Speech · 12.12.2025 Tierschutz umfassend stärken!
„Neben der Nutztierhaltung sollen auch die Bereiche der Heimtiere sowie der Wildtiere in so einer Strategie Berücksichtigung finden. Wir fordern daher die Landesregierung auf, für diese drei Säulen jeweils eine Gesamtstrategie für den Tierschutz zu entwickeln. Wir wissen, dass es in weiten Teilen des Tierschutzes immer noch hapert, obwohl wir entsprechende Gesetze und Verordnungen zum Tierschutz haben.“
Dr. Michael Schunck zu TOP 13+17 - Gemeinsame Beratung
a) Erhalt, Verstetigung und sofortige Korrektur des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung
b) Tierschutz umfassend stärken – Tierschutzstrategie für Schleswig-Holstein
c) Einsatz für wirksame Verhinderung von Qualzucht (Drs. 20/3780, 20/3781 und 20/3856)
Tierwohl und Tierschutz nehmen in der Gesellschaft einen steigenden Stellenwert ein. Die Bereiche, die darunter gefasst sind, sind umfangreich und komplex. Es ist ein Zusammenspiel von gesetzlichen Vorgaben, staatlichen Förderprogrammen, gesellschaftlichem Engagement und Forschung. Wenn wir über Tierwohl sprechen, geht es überwiegend um den Bereich der Nutztierhaltung. Das ist aus Sicht des SSW zu kurz gesprungen. Tierschutz ist weitreichender und daher wollen wir, eine landesweite Strategie für den Tierschutz. Das heißt, neben der Nutztierhaltung sollen auch die Bereiche der Heimtiere sowie der Wildtiere in so einer Strategie Berücksichtigung finden. Wir fordern daher die Landesregierung auf, für diese drei Säulen jeweils eine Gesamtstrategie für den Tierschutz zu entwickeln. Wir wissen, dass es in weiten Teilen des Tierschutzes immer noch hapert, obwohl wir entsprechende Gesetze und Verordnungen zum Tierschutz haben.
Die Idee, mit einer solchen Strategie ist, anhand jeweiliger Zielformulierungen zu schauen, wo es konkrete Handlungsbedarfe gibt und wie diese Problemfelder gelöst werden können. Gerade die Debatten in der Nutztierhaltung haben immer wieder gezeigt, dass wir dringend Förderprogramme wie beispielsweise bei Stallumbauten benötigen. Hier brauchen die Landwirtinnen und Landwirte Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Auf dieses Thema komme ich später noch einmal zu sprechen.
Aber auch die Diskussion über Tiertransporte macht deutlich, dass dort noch vieles im Argen liegt. In beiden Fällen ist das Veterinärwesen in der Verantwortung, der sie aber nicht zufriedenstellend gerecht werden können, da sie schlichtweg zu wenig Kapazitäten haben.
So ist auch der Schutz der Wildtiere unseres Erachtens in der Raum- und Umweltplanung stärker zu berücksichtigen. Im zuständigen Ausschuss haben wir beispielsweise über die Notwendigkeit von Querungshilfen oder die Erstellung von Wildwegeplänen für wandernde Wildtiere gesprochen, wie beispielsweise dem Rothirsch. Wie ist es mit anderen Wildtierarten, wo sind konkrete Probleme und wie können die angegangen werden? Gerade Wildtiere habe keine starke Lobby. Dies wird zum Beispiel anhand der Igelproblematik deutlich. Für die nachtaktiven Tiere besteht die Gefahr, sich an selbstfahrenden Rasenmähern schwer bis tödlich zu verletzen.
Ein Dämmerungs- und Nachtnutzungsverbot von Rasenmäher Robotern mit entsprechenden rechtlichen Zielsetzungen zum Schutz von nachaktiven Tieren wie den Igeln könnte in eine landesweite Tierschutzstrategie einfließen. Dies ist nur ein Beispiel was explizit unsere heimischen Wildtiere betrifft.
Richtig ist, viele der angesprochen Dinge werden zum Teil bereits umgesetzt, beziehungsweise in konkreten Programmen berücksichtigt. Das ist ja auch gut so. Allerdings verschafft es keine Gesamtübersicht beim Schutz von Nutz-, Heim- oder Wildtieren. Deshalb soll eine Tierschutzstrategie als Instrument dienen, um Ziele zu formulieren und sich einen Überblick zu verschaffen, wo noch Bedarfe und Probleme bestehen, aber auch auflisten, was bereits erreicht wurde.
