Tale · 22.01.2004 Gesetz zur Förderung des Friesischen

Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf zur Förderung des Friesischen im öffentlichen Raum vor. Das Ziel, das wir hiermit verfolgen, wird schon aus der Begründung des Gesetzes deutlich: Das Land hat eine besondere Verantwortung für das Friesische und dieser Verantwortung kann man besonders gut gerecht werden, wenn man die Präsenz des Friesischen in der Öffentlichkeit verbessert.

E friiske spräke än e friisk kultuur san en wjart for ham seelew än hiire ma tut mosaiikbil foon europääische manerhäide. Südänji schal följk üüs initsjatiiwe jüst uk uner en europääischen schuchte siinj. Wan we dåt friisk-gesäts beslite, san we as lönj Schlaswik-Holstiinj önj iinj ra ma maning oudere europääische lönje än regjoone, wat jüst suk räiglinge ål beslin hääwe.

Die friesische Sprache und die friesische Kultur sind ein Wert an sich und gehören in das Mosaikbild der europäischen Minderheiten. Deshalb muss man unsere Initiative gerade auch unter dem europäischen Blickwinkel betrachten. Wenn wir das Friesisch-Gesetz beschließen, reihen wir uns als Land Schleswig-Holstein in die Gruppe vieler anderer Länder und Regionen ein, die gleiche Regelungen schon geschaffen haben.

Wenn sie den Gesetzentwurf betrachten, wird Ihnen auffallen, dass wir das Friesisch-Gesetz sehr stark an die Sorbengesetze in Brandenburg und Sachsen angelehnt haben. Diese Sorbengesetze sind meines Wissens nach einvernehmlich in den Landtagen von Brandenburg und Sachsen verabschiedet worden. Dieses Ziel streben wir auch hier bei uns in Schleswig-Holstein für das Friesisch-Gesetz an.

Die Bonn-Kopenhagener-Erklärungen von 1955 werden zurecht als Fundament der Minderheitenregelungen im deutsch-dänischen Grenzland aufgefasst. Die darin formulierten Rechte für die dänische und deutsche Minderheit auf beiden Seiten der Grenze haben wir in den Jahrzehnten nach 1955 mit Leben erfüllt, weil Minderheit und Mehrheit sich dafür einsetzen. Dieses Modell hat sich für die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein bewährt. Für die Friesen gibt es keine Bonner Erklärung, denn sie sind eine Minderheit ohne Mutterstaat – wie auch die Sorben. Für die Friesen gehen wir jetzt den Weg einer gesetzlichen Regelung. Die Ausgangslage ist somit eine andere, aber ansonsten wollen wir den gleichen Weg gehen. Auch dieses Gesetz kann nur so gut werden, wie wir es selbst ausfüllen.

Der Gesetzentwurf ist deshalb so aufgebaut, dass er Selbstverpflichtungen für das Land Schleswig-Holstein enthält und er der kommunalen Seite neue Möglichkeiten zur Sprachförderung eröffnet, ohne dass hier neue verbindliche Vorschriften gemacht werden. Wenn also das neue Landesamt für Küstenschutz in Husum nun zusätzlich auf einem Schild am Gebäude auch die Bezeichnung "Åmt for küstsääkring" erhalten soll, verpflichten wir das Land dazu. Wenn die Stadt Niebüll ihr Rathaus auch auf Friesisch beschildern möchte, so darf sie es, sie ist aber nicht dazu gezwungen. Es ist mir deshalb ganz wichtig festzustellen, dass dieses Gesetz die Freiräume auf der kommunalen Ebene schafft, um die friesische Sprache weiter fördern zu können. Wir erhoffen uns gerade auch von dieser Vorgehensweise eingehendere Diskussionen darüber, wie die Orte in Nordfriesland die friesische Sprache weiter fördern können.

Im Bericht der Expertenkommission zur Sprachencharta ist uns erst vor kurzem aufgezeigt worden, wo noch Möglichkeiten bestehen, die friesische Sprache besser zu fördern. Egal, wie man sich mit den einzelnen dort aufgeführten Punkten auseinandersetzt und welche Schlüsse man im Einzelfall zieht, was man auf jeden Fall festgestellt hat ist, dass die Friesen noch mehr Unterstützung benötigen. Gerade der Bericht der Expertenkommission zur Sprachencharta hat gezeigt, dass es zum Beispiel an festen gesetzlichen Regelungen für die friesische Minderheit fehlt. An mehreren Stellen regt die Expertenkommission an, solche Regelungen einzuführen.

Wir setzen nun mit unserem Gesetzentwurf genau an dieser Stelle an. Die Sprachencharta und die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten sind europäische Instrumente die variabel sind. Sowohl die konkreten Bestimmungen als auch der Geist dieser Dokumente sind nicht statisch, sondern fordern geradezu zu aktivem Handeln auf. Dabei ist einem freigestellt, wie und auf welchen Gebiet man handelt – wichtig ist nur, dass man handelt, um die Zielsetzungen dieser Dokumente noch besser zu erreichen. Gerade das macht den Wert dieser Dokumente aus, denn diese Sichtweise deckt sich genau mit dem, was wir seit Jahren in Schleswig-Holstein praktizieren.

