Speech · 16.10.2025 Wir wollen eine echte grüne Wasserstoffwirtschaft
„Was aber nicht geht, wirklich gar nicht, ist Greenwashing von Wasserstoff. Und genau das ist es, was passiert, wenn die FDP von CO2-Projekten unter dem Meer spricht. Wir produzieren grauen Wasserstoff, verpressen das CO2 und nennen ihn dann blauen Wasserstoff. Und dann tun wir alle so, als wäre das eine saubere Lösung. Ist es aber nicht!“
Sybilla Nitsch TOP 28 - Schleswig-Holstein zu einem ansiedlungs- und klimafreundlichen Industrieland machen (Drs. 20/3689)
Tatsächlich sprechen wir schon seit Jahren davon, dass wir in Schleswig-Holstein die besten Voraussetzungen haben, um DIE klimaneutrale Industrieregion in Deutschland zu werden. Und mit der Ansiedlung von Northvolt sah es kurzzeitig so aus, als würde das jetzt endlich losgehen.
Aber wenn wir ehrlich sind, geht noch immer nicht viel los bei uns im Land. Wir produzieren jede Menge erneuerbare Energie, die wir dann dahin transportieren, wo Energie verbraucht wird. Oder wir schalten sie ab, weil bei uns eben keine Energie gebraucht wird. Schleswig-Holstein liegt wirtschaftlich noch immer in einer Art Dornröschenschlaf. Was längst nicht nur von Nachteil ist, denn Industrie verbraucht auch eine Menge Platz und würde unser Land sichtbar verändern. Gerade in einem kleinen Land wie Schleswig-Holstein wäre diese Veränderung schon gravierend. Aber wir brauchen eben auch Arbeitsplätze mit Zukunftspotential, damit die jungen und gut ausgebildeten Menschen hier im Land eine Perspektive haben. Insofern begrüßen wir den Antrag der FDP insoweit, als dass es richtig ist, die Stärken Schleswig-Holsteins bei der Produktion von Netto-Null-Technologien auszuspielen und sich auf den Weg zu machen, ein Net Zero Valley zu etablieren. Mehrere Regionen im Land, hierunter Nordfriesland, Dithmarschen und Steinburg haben Interesse an einer solchen Initiative bekundet. Tatsächlich sehe ich auch Chancen im Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft. Aber eben bitte genau das: eine grüne Wasserstoffwirtschaft.
Nämlich da, wo nicht abfließender Strom aus erneuerbaren Energien sonst nicht gebraucht würde. Was aber nicht geht, wirklich gar nicht, ist Greenwashing von Wasserstoff. Und genau das ist es, was passiert, wenn die FDP von CO2-Projekten unter dem Meer spricht. Wir produzieren grauen Wasserstoff, verpressen das CO2 und nennen ihn dann blauen Wasserstoff. Und dann tun wir alle so, als wäre das eine saubere Lösung. Ist es aber nicht! Außerdem: welchen Mehrwert soll dieser Wasserstoff haben? Dann können wir auch weiterhin Energie aus Gas gewinnen und dann das CO2 verpressen. Da sparen wir uns den Umweg über den Wasserstoff. Nur lässt sich Erdgas so schwer als klimaneutral labeln. Das ist Augenwischerei, das machen wir nicht mit! Was neue Ansiedlungen angeht, unterstütze ich den Ansatz, die WTSH bei der Vermarktung großer Flächen stärker einzubinden. Wobei natürlich die regionalen Wirtschaftsförderer immer federführend bleiben, zumal es ja meist kommunale Flächen sind, die vermarktet werden. Aber für große Unternehmen ist es gut, wenn es einen Ansprechpartner gibt, der auch über kommunale Grenzen bei der Suche nach geeigneten Flächen unterstützen kann.
Allerdings sehe ich bei den Sparzwängen, denen der kommende Haushalt unterliegt, auch in Bereichen, wo es wirklich wehtut, keine Möglichkeit, die WTSH personell aufzustocken. Vielmehr würde ich mir wünschen, dass ein Mitarbeiterstab von 130 Menschen auch heute schon als schlagkräftige Ansiedlungsagentur funktioniert. Wo sie das nicht tut, bin ich zuversichtlich, dass dies durch interne Prioritätensetzungen ermöglicht werden kann. Was mir aber, bei aller Begeisterung für neue Unternehmensansiedlungen wichtig ist: wir verfehlen im Land massiv unsere Nachhaltigkeitsziele im Flächenmanagement.
Der Flächenfraß in Schleswig-Holstein ist noch immer immens und die Natur gerät dadurch immer weiter unter Druck. Gleichzeitig sprechen wir von einem grünen Industrieland. Sind wir grün, wenn wir erneuerbaren Strom produzieren? Oder brauchen wir dafür auch intakte Natur? In meinen Augen darf das nicht vernachlässigt werden. Große Unternehmen auf der grünen Wiese sind immer nur die zweite Wahl. Wir müssen viel besser darin werden, besiedelte Räume nachzuverdichten und entstandene Brachen nachzunutzen. Damit unser Land auch künftig lebenswert bleibt. Für die Menschen, die schon hier leben, aber auch für die Fachkräfte, die wir anwerben wollen.