Tale · 22.11.2007 Verbindliche Nährwert-Kennzeichnung von Lebensmitteln


Als Bundesernährungsminister Seehofer auf der Ernährungsmesse Anuga in Köln sein Eckpunktepapier für eine erweiterte Kennzeichnungsreglung vorstellte, sprach er damit der Lebensmittelwirtschaft das Wort.
Das Eckpunktepapier sieht vor, Nährwertinformationen auf Lebensmittelverpackungen bzw. –etiketten zu positionieren. Damit soll sichergestellt werden, dass solche Informationen wahr, leicht verständlich und miteinander vergleichbar sind. Außerdem sollen möglichst viele verpackte Lebensmittel künftig diese Informationen tragen. Gleichzeitig soll die Verwendung erweiterter Nährwertinformationen weiter vereinheitlicht werden, um Produkte leicht vergleichbar zu machen, den Wiedererkennungswert für Verbraucherinnen und Verbraucher zu erhöhen und so die Zusatzinformationen nützlicher zu machen. So ist es zumindest aus dem Hause von Minister Seehofer zu entnehmen.

Natürlich ist zu begrüßen, dass Herr Seehofer als Verbraucherschutz- und Ernährungsminister erkannt hat, dass Fettleibigkeit mittlerweile ein weit verbreitetes Problem unserer Gesellschaft ist. Das System soll Bestandteil des nationalen Aktionsplanes zur Vorbeugung von Fehlernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht und den damit zusammenhängenden Krankheiten werden. Aber er wäre deutlich besser beraten gewesen, in dieser Sache auf die Verbraucherverbände zu hören, anstatt auf die Lebensmittelindustrie. Denn inwieweit ist das System wirklich vergleichbar, transparent und brauchbar? Hier liegt der Hase im Pfeffer.

Natürlich ist das System an sich vergleichbar. Jedoch basiert es auf Feiwilligkeit und solange dies so ist, ist es doch nicht vergleichbar. Weiter ist die Vergleichbarkeit nicht gegeben, weil das System Ausnahmeregelungen für kleine und mittlere Unternehmen vorsieht. Damit ist Tür und Tor geöffnet, dass Unternehmen sich dem System entziehen können. Dies ist nicht im Sinne des Verbraucherschutzes.

Wir wissen, dass die Lebensmittelindustrie dem Gesetzgeber bereits zuvor gekommen ist, um eine Verschärfung der Kennzeichnungsverordnung zu verhindern. Das Problem hierbei ist nur, dass Tricks angewendet werden, um Verbraucher irre zu führen. Zuckerwerte werden geschönt, es werden sehr kleine realitätsferne Portionen zu Grunde gelegt oder es werden ungleiche Portionen und Bezugsgrößen aufgeführt. Hier kann nicht mehr von Transparenz gesprochen werden.
Auch was die Verbraucherfreundlichkeit angeht lässt das System zu Wünschen übrig. Hierauf hat auch die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein aufmerksam gemacht.

Man stelle sich bildlich vor: Fünf Kreise, in denen die Mengen für das Produkt an Kalorien, Zucker, Fett, gesättigten Fettsäuren und Kochsalz genannt werden. Darunter eine zweite Zahl, die prozentual auswirft, wie viel der empfohlenen Tageszufuhr mit der Portion erreicht wird. Ganz ehrlich, wer soll das vergleichen, geschweige denn verstehen? Diese Art der Kennzeichnung ist am Verbraucher vorbei. Denn niemand wird sich die Zeit nehmen, bei vergleichbaren Produkten die Zahlen miteinander zu vergleichen und zu bewerten.

Was wir also brauchen, sind verbindliche Nährwert-Kennzeichnungen, die wirklich im Sinne des Verbraucherschutzes sind. Aber wir wissen auch, dass dieses System nicht für alle umsetzbar ist. Aus diesem Grund hat Herr Seehofer für keine und mittlere Unternehmen vorgesehen, diese vom System zu befreien. Diesen Ansatz halten für insofern für falsch, weil auch kleinere und mittlere Unternehmen große Lebensmittelmengen produzieren können.
Uns geht es darum, Produzenten, die nur kleine Produktionsmengen herstellen – wie beispielsweise Schlachtereien vor Ort - , von der Verbindlichkeit zu befreien. Damit wird den entsprechenden Unternehmen Rechnung getragen weil sie wenig produzieren und weil es für sie unzumutbar wäre, die Kennzeichnung durchzuführen.

Was wir erreichen wollen, ist eine verbraucherfreundliche, transparente und vergleichbare Regelung. Wir brauchen eine Bewertung der Inhaltstoffe, die für alle gleich und verbindlich ist. Insofern haben wir die Angaben, wie Minister Seehofer es vorsieht, zu Grunde gelegt, jedoch mit dem Zusatz der Verbindlichkeit und dass sie in das Ampel-System nach englischem Vorbild überführt wird. Grüne, gelbe und rote Ampelfarben, die für Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz sofort erkennbar machen könnten, wie empfehlenswert das Produkt ist – oder auch nicht.

Wenn Herr Seehofer meint: „Vereinfachung kann auch Verdummung sein“, kann ich nur feststellen: „Freiwilligkeit kann auch Feigheit sein“. Es geht hierbei nicht darum, Gehilfe der Lebensmittelindustrie zu sein, sondern im Sinne des Verbraucherschutzes zu handeln.
Deshalb wollen wir eine einfache, aussagefähige, transparente und leicht verständliche Lösung.

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