In den Bereich des Tierschutzes gehört ganz klar auch die Verhinderung von Qualzuchten. Zwar ist unter dem sogenannten „Qualzuchtparagrafen“, §11b des Tierschutzgesetzes, geregelt, dass es verboten ist, Tiere durch züchterische Maßnahmen so zu verändern, dass Nachkommen dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden ausgesetzt sind. Auf den ersten Blick ist man daher geneigt zu sagen, das ist doch schon geregelt. Nichtsdestotrotz wird der Paragraf wegen seiner Ungenauigkeit bei der Definition von Qualzuchten und der damit einhergehenden fehlenden rechtlichen Handhabung seit langem von Tierschutzorganisationen kritisiert. Dem will die FDP mit ihrem Antrag gerecht werden und Qualzuchten entgegenwirken. Ich teile absolut den Ansatz der FDP, dass Qualzuchten verboten gehören. Es braucht klare Definitionen, welche spezifischen Merkmale als Qualzucht gelten. Ebenso müssen unsere Behörden in die Lage versetzt werden, entsprechend gegen Qualzuchten vorgehen zu können. Aber genau dafür brauchen die Vollzugsbehörden klare und rechtssichere Grundlagen. Und genau deshalb können wir dem Alternativantrag der Koalition nicht zustimmen. Er ist eher ein zahnloser Tiger als eine weiter reichende Alternative für den Verbot von Qualzuchten. Züchter und Käufer sollen darüber aufgeklärt werden, dass sie den Tieren nichts Gutes tun, wenn sie bestimmte Merkmale wie verkürzte Hundeschnauzen, Haarlosigkeit oder Tränensäcke anzüchten. Echt jetzt? Glauben Sie das wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und Bündnis90/Die Grünen? Warum gibt es denn diese große Palette an kleinwüchsigen, krummbeinigen, asthmatischen Vierbeinern mit Gon- und Coxarthrosen, Hautekzemen und dergleichen? Weil die Züchterinnen und Züchter sich unklar darüber sind, dass sie ihren Lieblingen durch solche Rassemerkmale Schmerzen und Leid zufügen? Wohl kaum. Eine untergesetzliche Aufklärkampagne wird hier mit Sicherheit nicht helfen, sonst würden solche Hunde-, Katzen- und Nagerrassen gar nicht mehr gezüchtet, geschweige denn gehandelt werden. Aber ich will kein Wasser in den Wein schütten, gegen Qualzuchten vorzugehen, ist eine Mammutaufgabe. Denn Qualzuchten gibt es in nahezu allen Bereichen der Tierhaltung; ob es Heim- oder sogar Nutztiere sind. Selbst Zierfische, Vögel und Reptilien sind betroffen vom Züchterwahn und deren Buhlen um neue Farbvarianten mit Albinismus, Glubbschaugen, Federpuscheln, die zum Fliegen eher ungeeignet sind und weder UV-Schutz noch einer gleichbleibenden Körperwärmeregulierung dienlich sind.
Aber immerhin, auf die Nutztier-Situation und deren stetes Trimmen auf mehr Leistung, auf höheren Milchertrag, höheren Fleischansatz, rasches Wachstum usw. nimmt der Antrag der Koalition Bezug. Sie sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Liste an züchterischen Tierwohlgefährdungen ist lang, zu lang und zu umfangreich, um eine freiwillige Umsetzung der Qualzuchten zu erzielen. Ein „Du, Du, Du“ wie es die Koalition in ihrem Antrag formuliert, wird dem Tierwohl in keiner Weise gerecht.
Deshalb müssen wir Qualzuchten identifizieren und genauer definieren, um sie schließlich zum Wohle „unserer Lieblinge“ Hund, Katze und Co beenden zu können. Ja und auch bei den Nutztieren müssen wir genau hinschauen, was noch unter Leistungsaspekten und Wirtschaftlichkeit tolerierbar ist und was nicht mehr mit dem Tierwohl vereinbar ist.
Deshalb unterstützen wir den ersten Aufschlag zu diesem Thema durch die FDP, obwohl der Antrag noch viele Fragen unbeantwortet lässt. Ich schlage deshalb eine Ausschussüberweisung des Antrages vor.
