Tale · 16.05.2019 Gemeinsames Lernen statt Segregation der Schülerschaft

Wir brauchen auf absehbare Zeit keine Strukturdebatten mehr!

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 2 - Gesetz zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (Drs. 19/1107)

Für den SSW steht fest, dass das längere gemeinsame Lernen, wie wir es aus den skandinavischen Ländern kennen, das zielführende Modell ist, wenn man den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft entkoppeln möchte. 
Deswegen stehen wir so stark hinter unseren Gemeinschaftsschulen.
Das gemeinsame Lernen wird dort so umgesetzt, dass jede Schülerin und jeder Schüler im Erreichen des Schulabschlusses begleitet wird, der für ihn oder sie passend ist. Schülerinnen und Schüler werden dort individuell gefördert. Die Differenzierung in der individuellen Förderung soll aber nicht mit Blick auf den Schulabschluss stattfinden, sondern die individuellen Voraussetzungen vor Augen haben. Abschlussbezogene Klassen stellen daher genau keine Möglichkeit dar, auf die unterschiedlichen Leistungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler einzugehen. Sie manifestieren lediglich Unterschiede und verhindern Bildungsgerechtigkeit. 

Wenn die AfD von Gemeinschaftsschulen spricht, schwingt irgendwie immer mit, dass der Verschiedenheit der Schülerinnen und Schüler dort nicht Rechnung getragen wird. Und dem soll dann durch Segregation der Schülerschaft entgegen gewirkt werden. 
Dabei wissen wir, dass abschlussbezogene Klassen gar nicht die Auswirkungen haben, die sich ihre Befürworter versprechen. Auf die Lerneffekte scheinen sie keinen großen Einfluss zu haben, bis auf minimale Vorteile bei ohnehin Leistungsstarken. Leistungsschwächere hingegen haben Nachteile von einer Trennschärfe in der Schule, weil sie in ihrem Bildungsangebot begrenzt werden. 
Daher ist, so hat es ja auch die GEW beschrieben, davon auszugehen, dass abschlussbezogene Klassen gerade nicht dazu führen, dass auf die unterschiedlichen Leistungsmöglichkeiten der Schülerinnen und Schüler eingegangen wird. Stattdessen werden verschiedene Leistungsniveaus festgeschrieben und Bildungszugänge verbaut.  

Der  GGG, der Gemeinschaftsschulverband, lehnt die vorgeschlagenen Änderungen der AfD daher ab. Und das klipp und klar. Erstens stehe der Antrag der AfD – wir haben es bereits von anderen gehört – zur Idee der Gemeinschaftsschule im Widerspruch. Zweitens weil die angeführte wissenschaftliche Untersuchung von Prof. Esser sich nicht hinreichend auf die Absichten des Antrags beziehe und drittens, weil der Antrag in sich widersprüchlich sei. 

Bemerkenswert an den Stellungnahmen war für mich außerdem die Einordnung der Studie, die die AfD in ihrem Begründungsantrag angeführt hat. 
Denn so, wie es die AfD möchte, lassen sich die Thesen des angeführten empirischen Beitrags nicht anwenden.
Der Asta der Europa-Universität hat sich ja geradezu „erstaunt“ gezeigt, da bereits im Abstract der Studie zu lesen sei, dass sich die Studie auf die Verbindlichkeit einer Empfehlung beim Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe beziehe und sich mit der im Gesetzesentwurf angeführten Studie keine validen Vorhersagen für die Abschlussklassen an Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein treffen ließen. 

Das Präsidium der Christian-Albrechts-Universität hat es ebenfalls deutlich formuliert: 
„Aus wissenschaftlicher Perspektive ist die von der AfD-Fraktion vorgebrachte Begründung für eine Änderung des Schulgesetzes nicht nachvollziehbar, da die Heterogenität von Lerngruppen sich nur geringfügig auf die Leistungsentwicklung des Individuums auswirkt.“  

Erneut stellt sich heraus, dass wir besonders aufmerksam sein müssen, wenn die AfD ihre ideologischen Anliegen wissenschaftlichen belegen möchte.
Da bin ich dann doch immer wieder überrascht und frage mich, worin dieses Fehlverständnis begründet ist. Ist es der Unwillen, zu recherchieren, sind es schlicht unbeabsichtigte Missverständnisse oder ist es der bewusste Versuch der Manipulation? 

Unsere Schulen haben auch jetzt schon in angemessener Weise die Möglichkeit, den individuellen Leistungsvermögen unserer Schülerinnen und Schüler entgegen zu kommen. Dafür brauchen sie keine abschlussbezogenen Klassenverbände. 
Abschlussbezogene Klassen und stärkere Binnendifferenzierung widersprechen der Gemeinschaftsschule in ihrer Gesamtstruktur. 
Und Lernerfolge bekommen wir dann, wenn Ruhe ins System einkehrt. 
Für mich steht abschließend eins fest; 
Wir brauchen auf absehbare Zeit keine Strukturdebatten mehr!

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