Tale · 22.09.2021 Stärkeres Augenmerk auf Verkehrserziehung und -Pädagogik

„Wir sollten wieder ein stärkeres Augenmerk auf so einfache Dinge wie Verkehrserziehung und -Pädagogik haben, gerade an unseren Schulen. Und was ist aus den Schülerlotsen geworden? Wir sollten gerade die kleinsten Verkehrsteilnehmer*innen wieder stärker in den Focus nehmen, denn ich glaube hier wurde in den letzten Jahren einiges versäumt.“

Christian Dirschauer zu TOP 14 - „Vision Zero – Null Verkehrstote“ – Mündlicher Bericht zur Verkehrssicherheit (Drs. 19/3213)

Menschen machen Fehler und Fehler im Straßenverkehr können tödlich enden. Diesen Aspekt der menschlichen Unzulänglichkeit setzt die Initiative „Visio Zero“ ins Zentrum ihrer Idee. Als Ausgleich zur menschlichen Schwäche sieht sie die Notwendigkeit, alles um den Menschen herum, im Straßenverkehr oder in der Sicherheitstechnik so zu optimieren und zu gestalten, dass die Zahl der Schwerverletzten und der Verkehrstoten gegen Null geht. In diesem Ansatz sehe ich nun auch den Auftrag an uns als Politik. 
Für politische Entscheidungen werden gerne Zahlen, Daten und Fakten zu Grunde gelegt. Aber das ist nicht immer so. Denn politische Entscheidungen sind nicht immer rational nachvollziehbar und so manches Mal sind sie das Ergebnis von Abwägungsprozessen. Nebenbei bemerkt: Wie sonst ist zu erklären, dass Jamaika Anträge ablehnt, die mehr Verkehrssicherheit auf der A7 fordern und demgegenüber weichgespülte Anträge entgegensetzt. 
Aber nun wieder zu Zahlen, Daten und Fakten. Dem Verkehrssicherheitsbericht 2020 war zu entnehmen, dass die Zahl der Verkehrsunfälle im letzten Jahr im Vergleich zum Vorjahr, um rund 13,5 % zurückgegangen waren. Das ist durchaus erfreulich, aber durch pandemiebedingte Lockdowns zu erklären. Dahingegen ist die Zahl der Getöteten im Vergleich zu 2019 um 7% gestiegen. Kürzlich hat das Statistische Bundesamt Zahlen veröffentlicht des ersten Halbjahres 2021, demnach sind in Schleswig-Holstein deutlich weniger Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen als im Vergleichszeitraum 2020. Generell sind rückläufige Zahlen in Bezug auf Unfälle, Verletze oder Schwerverletzte zu verzeichnen. Aber diese Zahlen sind nur bedingt aussagekräftig, denn wir hatten Corona bedingt insgesamt weniger Verkehrsteilnehmer. 
Trotzdem ist es erfreulich, dass diese Zahlen zurück gegangen sind. 
Daher sind wir als Politik weiter gefordert das Projekt „Vision Zero“ nicht aus den Augen zu verlieren. Das gilt aber nicht nur für uns als Landespolitik. Die Verantwortung für den Straßenverkehr zieht sich durch alle politischen Ebenen. Ob es Bundes-, Landes- oder Kreis- und Gemeindestraßen sind, so sind auch die politischen Verantwortlichkeiten gegliedert. Wir alle kennen doch genug Beispiele aus dem praktischen Leben, wo Bürgerinnen und Bürger in ihrer Gemeinde monatelang für einen Zebrastreifen gekämpft haben, sich für eine Fußgängerampel eingesetzt haben oder eine 30’er Zone gefordert haben. Oftmals ist es dann so, dass die Rechtsnormen und Vorgaben solchen Wünschen entgegenstehen. Und dann ist es ein langes Ringen mit der Verwaltung, etwas hinzubekommen. Ich will aber klarstellen, dass die Verwaltung eben an Regelwerke gebunden ist und deshalb nicht nach Belieben entscheiden kann. 
Mittlerweile sind wir einen Schritt weiter. Der Bundesrat hat im Juni einer Vorlage zugestimmt, wonach „Vision Zero“ in die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung aufgenommen wird. Soll heißen, der Bundesrat verankert „Vision Zero“ als Zielbestimmung für das Verwaltungshandeln und es dient damit als Grundlage aller verkehrlichen Maßnahmen. Auch wenn es sich ausschließlich um eine Zielbestimmung handelt, so denke ich, dass es so manche Entscheidung bezüglich einer Verkehrsinfrastrukturgestaltung vereinfacht. Und das ist gut so.
Gleichwohl müssen wir weiter schauen, was über das hinaus geleistet werden muss, um Verkehr sicherer zu machen. Das bedeutet, wir müssen Unfallschwerpunkte näher untersuchen und geeignete Maßnahmen ergreifen. Die häufigsten Verkehrsunfälle, auch mit Todesfolge, geschehen auf unseren Landstraßen. Was sind also die Gründe dafür und wie können die Zahlen dort minimiert werden. 
Neben den verkehrlichen Maßnahmen müssen wir ein Augenmerk auf Standards der Fahrzeugtechnik legen. Stichwort: aktive und passive Sicherheitseinrichtungen bei Fahrzeugen. Hier müssen neue Fahrzeuge so ausgerüstet sein, dass sie auf dem aktuellen Stand der Technik sind. 
Gleiches gilt für Verkehrsschulungen. Wir sollten wieder ein stärkeres Augenmerk auf so einfache Dinge wie Verkehrserziehung und -Pädagogik haben, gerade an unseren Schulen. Und was ist aus den Schülerlotsen geworden? Wir sollten gerade die kleinsten Verkehrsteilnehmer*innen wieder stärker in den Focus nehmen, denn ich glaube hier wurde in den letzten Jahren einiges versäumt.
Vision Zero ist ein Leitgedanke, dem sich niemand entgegenstellt. Aber dieses Ziel umzusetzen wird weiterhin eine große Herausforderung auf allen politischen Ebenen sein, der wir uns nicht verschließen dürfen.

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