Tale · 19.02.2020 Kompetenzverwirrung statt Klarheit

Wenn man genau hinschaut, geht es gar nicht um die Bündelung, sondern um das Aufräumen nach Manier eines Teenagers: erst einmal alles auf einen Stapel legen. Sieht ordentlicher aus als vorher, bringt aber gar nichts.

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 6 - Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes (Drs. 19/1965)

Die beruflichen Schulen sind eine wichtige Säule der Bildung, denen eine wachsende Bedeutung zukommt. Konsequenterweise sollen sie deswegen eine eigene Aufsichtsstruktur erhalten. Die bisher verstreuten Kompetenzen sollen gebündelt werden. Deswegen legt die Landesregierung einen Gesetzesentwurf vor. 
So steht es in der Problembeschreibung des Entwurfes. Es geht also eigentlich ums Aufräumen und Ordnen; also dem, was man regelmäßig mit dem Schreibtisch macht: überflüssige Dinge werden entsorgt, Unterlagen weggeheftet und einmal gründlich Staub gewischt. Danach ist das Arbeiten leichter, weil man alles an seinem Platz weiß. Bis dann nach ein paar Monaten das Spiel von vorne beginnt.

Doch wenn man genau hinschaut, geht es gar nicht um die Bündelung, sondern um das Aufräumen nach Manier eines Teenagers: erst einmal alles auf einen Stapel legen. Sieht ordentlicher aus als vorher, bringt aber gar nichts. Der Entwurf zeigt genau das: Er ist ohne eine erläuternde Synopse gar nicht verständlich. Ob nun der Wirtschaftsminister nach Bedürfnissen der Arbeitsgeber entscheidet oder doch die Bildungsministerin das letzte Wort hat, kann ein Laie auch nach intensiver Lektüre nicht beantworten. So geschehen auf unserer Fraktionssitzung. Eine intensive Beratung und Überarbeitung des Entwurfes ist also von zentraler Bedeutung.

Prinzipiell ist eine Reform der Schulischen Bildungsstruktur in Schleswig-Holstein überfällig. Die Einrichtung eines eigenständigen berufsbildenden Instituts stärkt die Berufsbildenden Schulen. Hamburg hat es vorgemacht, dass so ein Institut die Berufliche Bildung bzw. den schulischen Teil der dualen Ausbildung stärkt und einen Qualitätsschub ermöglicht sowie die Anpassung der Lerninhalte an den Arbeitsmarkt optimiert. Ein wichtiger Punkt ist darüber hinaus, dass mit dem Institut Begehrlichkeiten der Wirtschaft nach Schmalspurausbildungen selbstbewusst und fundiert abgewehrt werden. Das ist langfristig von enormer Bedeutung. Diese Punkte stehen alle auf der Habenseite. 

Doch auch die lange Liste der offenen Fragen ist beeindruckend: Wie wird zukünftig in der Praxis zwischen Bildung, Berufliche Bildung und Ausbildung unterschieden? Wer entscheidet oder kategorisiert das? Die Fachleute im Institut oder die Referate in den beteiligten Ministerien? Inwieweit wird das Kuratorium fachliche Entscheidungen mitentscheiden können? Ist das Kuratorium aufgrund seiner Größe überhaupt in der Lage, konkrete Empfehlungen zu erarbeiten oder wird es sich auf allgemeine Richtlinien beschränken? Sind im Kuratorium alle relevanten Interessengruppen vertreten? Wie sind die Mitbestimmungsrechte der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern organisiert? An welcher Stelle der Entscheidungskette zwischen Bildungsministerin, Institut und Kuratorium ist der Wirtschaftsminister eingebunden? Wie können allgemeinbildende Schulen in Fragen des Übergangs in die Berufsschule integriert werden? 

Diese Fragen sollten wir im Ausschuss gemeinsam mit Expertinnen und Experten sorgfältig bearbeiten und beantworten. Schließlich wollen wir, dass das neue Institut über diese Legislaturperiode hinaus Bestand hat. 
Genau darum warne ich ausdrücklich vor einem zu engen Zeitplan. Ohne schriftliches und mündliches Anhörungsverfahren werden alle nötigen Anpassungen im laufenden Geschäft erfolgen müssen. Das ginge nicht zuletzt auf Kosten der Institutsbeschäftigten. Das wäre ein Bärendienst an dem eigentlich vorbildlichen Vorhaben, die berufliche Bildung neu aufzustellen. 

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