Über die Verbesserung des Tierwohls in der Landwirtschaft wird immerhin seit Jahren diskutiert. Die eigens dafür eingesetzte Borchert-Kommission hat seinerzeit auch gute Vorschläge vorgelegt. Zentraler Punkt der Vorschläge war der schrittweise tierwohlgerechte Stallumbau in der Nutztierhaltung bis 2040. Durch staatliche Förderung sollten entsprechende Maßnahmen, wie mehr Platz und Auslauf im Stall oder die Unterstützung der artgerechten Verhaltensweisen, umgesetzt werden. Mit der Unterstützung der Landwirtschaft sollte zum einen dem Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr Tierwohl nachgekommen werden und zum anderen eine Verlagerung der Tierproduktion ins Ausland verhindert werden. Diesen Grundgedanken und die Empfehlungen hat der SSW aus den genannten Gründen unterstützt. Von vornherein war auch klar, dass das auch teuer wird. Aber, wenn politisch gewollt ist, dass es eine Transformation in der Landwirtschaft geben muss, dann müssen wir eben auch diesen Schritt gehen. Das ist nur konsequent.
Hieraus geboren ist das Bundesprogramm für den Umbau der Tierhaltung. Ab 2024 war dafür eine Laufzeit von sieben Jahren vorgesehen. Es sollten investive Maßnahmen sowie laufende Mehrkosten gefördert werden. Insgesamt wurde für das Programm und den Zeitraum bis 2030 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt.
Die Aussage des Bundeslandwirtschaftsministers, Alois Rainer, im Herbst dieses Jahres, das Förderprogramm vorzeitig zu beenden, hat entsprechend für Unruhe in der Landwirtschaft gesorgt. Und das zu Recht.
So war die Antragsfrist für die investive Förderung nur noch bis April 2026 geplant, mittlerweile wurde nachjustiert und bis zum 31. August 2026 verlängert. Anträge auf Zuwendung für konsumtive Förderung können mittlerweile, wie ursprünglich, bis zum 31. März 2028 gestellt werden. Dies ist schon mal ein wichtiger Teilerfolg.
Die Kritik von Seiten der Landwirtschaft, insbesondere der schweinehaltenden Betriebe, blieb nicht aus. Angesichts der Vorgaben, gemäß der Nutztierhaltungsverordnung für Sauen, kommen neue Regelungen bezüglich der Gruppenhaltung oder der Abschaffung des Kastenstandes, auch Ausstattung und Platzbedarf sind dann den neuen Regeln anzupassen. Das heißt, auf die betroffenen Landwirte kommen enorme Kosten zu, die jetzt noch durch das BUT gefördert werden.
Ich hatte jüngst mit unserer Landwirtschaftsministerin die Gelegenheit, mir den neuen Sauenstall im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp anzusehen. Dort wurden rund 1,8 Millionen Euro in den Neu- und Umbau investiert. Was dort zu sehen war, war durchaus beeindruckend. Aber es zeigt auch, was das für Kosten sind, die von den Betrieben gestemmt werden müssen, um die Aspekte des Tierwohls zu erfüllen. Ohne Fördermittel ist das nicht leistbar. Wir reden hier über enorme Summen, die von den Betrieben gestemmt werden müssen.
Nach Ansicht des Bundesministers, habe das BUT nach rund einem Jahr nicht die gewünschte Impulswirkung gehabt. Wie auch, die Betriebe müssen solche Ausgaben langfristig planen.
Daher halte ich es für ein vorgeschobenes Argument, um die Förderung des Baus tiergerechter Schweineställe künftig über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) laufen zu lassen. Es wird sozusagen den Ländern aufs Auge gedrückt.
Das bedeutet für das Land Schleswig-Holstein, jegliche Investitionen in Um- oder Neubauten von Ställen müssen dann entsprechend kofinanziert werden. Angesicht der Haushaltslage kann ich mir schwer vorstellen, wie wir das in Schleswig-Holstein wuppen sollen.
Aus Sicht des SSW darf es daher keinen Schritt zurück geben gegenüber den ursprünglichen Fristen des BUT. Wenn der Bund es ernst meint mit dem Tierwohl in der Landwirtschaft muss er zu seinem Wort stehen und das Bundesprogramm weiterlaufen lassen. Hier brauchen unsere Betriebe die Verlässlichkeit und Planungssicherheit.
Ich bitte daher um Zustimmung für unsere Anträge und erinnere noch einmal an die Ausschussüberweisung hinsichtlich der Qualzuchtanträge. Vielen Dank