Rääde · 19.05.2010 Zusammenarbeit Schule und Bundeswehr

Dass sich Lehrerinnen und Lehrer bei der Auseinandersetzung mit einem Thema zur politischen Bildung Unterstützung von Außen holen, ist tägliche Routine an den Schulen. Der Anlass der heutigen Debatte ist aber ein anderer. Es geht zum einen um einen konkreten Vorfall im Kreis Plön, wo laut Presseberichten 50 Schüler des Berufsbildungszentrums an einem Informationstag in der Heeresflugabwehrschule Todendorf über „marktgängige Berufe bei der Bundeswehr“ teilnahmen und bei der Gelegenheit auch mit einem Schießsimulator spielen und mit Handfeuerwaffen Schießübungen machen durften. Zum anderen geht es um die grundsätzliche Frage, wie künftig mit der Bundeswehr im schulischen Alltag umgegangen werden soll.

Was getan werden sollte, ist also das Verhältnis zwischen Schule und Bundeswehr auf eine neue, sichere Basis zu stellen. Genau daran scheint es nämlich zu fehlen, wenn bereits ein einziger - wenn auch ausgesprochen unappetitlicher Vorfall - ausreicht, eine ausgewachsene Landtagsdebatte in Gang zu bringen. Hier müssen wir nachholend die Prinzipien der Kooperation diskutieren und beschließen; und zwar auch, weil sich seitens der Bundeswehr die Kooperationsgrundlagen anscheinend wesentlich geändert haben.
Derzeit bemüht sich die Bundeswehr, ihren Zugang zur schulischen Bildung auszuweiten. Denn mittlerweile gibt es 4-5 Kooperationsvereinbarungen zwischen der Bundeswehr und einzelnen Bundesländern, die sehr weitgehende Beteiligungsmöglichkeiten der Jugendoffiziere der Bundeswehr vorsehen. Ein Blick, zum Beispiel in die Kooperationsvereinbarung mit Baden-Württemberg macht deutlich, dass das steigende Engagement der Bundeswehr auch vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass sie vor einem massiven Rekrutierungsproblem steht: es fällt ihr schwer, motivierte und geeignete Bewerber zu finden. Die Bundeswehr verstärkt daher ihre Anstrengungen, direkt in den Schulen Imagewerbung zu betreiben.

Alleine im letzten Jahr haben die Jugendoffiziere bundesweit mehr als 4.400 Informationsveranstaltungen abgehalten. Einige Bundesländer, unter anderem Nordrhein-Westfalen und das Saarland unterstützen diese Anstrengungen, indem sie den Jugendoffizieren den Zugang zur Ausbildung der Referendarinnen und Referendare ermöglicht.

Das lehnt der SSW ab - und zwar aus zwei Gründen: Erstens: Die Bevorzugung der Bundeswehr schließt andere Berufsverbände aus. Gewerkschaften, Kammern oder Freiberufler-Organisationen können mit dem gleichen Recht wie die Bundeswehr einen Zugang zur Aus- und Fortbildung angehender Lehrerinnen und Lehrer fordern. Das würde nicht nur zu einer heillosen Überfrachtung der Fortbildung führen, sondern auch die inhaltliche Ausrichtung von Schule auf die der Berufsvorbereitung verengen.

Zweitens, und das ist in meinem Augen das zentrale Argument gegen Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr: politische Bildung gehört in die Hand der dafür ausgebildeten pädagogischen Fachleute und nicht in die von Jugendoffizieren. Genau das fordert auch die Gewerkschaft GEW. Das Primat der Pädagogik in der Schule dürfen wir mit anderen Worten an keiner Stelle aufgeben. Die Bundeswehr kann Informationen zur Verfügung stellen, aber damit ergänzt sie lediglich den Unterricht und ersetzt ihn nicht.

Mit anderen Worten: Jede Diskussion im Unterricht muss den Grundsätzen der Ausgewogenheit, Schülerorientiertheit und nicht zuletzt des Verbotes der Indoktrination gehorchen. Das gilt auch bei der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr.

Bedauerlicherweise ist es offensichtlich dringend nötig, diese Grundsätze den Schulen noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Auch die Gemeinsame Erklärung der Präsidenten der Kultusministerkonferenz aus dem Jahre 2000 sollte noch einmal bekräftigt werden. Darin heißt es: „Die Zukunftsaufgaben von Bildung und Erziehung werden vor allem geprägt sein durch (…) die Sicherung von Frieden und Gewaltfreiheit“. Ob dies in Form eines Erlasses geschehen soll oder in anderer Form, sollten wir im Ausschuss diskutieren.

Ich würde mir wünschen, wenn wir am Ende der Diskussion fraktionsübergreifend zu einer Lösung kommen können, die zukünftig effektiv derartige Auswüchse wie am Schießsimulator im Kreis Plön verhindert. Gewaltfreiheit und Toleranz, auch das möchte ich noch einmal betonen, kann man aber letztlich nicht verordnen, beides muss im Erleben begriffen werden.

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