Tale · 25.02.2010 Geeignete Sammelsysteme für nicht verwendete oder abgelaufene Arzneimittel bereitstellen

Wer heute wie gewohnt seine Altmedikamente zur Entsorgung in der Apotheke abgeben will, kann durchaus auf Ablehnung stoßen. Die Abgabe beim Händler war lange Zeit selbstverständlich, liegt aber seit Juni vergangenen Jahres im Ermessen des einzelnen Apothekers. Dieser entscheidet seitdem selbst, ob er Altarzneien annehmen und auf eigene Kosten entsorgen will.

15 Jahre lang finanzierte die Wirtschaft das Abholsystem „Remedica“, in dem die Apotheken als Sammelstelle dienten und die Firma Vfw die Entsorgung übernahm, selbst. Verbraucher konnten so kostenlos und sicher ihren Medikamentenabfall abgeben. Verhandlungen über ein Nachfolgemodell für die bundesweit rund 4 Millionen Euro teure Lösung wurden Ende 2009 ergebnislos beendet. Vereinzelte regionale Modelle mit eher geringem Zulauf ändern nur wenig daran, dass der Verbraucher immer häufiger auf seinen alten und nicht verwendeten Pillen und Tropfen sitzen bleibt.

Rein rechtlich sind Arzneimittel dem Restmüll zuzuordnen. Aber die Auffassung, dass es sich hierbei um ein äußerst sensibles Produkt handelt und eine sachgerechte Entsorgung notwendig ist, dürften alle Anwesenden teilen. Denn auch wenn die Verbrennung abgelaufener Medikamente in Müllanlagen als sicher gilt, birgt dieser Entsorgungsweg erhebliche Risiken. Der problemlose Zugang zu den abgelaufenen Medikamenten im Hausmüll ist ein alarmierendes Beispiel. Kinder können hierdurch schwer zu Schaden kommen. Auch Missbrauchs- und Vergiftungsfälle durch Suchtkranke sind bekannt, und auf diesem Weg nicht auszuschließen.

Doch es gibt weitere Risiken, die mit einer Entsorgung im häuslichen Umfeld verbunden sind. Fast die Hälfte der Verbraucher gibt in Umfragen an, alte Tabletten oder flüssige Arzneimittel gelegentlich in der Toilette und im Abfluss herunterzuspülen. So gelangen zusätzliche Mengen der schwer abbaubaren Wirkstoffe in das häusliche Abwasser. Der Einfluss des Medikamentengebrauchs auf die Umwelt nimmt auch aus diesem Grund stetig zu: Forschungsergebnisse bestätigen das Vorkommen verschiedenster Humanpharmaka in Oberflächengewässern, im Grundwasser und sogar im Trinkwasser. Außerdem belegen immer mehr Daten, dass ein Teil dieser Stoffe negative und bisher kaum kalkulierbare Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt haben. Hinzu kommt, dass die demographische Entwicklung einen steigenden Arzneimittelbedarf mit sich bringt und dieses Problem noch verschärft.

Durch das Fehlen einer flächendeckenden Lösung gibt es zu diesen unsachgemäßen und schlicht gefährlichen Entsorgungswegen heute oftmals kaum eine Alternative. Die Verbraucher vermissen schlicht und einfach ein sicheres und leicht zugängliches System, um ihre Altmedikamente loszuwerden. Ansätze einer flächendeckenden Lösung dieses Problems durch Pharmaindustrie und Apotheken sind nicht in Sicht. Doch nicht allein die Verantwortung gegenüber den Kindern und der Umwelt macht ein schnelles Handeln notwendig.

Der SSW bezieht sich in seinem Antrag ganz konkret auf die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel. Nach dieser haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausdrücklich dazu verpflichtet, schon zum Oktober 2005 geeignete Sammelsysteme für nicht verwendete oder abgelaufene Arzneimittel bereitzustellen. Die Notwendigkeit, eine gesetzliche Lösung für dieses Problem zu finden liegt auf der Hand. Und die verschiedenen genannten Gründe belegen, dass dies dringend geschehen muss.

Unsere Forderung an die Landesregierung ist deshalb, schnellstmöglich aktiv zu werden und auf Bundesebene und im Bundesrat auf die Schaffung geeigneter Sammelsysteme hinzuwirken. Hier sollten die Apotheken ihrer Produktverantwortung dadurch gerecht werden, dass sie weiterhin als Sammelstelle für den Verbraucher dienen. Außerdem müssen sie aktiv auf die Möglichkeit der Rückgabe hinweisen. Die Abholung und Entsorgung des Medikamentenabfalls muss aus den genannten Gründen auf einem risikolosen und umweltverträglichen Weg erfolgen. Der SSW fordert daher, dass bei der Schaffung eines solchen Systems vor allem die Sicherheit des Entsorgungswegs maßgebend ist. Halbherzige Lösungen oder eine weitere Verzögerung bringen Schäden und Gefahren mit sich, die wir uns ganz einfach nicht leisten können.

Dem vorliegenden Berichtsantrag können wir zustimmen. Zur weiteren Behandlung beantragen wir daher die Überweisung an den zuständigen Ausschuss.

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