die Berechnung des ALG II - anstatt auf die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt.

Aus Sicht des SSW ist es entscheidend, dass man sich um jeden einzelnen Arbeitslosen kümmert. Dazu müssen in den Arbeitsagenturen endlich ausreichend Sachbearbeiter vorhanden sein, der sich mit jedem Betroffenen zusammensetzt und einen detaillierten Handlungsplan dazu ausarbeitet, wie dieser Mensch wieder in Arbeit kommt.

Dabei müssen wir erkennen, das wir insbesondere ein Problem mit der hohen Arbeitslosigkeit von niedrig-qualifizierten Personen haben, wie z.B. der Verlust von 700 Arbeitsplätzen bei Danfoss zeigt. Aus Sicht des SSW gibt es nur einen Weg: Wir müssen darauf setzen, die Menschen auszubilden, weiterzubilden und zu qualifizieren, um sie wieder in Arbeit zu bringen. Auch Dennis Snower, Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, sagt in einem Interview: “Wir müssen aus Geringqualifizierten Qualifizierte machen“ . Laut Snower hat Deutschland keine andere Chance als auf Qualität und Innovation der Produkte zu setzen. Wir können nicht gegen Billig-Lohn-Länder wie Polen, Rumänien, Ukraine oder gar China konkurrieren. Wir müssen auf unser Human-Kapital setzen.

Zu einer modernen Arbeitsmarktpolitik gehören nicht nur Pflichten für Arbeitslosen, sondern auch Rechte. Wir wollen eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die den arbeitslosen Menschen das Recht zusichert, spätestens nach einem Jahr ein Jobangebot, ein Weiterbildungsangebot, ein Qualifizierungsangebot oder ein Ausbildungsangebot erhalten. Mit so einem Angebot entgehen wir, dass die Menschen überhaupt erst in die Langzeitarbeitslosigkeit kommen, aus der es so schwer ist herauszukommen.

Natürlich wird es vor dem Hintergrund der jetzigen Rahmenbedingungen von Bund und Land nicht leicht sein, so ein Angebot in die Tat umzusetzen. Die Realität ist ja leider – das ersieht man auch aus dem letzten Dezember-Arbeitsmarktbericht für Schleswig-Holstein – dass die Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote der Bundesagentur reduziert worden sind. Dies ist wirklich eine absolut falsche Prioritätensetzung.

In Schleswig-Holstein hat die Landesregierung in den letzten Jahren aus Sicht des SSW im Rahmen ihrer Möglichkeiten versucht gegenzusteuern - durch das Arbeitsmarktprogramm „ASH 2000“. In Zusammenhang mit den Hartz-Gesetzen hat es 2003 seitens der Landesregierung eine Neuausrichtung des Programms gegeben.

Dabei hat der SSW die von der Landesregierung angekündigte flächendeckende Einführung von Kombi-Löhnen in Schleswig-Holstein begrüßt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es wurde höchste Zeit, dass jemand klar sagt, wie die vielen Arbeitslosen wieder in Arbeit gebracht werden sollen, und nicht nur, wie ihre Leistungen zusammen gestrichen werden können. Die Erfahrungen in Dänemark zeigen, dass Kombi-Löhne sich sehr positiv auf die Wiedereingliederung von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt auswirken. Ein Lohnzuschuss von bis zu 500 € senkt die Hemmschwelle der Unternehmen, neue Beschäftigte einzustellen. Die Arbeitslosen bekommen so die Chance, in den Betrieben ihre Qualitäten zu zeigen. Dieses Angebot ist gerade für Langzeitarbeitslose eine große Chance. Die bisherigen Ergebnisse des Kombi-Lohn-Angebots zeigt aber auch: Die Landesregierung muss mehr werben damit das Kombi-Lohn-Modell bei den Betrieben angenommen wird.

Es gibt keine leichten Wege, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die Landesregierung hat einige richtige Ansätze, die aber noch verbessert werden müssen. Das schlimmste ist aber, dass sie dabei weiterhin von der Bundesregierung in Stich gelassen wird.

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