Speech · 10.12.2025 Mehr konkrete Hilfe für die Menschen am Rand der Gesellschaft!
„Der Einzelplan 10 ist zentral, wenn es darum geht, sozialen Zusammenhalt zu stärken und allen Menschen im Land Teilhabe und ein würdevolles Leben zu ermöglichen“
Christian Dirschauer zu TOP 4+28+33 - Redebeitrag Haushaltsdebatte (Einzelplan 10)
Der Einzelplan 10 hat für den SSW traditionell eine herausragende Bedeutung. Darauf habe nicht nur ich mehrfach hingewiesen, sondern auch viele meiner Vorgänger. Das zeigt sich auch beim Blick auf unsere Initiativen und Programme. Schwerpunkt sind hier vor allem die Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen und keine warmen Worte in Sonntagsreden, sondern unsere konkrete Hilfe brauchen. Aus Sicht des SSW ist und bleibt es unsere Pflicht, auch an diejenigen zu denken, die nicht lautstark ihre Interessen artikulieren können und kleinere Einkommen und geringere Chancen haben.
Leider zwingt mich auch der aktuelle Entwurf des Sozialetats dazu, mich zu wiederholen: Aus meiner Sicht haben wir die klare Aufgabe, sicherzustellen, dass auch benachteiligte Menschen ohne große Lobby ein würdevolles Leben führen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Und dem Einzelplan 10 kommt hier nach meiner Auffassung eine Schlüsselrolle zu. Wenn wir uns umschauen, müssen wir aber feststellen, dass ein solches Leben in Würde längst keine Selbstverständlichkeit ist. Bei Zahlen zu Alters- und Kinderarmut oder Obdachlosigkeit sehen wir keinen Rückgang, sondern bestenfalls Stagnation. Menschen mit Behinderungen stoßen beim Zugang zum Arbeitsmarkt oder Gesundheitssystem weiterhin auf enorme Barrieren. Und auch die fehlenden Ressourcen in Kita oder Schule machen deutlich, dass wir nicht nur weit vom inklusiven Bildungswesen, sondern auch weit vom Anspruch des familienfreundlichsten Bundeslands entfernt sind.
Stichwort Familienfreundlichkeit: Hier bleiben wir selbstverständlich bei unserem Haushaltsantrag zum kostenlosen Mittagessen in Kita und Tagespflege. Natürlich ist das ein großer Ausgabenblock. Aber aus unserer Sicht ist und bleibt eine solche Investition goldrichtig. Durch Studien aus Schweden oder Finnland ist längst belegt, welche positiven Effekte ein kostenloses und gesundes Mittagessen hat. Es entlastet nicht nur Familien mit geringen Einkommen, sondern führt auch zu mehr Lernerfolgen und verbessert damit spätere Chancen in Ausbildung und Beruf.
Auch wenn die Regierenden bis zuletzt dran gewerkelt haben, ist auch die Entwicklung beim Blindengeld nur vordergründig erfreulich: Ohne Frage sind die kosmetischen Verbesserungen bei dieser Leistung zaghafte Schritte in die richtige Richtung. Diese Maßnahme reicht aber leider nicht als Ausgleich für die Kostensteigerungen der vergangenen 12 Jahre. Da kann ich persönlich gut verstehen, dass viele blinde Menschen im Land weiterhin enttäuscht sind. Und spätestens, wenn wir uns die Situation der rund 1800 Gehörlosen bewusst machen, wird deutlich, dass in Sachen Politik für Menschen mit Behinderungen zu wenig passiert. Denn ihre Forderung nach einem Nachteilsausgleich wird weiterhin ignoriert. Und es wird wissentlich in Kauf genommen, dass Gehörlose deutlich geringere Teilhabechancen haben.
Neben diesen wichtigen Investitionen in unsere soziale Infrastruktur haben wir natürlich auch dieses Jahr viele weitere Haushaltsanträge gestellt. Immer mit dem übergeordneten Ziel, Teilhabe und ein würdevolles Leben für möglichst alle Menschen sicherzustellen. Doch egal ob wir über vermeintlich kleine Dinge, wie etwa ein Tandemprojekt des Petze Instituts reden. Oder wenn es um unsere Forderung nach 2 Millionen Euro für Obdachlosenunterkünfte geht: Für die Regierenden haben derlei Maßnahmen ganz offensichtlich einen geringeren Stellenwert als für uns.
Die Regierung kann nicht bei jedem Oppositionsantrag jubeln. Noch dazu ist das Land in einer angespannten Finanzlage. Aber der Blick auf den Landeshaushalt 2026 macht deutlich, dass die Teilhabe- und Lebenschancen vieler Betroffener ungleich verteilt bleiben, statt sich anzugleichen. Wir wünschen uns aber auch in der Haushaltsgesetzgebung einen deutlich sozialeren Schwerpunkt. Der stärkt nicht nur die Chancengleichheit, sondern minimiert auch die Risiken für Armut oder Erkrankung. Die schwarz-grüne Landesregierung wird diesem Anspruch aber weiterhin nicht in dem Umfang gerecht, den wir für nötig halten. Und deshalb lehnen wir den Einzelplan 10 ab.