Tale · 24.09.2020 Bei der jüngeren Generation sind Ost und West keine Kategorien der Denkweise mehr

Schön wäre es, wenn die Überwindung von Gegensätzen bei der deutschen Wiedervereinigung auch ein Vorbild für mehr Gemeinsamkeit auf europäischer Ebene wäre. Das wäre nötiger denn je.

Lars Harms zu TOP 3 - 30 Jahre Deutsche Einheit: Erinnern, Bewahren und Blick nach vorne richten (Drs. 19/2436)

30 Jahre deutsche Einheit. Dreißig Jahre, das ist eine Generation. Die deutsche Einheit von 1990 war ein historischer Moment. Zwei getrennte Länder, die wieder zusammenkommen. Das ist in der Weltgeschichte ein Ereignis mit Seltenheitswert. Denn meistens ist es so, dass das, was einmal getrennt war, getrennt bleibt. Von daher kann man an dieser Stelle auch einmal stolz sein, auf das was geleistet wurde. Ein einmaliges Ereignis also. Das dürfen wir uns immer wieder vor Augen führen. Die deutsche Einheit ist keine Selbstverständlichkeit. Sie wurde uns nicht einfach so geschenkt. Sondern sie war ein jahrelanger politischer Prozess. Und daher befassen sich die vorliegenden Anträge insbesondere mit dem Aspekt der politischen Bildung. Der öffentliche Diskurs ist noch nicht zu Ende. Von daher ist es gut, das Thema Deutsche Einheit auch hier im Landtag anzusprechen. 

Der politische Prozess, der die Einheit ermöglicht hat, ist von der Straße aus ausgegangen. In diesem Prozess wurden auch Fehler gemacht, ja, aber eben auch vieles richtig. Und das was richtig gemacht wurde, kommt in der Außendarstellung leider viel zu kurz. Zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im Westen war man da noch meilenweit von einer Vereinbarkeit entfernt. Die Frauen sollten am liebsten zu Hause bleiben und dafür Sorge tragen, dass die Waschmaschine läuft. Viele andere Möglichkeiten blieben auch nicht, da entsprechende Betreuungsplätze für die Kinder fehlten. Vor allem in ländlicheren Regionen. In der DDR war es hingegen völlig normal, dass Frauen auch, ohne längere Unterbrechungen, erwerbstätig sind. In dieser Hinsicht hat der Westen profitiert. Ohne die Wende wäre die Ausweitung der Kinderbetreuung und wohl auch die Gleichberechtigung der Frauen wohlmöglich nicht so schnell vorangeschritten. Was sich auch feststellen lässt ist, dass eine Reihe ostdeutscher Städte und Regionen gewachsen sind und es den Bürgern grundsätzlich besser geht. Die Animositäten zwischen Ost und West sind geringer geworden. Vor allem bei der jüngeren Generation sind Ost und West keine Kategorien der Denkweise. Das ist doch sehr erfreulich. Hier wurde also ein wichtiges Ziel erreicht. 
Was noch nicht erreicht wurde, ist das Thema gleiche Löhne. Es ist mir bisher unverständlich, warum für Landesbeamte in den ostdeutschen Bundesländern weniger gezahlt wird, als im Rest der Republik? Meiner Meinung nach haben wir als Landesbehörden, da eine ganz klare Vorbildfunktion. Wir müssen für die gleiche Arbeit, den gleichen Lohn zahlen. Egal ob man nun in Schwerin oder in Kiel arbeitet.  

Ein anderes Thema, dass mir an dieser Stelle noch wichtig ist zu erwähnen, ist etwas, das den Westen und Osten schon immer geeint hat. Es geht um den Heimatverlust von ganzen Dorfgemeinschaften. Laut BUND wurden seit 1945 in Ost- und Westdeutschland insgesamt etwa 300 Ortschaften durch die Gewinnung von Kohle zerstört. Mehr als 120.000 Menschen wurden umgesiedelt. Und auch heute noch ist das der Fall. Das kann einfach nicht sein, dass man trotz des Beschlusses zum Kohleausstieg, noch weitere Ortschaften zerstört. Ein solches Bild gehört für uns als SSW jedenfalls nicht zu einer modernen, geeinten Bundesrepublik. Deshalb muss dieser Wahnsinn lieber heute als morgen aufhören. 

Abschließend lässt sich aus meiner Sicht durchaus feststellen, dass die deutsche Einheit als positiv für Deutschland zu werten ist. Entscheidend ist, dass sich dies auch entsprechend im in schulischer und kultureller Bildung niederschlägt. Und schön wäre es, wenn die Überwindung von Gegensätzen bei der deutschen Wiedervereinigung auch ein Vorbild für mehr Gemeinsamkeit auf europäischer Ebene wäre. Das wäre nötiger denn je. 

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