Tale · 05.10.2011 Entwurf eines Gesetzes zur Konsolidierung kommunaler Haushalte

Im ersten Moment freut man sich ja, dass den am meisten bedrohten Kommunen geholfen werden soll. Allerdings gibt der Gesetzentwurf mehr Rätsel auf, als dass er sie lösen würde. Es ist nämlich nicht nachvollziehbar, warum die Konsolidierungshilfen zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten hälftig geteilt werden sollen. Die Städte haben durchaus Sonderlasten zu tragen, da sich soziale Probleme nun einmal eher im städtischen Bereich ballen und in den Städten sicherlich auch eine kulturelle und soziale Infrastruktur bereit gehalten wird, die auch auf die umliegenden Kommunen ausstrahlen, ohne dass diese finanziell dazu beitragen. Aber selbst, wenn man an der hälftigen Aufteilung festhalten würde, stellt sich die Frage, warum Kommunen, die sich sehr um Einsparungen bemüht haben und auch ihre Verwaltungsstruktur modernisiert und gestrafft haben, geringere Zahlungsansprüche haben sollen als eher verschwenderische Kommunen. In Flensburg und Kiel hat man schon massive Vorarbeiten geleistet und so auch das jährliche Defizit gesenkt und als Dank dafür, gibt es nun weniger Hilfen als andere Kommunen, weil der Maßstab für Hilfen nun einmal das Defizit an sich ist. Da freut sich manch eine Stadt mit hohen Ausgaben, aber gerecht ist etwas anderes.

Ein besonderes Problem ergibt sich für Nordfriesland. Hier waren die Defizite in der Vergangenheit nicht so hoch, weil der dortige Haushalt vom so genannten „Norderfriedrichskoog-Effekt“ gekennzeichnet war. Die Einnahmen waren in der Vergangenheit hierdurch besser als normal, was jetzt zu einer geringeren Fördersumme oder gar zum Versagen der Hilfe führen kann. Und das obwohl höhere Defizite trotz ständiger und jahrelanger Haushaltskonsolidierung zu erwarten sind. Hier bräuchte man eine Sonderlösung, die diesen Fall mit abdeckt.

Merkwürdig erscheint auch, dass den Kommunen keine Wahl gelassen werden soll. Entweder die 18 antragsberechtigten Kommunen nehmen die Konsolidierungshilfe an oder sie gehen völlig leer aus. Sie hätten dann nämlich laut Gesetzestext keinen Anspruch auf Fehlbetragszuweisungen, selbst wenn sie die formalen Voraussetzungen wie andere Kommunen erfüllen würden. Das riecht ein wenig nach Erpressung. Und dieses Spiel setzt sich dann ja auch noch fort. Konsolidierungsmittel gibt es nur, wenn der aufgezwungene Vertragsinhalt hierzu erfüllt wird. Damit können Kommunalpolitiker ihr Mandat ebenso gut abgeben. Das Land gibt den Takt vor und die Kommunalpolitik darf ihre Gestaltungshoheit und Entscheidungsfreiheit an der Garderobentür abgeben. So stelle ich mir nicht die Stärkung des ehrenamtlichen politischen Engagements vor.

Überhaupt liegen die kommunalen finanziellen Probleme nicht darin begründet, dass innerhalb der kommunalen Familie das Geld falsch umverteilt wird. Vielmehr ist doch der Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich eines der Hauptprobleme. Würde man den Eingriff in den nächsten sechs Jahren um jeweils 20 Millionen Euro auf Null herunterfahren würde man nicht nur viele Finanzprobleme lösen, sondern den Kommunen auch mehr Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Das wäre eine eigentliche Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit.

Weiter wäre den Kommunen mehr geholfen, wenn die Landesregierung sich verpflichten würde, im Bundesrat nur dann für eine Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene zu stimmen, wenn hier auch eine finanzielle Kompensation in gleicher Höhe erfolgen würde. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Übertragung von Aufgaben auf Landesebene.

Und zu guter Letzt, wäre es endlich an der Zeit eine Funktionalreform in Schleswig-Holstein durchzuführen, die dann auch in eine Gemeindereform mit größeren Gemeinden mündet. Wir haben immer noch eine Vielzahl von Aufgaben die doppelt erledigt werden. Manche auf Gemeindeebene, manche bei den Kreisen und manche auch noch auf Landesebene. Hier zu einer Verschlankung zu kommen, die dann in eine Umwandlung der Kleinstkommunen in schlagkräftige Einheiten mündet, würde viel mehr helfen als eine Umverteilung der ohnehin knappen kommunalen Mittel. Anstatt willkürlicher Umverteilung, wollen wir neue finanzielle Spielräume schaffen und das geht am besten mit der Rücknahme des Eingriffs in den kommunalen Finanzausgleich und mit der Durchführung einer vernünftigen Funktional- und Gemeindereform.

Das vorliegende Gesetz ist nett gemeint, aber es ändert an den grundsätzlichen Problemen der Kommunen rein gar nichts.

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