Rääde · 17.11.2010 Partnerschaftsabkommen Schleswig-Holsteins mit der Provinz Zhejiang

Der Landtag hat zuletzt vor ziemlich genau vier Jahren die Zusammenarbeit zwischen unserem Land und der chinesischen Provinz Zhejiang diskutiert, im November 2006. Damals lag uns ein detaillierter schriftlicher Bericht vor: mit Zahlen zum wirtschaftlichen und akademischen Austausch. Das ist heute nicht der Fall. Dass sich dieser Bericht auf einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen bezog, gehört zur Geschichte dazu. Damit wurde deutlich gemacht, dass die Partnerschaft zwischen Schleswig-Holstein und der Provinz Zhejiang nicht nur der Landesregierung, sondern auch dem Landtag etwas angeht. – Diese Botschaft vermittelt die heutige Regierungserklärung nicht.
Kern der Zusammenarbeit ist das Business Center in Hangzhou, der Provinzhauptstadt der Provinz Zhejiang. Das ist das fünfte Büro Schleswig-Holsteins, neben den Standorten in Neu Delhi, Kuala Lumpur, Sao Paulo und St. Petersburg. In diesem Büro finden Unternehmen aus Schleswig-Holstein vor Ort kompetente Unterstützung, bei Informationsbeschaffung, Lieferantenrecherche und so weiter.
Teil des Partnerschaftsabkommens ist aber auch die Weiterbildung chinesischer Führungskräfte, was sich das Land laut Haushaltsplan 30.000 Euro kosten lässt bzw. Studienaufenthalte in China mit Stipendien in Höhe von durchschnittlich 6.600 Euro. Das sind übrigens die einzigen konkreten Haushaltszahlen, die dem Landtag bezüglich des Partnerschaftsabkommens mit der Provinz Zhejiang vorliegen. Es existiert kein Haushaltstitel, der alle Maßnahmen bündelt. Es gibt allerdings auch keine Stabsstelle im Wirtschaftsministerium, die die Einzelmaßnahmen des Partnerschaftsabkommens koordiniert und keine detaillierte Internetpräsenz für Unternehmer oder Studierende. Das alles sind Belege für das Fehlen eines klaren Konzeptes zur Partnerschaft zwischen Schleswig-Holstein und Zhejiang.
Damit öffnet man einer überflüssigen Diskussion Tür und Tor. Gerade bei den anstehenden Sparrunden können nur die Projekte Bestand haben, die auf einer soliden inhaltlichen Grundlage stehen. Ich warne aber in diesem Zusammenhang davor, dass wir das wirtschaftliche Engagement der Landesregierung, das sich wie gesagt in ganz unterschiedlichen geografischen Räumen und auf drei Kontinenten abspielt, gegeneinander abwägen. Selbstverständlich stehen im Ostseeraum ganz anderen Rahmenbedingungen, aber auch Verpflichtungen im Vordergrund, als das beispielsweise in China der Fall ist. Da sollte man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Aber nichtsdestotrotz müssen wir, um überhaupt Entwicklung messen zu können, einen Maßstab haben; auch um den Vorwurf der Beliebigkeit der Außenhandelskontakte begegnen zu können. Bloße Wirtschaftszahlen reichen dazu nicht aus, schließlich gehört zur Partnerschaft nicht nur das reine ökonomische Wachstum, sondern eine langfristige Strategie, die in stabile und belastbare politische Beziehungen mündet. Bereits vor vier Jahren musste die Landesregierung einräumen, dass ihr viele systematische Erkenntnisse fehlen. Daran hat sich bis heute wenig geändert.
Bereits einen Schritt vorher, bei der Frage nach detaillierten Leistungszahlen, muss die Landesregierung passen. Es gibt überhaupt keine Statistiken bezüglich des wirtschaftlichen Austausches zwischen Zhejiang und Schleswig-Holstein, so dass Veränderungen in Art und Intensität der Beziehungen nur unzureichend abgebildet werden können bzw. sich in der Beschreibung von Einzelvorhaben erschöpfen. So sind Schwerpunkte und Strukturen natürlich nicht zu erkennbar oder sie erfordern eine intensive Recherche.
Schleswig-Holstein hat sich eine respektable Position auf dem chinesischen Markt erobert. Das ist ein Standortvorteil, den wir nicht leichtfertig aus der Hand geben sollten. Die heutige Regierungserklärung hilft uns dabei wahrlich nicht. Da ist es nicht einmal ein Trostpflaster, dass der Ministerpräsident – mediengerecht für das heimische Publikum dokumentiert – auch das Thema Menschenrechtsverletzungen ansprach. Denn nicht der moralische Zeigefinger ist hier gefragt, sondern schlicht und ergreifend, dass China selbst wichtige Menschenrechtsabkommen unterschrieben hat, so zum Beispiel 1998 jenes internationale Abkommen über zivile und politische Rechte.

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