Ich möchte nun kurz auf die Bestimmungen des Gesetzes eingehen. Im Paragrafen 1 geht es um die Nutzung der friesischen Sprache in Behörden. Wir orientieren uns hierbei ausschließlich am Paragrafen 82 a des Landesverwaltungsgesetzes. Dieser sagt, dass Deutsch Amtssprache ist und dass fremde Sprachen unter bestimmten Auflagen benutzt werden dürfen. Hier haben die Friesen ein besonderes Problem. Die friesische Sprache ist keine Fremdsprache im Land, sondern eine hier heimische Sprache und damit fällt sie formell nicht unter die Bestimmungen des Paragrafen 82 a Landesverwaltungsgesetz. Diese Regelungslücke soll nun geschlossen werden.

Im Paragrafen 2, der sich mit der Frage der Sprachkenntnisse als Einstellungskriterium im öffentlichen Dienst befasst, haben wir den einstimmigen Beschluss des Landtags vom 18.10.2000 wortwörtlich in den Gesetzestext aufgenommen.

Durch die Bestimmungen in den Paragrafen 3 und 4 "Beschilderung an Gebäuden" und "Siegel und Briefköpfe" schaffen wir Möglichkeiten, auch hier aktive Spracharbeit zugunsten der friesischen Sprache zu leisten.

Ähnlich wie andere Minderheiten in Europa – zum Beispiel die Westfriesen in den Niederlanden, die Cornwaliser in Großbritannien oder auch die Sorben in Deutschland – identifizieren sich auch die Friesen sehr stark mit ihren Symbolen, der Flagge und dem Wappen. Diese Identifikation trägt zur Stärkung der friesischen Identität und damit der friesischen Sprache bei. Deshalb haben wir auch hier entsprechende Regelungen in den Gesetzestext aufgenommen.

Die Bestimmung im Paragraf 6 zu den Ortstafeln dient dazu, die positive Haltung des Landes Schleswig-Holstein zu zweisprachigen Ortstafeln in Nordfriesland noch einmal deutlich zu machen und eine bessere Rechtsgrundlage für das bisherige Verwaltungshandeln zu schaffen. Und mit der zweisprachigen Verkündung des Gesetzes in deutscher und friesischer Sprache orientieren wir uns an dem, was auch in bezug auf die Sorbengesetze in Brandenburg und Sachsen seinerzeit schon geschehen ist.

Noch ein Wort zu den Kosten der Regelungen, die wir vorschlagen. Die grundsätzliche Möglichkeit, dass sich die Bürger wie in anderen Sprachen auch in friesischer Sprache an Behörden im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland wenden können, verursachen wie bei allen anderen fremden Sprachen keine Kosten. Hier ist das Landesverwaltungsgesetz, auf das wir uns im Gesetz beziehen, eindeutig. Nur für den Fall, dass Übersetzungen notwendig werden, soll das Land nach unserer Auffassung aber bestrebt sein, hieraus entstehende Kosten zu tragen, so dass für das Land dann im Einzelfall geringfügige Kosten entstehen könnten. Die Sorbengesetze sind da im Übrigen viel eindeutiger und verlangen eine völlige Gleichstellung mit der deutschen Amtssprache und schreiben vor, dass den sorbischen Bürgern keine Kosten entstehen. So weit sind wir nicht gegangen – auch hier wollen wir lieber eine flexible Lösung.

Die Beschilderung an öffentlichen Gebäuden in Nordfriesland wird zu geringen zusätzlichen Kosten beim Land führen. Da aber bestehende Beschilderungen ergänzt werden können und auch die Art der Ausführung der Beschilderung an den betroffenen Gebäuden freigestellt ist, werden keine zusätzlichen Haushaltsmittel in den zuständigen Ministerien oder bei den Behörden erforderlich sein.

Für Siegel und Briefköpfe werden dem Land ähnlich wie bei den Beschilderungen an Gebäuden kaum Kosten entstehen. Ich gehe auch davon aus, dass man hier pragmatisch vorgeht und die friesische Sprache erst dann beispielsweise auf Briefbögen nutzt, wenn die alten Briefbögen aufgebraucht sind.

Da für die Kommunen und den Kreis Nordfriesland die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen freigestellt ist, greift das Konnexitätsprinzip nicht, wodurch ebenfalls keine Kosten für das Land entstehen. Alle anderen Bestimmungen lösen keine Mehrkosten aus. Somit kann man sagen, dass das Gesetz viel Freiheit bei so gut wie keinen Mehrkosten gewährt.

Mit dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf wollen wir keine Versäumnisse brandmarken oder Missstände anprangern, sondern einen weiteren Schritt in der Minderheitenpolitik des Landes Schleswig-Holstein gehen. Und wir wollen diesen Weg mit Ihnen allen gemeinsam gehen und sind deshalb auch für Änderungs- und Ergänzungswünsche offen. Wir setzen mit diesem Gesetzentwurf auf Freiwilligkeit und nicht auf Zwang. Uns geht es, neben den eigentlichen Regelungsinhalten des Gesetzes, auch darum, der friesischen Sprache den gleichen Status einzuräumen wie anderen Minderheitensprachen in Europa und ein Zeichen der Anerkennung gegenüber den Friesen zu setzen, welches mit Sicherheit nicht nur in unserem Land, sondern auch darüber hinaus wahrgenommen werden wird.

Ik seed jam foole tunk fort tuhiiren än stal di önjdråch, e forlååge önj e euroopaütschus tu schaken än uk tu e baner- än ruchtsütschus widertuliidjen, dåt dideere ütschus ham uk ma dåtdeer gesäts befoote koon.

Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes federführend in den Europaausschuss und mitberatend in den Innen- und Rechtsausschuss. Vielen Dank.

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