Rääde · 15.12.2004 Schleswig-Holsteins Schulen als rauchfreie Zonen

Jugendliche, die schon im Alter von 12 Jahren zur Zigarette greifen, sind ein ernsthaftes Problem. Nicht zuletzt wegen des hohen gesundheitlichen Risikos, das sie zum Teil unwissend damit eingehen. Der SSW meint aber, dass schlichte Verbote bei diesem Problem noch nie die Lösung ausgemacht haben.

Von oben übergestülpte Verbote sind bekanntlich pädagogisch sinnlos, da sie meist den Reiz des Verbotenen überhaupt erst erhöhen. Zumal wird jeder Kriminologe bestätigen, dass ein vollzugsdefizitäres Verbot – also ein Verbot, das nicht durchgesetzt werden kann – kontraproduktiv wirkt. Rauchende Schülerinnen und Schüler neigen bei einem Rauchverbot an ihrer Schule dazu, einfach das Schulgelände zu verlassen, um zu rauchen – so unter anderem auch an der Lornsen Schule in Schleswig. Hier gibt es bereits ein Rauchverbot. Oberstufenschüler dürfen aber das Schulgelände verlassen und haben sich direkt als Konsequenz daraus eine Raucherecke außerhalb des Schulgeländes ausgeguckt. Jüngere Schüler machen das gleiche - aber an anderer Stelle und ohne Erlaubnis. Und wenn ihnen hierbei etwas während der Schulzeit zustößt, muss die Schule dafür gerade stehen.

Verdrängung allein reicht also nicht aus. Wenn das Rauchen per Ukas im ganzen Schulgebäude, im Schulhof und bei Schulveranstaltungen verboten wird, dann werden die Raucherinnen und Raucher sich eben an der Grenze zum Schulgebäude, neben dem Schulhof und außerhalb von Schulveranstaltungen auf­halten, ohne dass dies eine präventive Wirkung hat. Ich glaube nicht, dass damit etwas gewonnen ist. Drogenpolitisch gesehen sogar eher im Gegenteil. Daher fordern wir auch weiterhin eine Stärkung der präventiven Maßnahmen an den Schulen. Die bundesweite Initiative „Be smart – Don’t start“ hat für das Schuljahr 2004/2005 einen Teilnehmerrekord von etwa 284000 Schülern zu verzeichnen. Schleswig-Holstein liegt hier bei der Teilnehmerliste mit 571 teilneh­menden Klassen in der oberen Hälfte auf einem guten 6. Platz. Das halten wir für ein deutliches Signal dafür, dass auch bei den Schülern eine große Nachfrage nach solchen Initiativen besteht.

Wir sind also generell auch dafür, dass das Rauchen an Schulen eingestellt wird. Allein schon, weil das Rauchen – bzw. Nikotin – gesundheitsschädlich ist und im schlimmsten Fall sogar als Einstiegsdroge für den Konsum von Cannabis gelten kann, wie wir erst vor kurzem wieder in der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Kollegin Tengler (Drs. 15/3861) nachlesen konnten.

Laut einer Umfrage von TNS (Taylor Nelson Sofres) Infratest sind 79 Prozent der Deutschen dafür, sowohl Schülern als auch Lehrern jeglichen Zigarettenkonsum auf dem Schulgelände zu untersagen. Es geht also darum, dass Schülerinnen und Schüler erfahren, dass der Konsum von Zigaretten problematisch ist, und es geht darum, dass Lehrerinnen und Lehrer eine Vorbildfunktion für Kinder und Jugendliche haben.

Es ist richtig, dass die Einstellungen der Kinder und Jugendlichen und der Lehrerinnen und Lehrer verändert werden müssen, wenn man den Einstieg in die Nikotin­abhängigkeit vermeiden und den Ausstieg erleichtern will. Es ist aber naiv zu glauben, dass man eine solche Veränderung der Akzeptanz des Rauchens am besten durch ein Verbot erreicht. Wir brauchen einen umfangreicheren, breiteren Einsatz gegenüber Zigaretten und Nikotin an jeder Schule, wenn wir wirklich die Zahl der Raucher­innen und Raucher reduzieren wollen. Das einzige, was wirklich Sinn macht, ist an den Schulen im Dialog der Beteiligten eine eigene „Nikotinpolitik“ zu entwickeln. Jede Schule soll ihren eigenen Weg für den Umgang mit dieser Droge finden. Dadurch sichert man am besten, dass diese Politik Akzeptanz findet und von möglichst vielen unterstützt wird. Dafür können wir aber eben nicht ein Verbot per ministerielle Verordnung gebrauchen. Angebracht wäre die Forderung, dass die Landesregierung einen Weg findet, den Schulkonferenzen aufzutragen sich verbindlich mit der Problematik zu befassen – damit vor Ort eine Regelung gefunden wird, zu deren Umsetzung sich alle verpflichtet fühlen.

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