Rääde · 23.04.2008 Tragfähigkeit der Finanzen des Landes


Sinn und Zweck dieses Berichtes ist es eine Analyse der aktuellen und zukünftigen Haushaltssituation des Landes vor dem Hintergrund der zunehmenden Alterung der Bevölkerung in Schleswig-Holstein darzustellen. Ausgangspunkt ist die jetzige Lage des Haushaltes, der mit ca. 22 Milliarden Euro Verschuldung und mit Zinsausgaben von über 900 Mio. Euro bei Nettoausgaben von knapp 8 Mrd. Euro in der Tat besorgniserregend ist. Diese finanziellen Eckdaten bedeuten, dass bedingt durch die jetzigen strukturellen Gegebenheiten des Haushaltes eine mittelfristige Konsolidierung –also ein ausgeglichener Haushalt und ein Beginn der Rückzahlung der Kredite - trotz enormer Anstrengung seitens der Landesregierung auf absehbare Zeit nicht realistisch sind.

Im Bericht stellt die Landesregierung nun dar, wie sich die finanzielle Situation des Landes entwickelt, wenn wir es in den kommenden Jahren mit einer niedrigen Geburtenrate und einer steigenden Lebenserwartung zu tun haben. Grundlage der Berechnungen der Landesregierung ist hier ein Bericht des Bundesfinanzministeriums zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen aus dem Jahre 2005.

Die Mitarbeiter des Finanzministers haben sehr anschaulich versucht, die Daten des Bundesfinanzministeriums auf Schleswig-Holstein zu übertragen. Im Mittelpunkt dieser Modellrechnungen stehen dabei die so genannten Tragfähigkeitslücken 1 und 2, mit denen aufgezeigt werden soll, um wie viel die Einnahmequote erhöht werden müsste oder um wie viel die staatlichen Ausgaben bis 2050 eingeschränkt werden müssen, wenn man von den demographiebedingten Belastungen des Landeshaushaltes im selben Zeitraum ausgeht.

Für den Landeshaushalt sind die Beamtenversorgung, die Bildungsausgaben, die Familien- und Sozialhilfe sowie der kommunale Finanzausgleich betroffen, wenn es darum geht, die demographieabhängigen Landesausgaben zu definieren. Dies gilt insbesondere für die Beamtenversorgung, wo der dramatische Anstieg der Versorgungsberechtigten von 2006 zu einem Kostenanstieg mit ca. 800 Mio. Euro auf über 2 Milliarden Euro in 2050 führen wird.
Das gleiche gilt auch für die Gesundheitskosten, die durch die Alterung der Gesellschaft vermutlich stark ansteigen und sich im Beamtenbereich durch den Anstieg der Beihilfekosten auf den Landeshaushalt in diesem Bereich auswirken werden.

Die Maßnahmen, die bisher zur Vorsorge in diesem Bereich getroffen worden sind - z.B. mit der Versorgungsrücklage - werden diesem Kostenanstieg überhaupt nicht gerecht. Aus heutiger Sicht müssen wir uns daher alle die Frage stellen, ob die Verbeamtung der Lehrkräfte vor einigen Jahren, die zwar kurzfristig den Haushalt entlastet hat, wirklich eine so gute Idee war. Denn das dicke Ende kommt in einigen Jahren, und man fragt sich schon, wie der Landeshaushalt diesen Brocken der Beamtenversorgung bewältigen soll.

Im Bildungsbereich kann der Rückgang der Schülerzahlen –trotz eines erwartenden Anstieges der Studierendenzahlen bei den Hochschulen – in Zukunft etwas zur Entlastung der Landeshaushalte beitragen. Bei den Kosten für Familien, Sozialhilfe und für den kommunalen Finanzausgleich wird es entscheidend auf eine weitere positive wirtschaftliche Entwicklung ankommen. Hier kann davon ausgegangen werden, dass sich der zukünftige Mangel an Arbeitskräften und damit der prognostizierte Rückgang der Arbeitslosigkeit positiv auf diese Kosten auswirken wird.

Nach den verschiedenen Modellberechungen des Landesfinanzministeriums werden aber insgesamt durch die demographische Entwicklung bis 2050 zusätzliche Belastungen auf den Landeshaushalt zu kommen. Je nach Schätzungen liegen die Tragfähigkeitslücken 1 und 2 des Landeshaushaltes bis 2050 bei 1,18% und 1,85%. Dies würde bedeuten, dass die Ausgabensteigerung des Haushaltes jährlich zwischen 1,18% und 1,85% vermindert werden oder eben die Einnahmesteigerung in der gleichen Höhe jährlich verbessert werden müsste. Bei der Tragfähigkeitslücke 1 geht man nur von einer Stabilisierung des Schuldesstandes aus, während man bei der Tragfähigkeitlücke 2 sogar von einer Nullverschuldung in 2050 ausgeht.

Was sagen uns nun aber diese Zahlen? Erst einmal ist aus unserer Sicht Skepsis angebracht, weil diese Prognosen auf ganz vielen verschiedenen Voraussetzungen beruhen, die sogar über 40 Jahre in die Zukunft fortgeschrieben werden. Bei allem Respekt vor den tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wäre es ja nicht das erste Mal, dass sich solche Prognosen als ein Irrtum erweisen. Man denke nur an die Fehlquote der Wirtschaftswissenschaften, wenn es darum geht, so etwas relativ Einfaches wie das Wirtschaftswachstum für das nächste Jahr vorauszusagen.

Dennoch geben uns einige der Daten und Modellberechnungen schon heute Hinweise auf die Ausgabenblöcke, auf die sich die Finanzpolitik in den nächsten Jahren konzentrieren sollte. Und natürlich zeigen uns diese Berechnungen auch, dass die Aufgabe der Finanzpolitiker in Schleswig-Holstein bei allen Konsolidierungsbemühungen auch in nächster Zukunft nicht einfacher werden wird. Aber dies, da bin ich sicher, war auch die Absicht des Finanzministers bei der Vorlage dieses Berichtes.

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