Tale · 29.08.2003 Volle Bahncard-Rabatte auch in Schleswig-Holstein

Das Problem mit der Bahncard ist ein Problem, dass man weder der Landesregierung noch der LVS anlasten kann. Dass wir die Probleme mit der Anerkennung der Bahncard haben, liegt einzig und allein an der Preispolitik der DB-AG. Das soll keine Kritik an der Deutschen Bahn sein, sondern nur den Hintergrund darstellen, da die veröffentlichte Meinung in den letzten Wochen ein anderes Bild transportiert hat.

Im Dezember letzten Jahres sollte die Bahncard der Deutschen Bahn auslaufen und ab 2003 ein völlig neues Preissystem bei der Bahn eingeführt werden. Dies war selbstverständlich bei allen Planungen der Mitkonkurrenten und bei Ausschreibungen Planungsgrundlage. Man brauchte bei seinen Angeboten und bei seinen Berechnungen nicht mehr eine Bahncard berücksichtigen, weil die DB-AG diese gerade abgeschafft hatte. Nach der Wiedereinführung der Bahncard haben wir nun ein bundesweites Problem. Die einseitig getroffene Entscheidung der Bahn hat dazu geführt, dass die Preissysteme aller anderen Bahnanbieter durcheinander gewirbelt wurden.

Die Bahncard selber ist eigentlich für den Fernverkehr gedacht. Die die viel fahren und weite Strecken überbrücken, sollen eine entsprechende Rabattmöglichkeit eingeräumt bekommen. Da man aber den Nahverkehr für den Kunden nicht ohne weiteres von Fernverkehr trennen kann, werden die Rabatte natürlich auch im Nahverkehr der Deutschen Bahn gewährt. Innerhalb des Konzerns werden die Einnahmen verrechnet und Unternehmensintern hat man somit kein Problem.

Für die anderen Bahnbetreiber sieht die Lage schon ganz anders aus. Würde man die Bahncard anerkennen, würde man massiv auf Einnahmen verzichten. Das ist natürlich nicht ohne weiteres möglich. Solange es sich um kurze Strecken handelt, bei denen die Bahncard nicht so attraktiv ist, ist das Problem relativ gering und überschaubar. In Gegenden in denen beispielsweise ein privater Bahnbetreiber ein Netz mit Strecken von 20 oder 30 Kilometern Länge fährt, wie in Großstadtregionen, sind Wochen-, Monats- oder Jahreskarten durchaus konkurrenzfähig gegenüber Normaltickets mit Bahncard-Ermäßigung.

Schwieriger wird es bei längeren Strecken. Je länger die Strecke ist, desto attraktiver ist die Bahncard. Daher ist die „Bahncard 50“ auch noch nirgendwo im Bundesgebiet bei anderen Bahnunternehmen anerkannt worden. Gerade Flächenländer haben längere Strecken an Private vergeben, was ja in der Natur der Sache liegt, weil weite Strecken überwunden werden müssen. Für Schleswig-Holstein stellt sich, genauso wie für das Land Brandenburg, das Problem sogar noch verschärft dar, weil wir über einen Tarifverbund verfügen. Innerhalb des Verbundes sind die Fahrpreise überall gleich hoch und alle Bahnbetreiber akzeptieren das jeweilige Ticket der anderen Bahnbetreiber. Das führt dazu, dass natürlich in einem Tarifverbund nicht für viele kleine Strecken nacheinander bei verschiedenen Unternehmen Tickets gelöst werden, sondern dass auch hier zu einem einheitlichen Tarif weite Strecken überwunden werden und sich somit beispielweise nicht nur die „Bahncard 25“ sondern auch die „Bahncard 50“ lohnt. Und das ist teuer für die beteiligten Unternehmen.

Die Nichtanerkennung der Bahncard liegt also nicht am bösen Willen der Beteiligten, sondern ist in wirtschaftlichen Zwängen begründet. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass eine Anerkennung der Bahncard die beteiligten Unternehmen in Schleswig-Holstein rund 2 Millionen Euro kosten wird. Dieser Betrag steht zur Debatte und muss – wenn man es denn will – vom Land und von den Unternehmen aufgebracht werden. Dass die Verhandlungen hierüber sehr lange dauern, ist vor dem Hintergrund der Summe und der verzwickten Situation nur zu verständlich.

Wir hatten seinerzeit auch das Ziel, irgendwann einmal die Busunternehmen in den Tarifverbund zu integrieren. Wie soll man sich also jetzt schon auf eine mögliche Ausweitung des Verbundes vorbereiten? Und wollen die Busunternehmen überhaupt noch vor dem Hintergrund des Preisdiktates der DB einem solchen Verbund angehören? Dies sind beispielsweise zwei wichtige Fragen, die bei den Verhandlungen mit bedacht werden müssen.

Und eines dürfen wir auf keinen Fall unterschätzen. Die DB ist groß und damit mächtig. Sie kann jederzeit wieder ihr Preissystem ändern und alle anderen müssen sich dann wieder diesem System anpassen. So ist die Lage derzeit. Und in den Verhandlungen müssen natürlich Regelungen einfließen, die dieses verhindern. Daher sollten wir der LVS mehr Zeit geben, genau zu verhandeln und wir sollten dies vor allem ergebnisoffen tun, denn die Anerkennung der Bahncard ist kein Selbstzweck und die Nichtanerkennung kein Weltuntergang.

Weitere Artikel

Pressemeddelelse · 27.03.2024 Cannabis-Prävention hinkt dem Gesetz hinterher

Sind die Präventionsangebote in Schleswig-Holstein gut genug aufgestellt, um auf die Cannabis-Legalisierung zu reagieren? Das wollten wir von der Landesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage erfahren. Die Antworten sind alarmierend. Dazu erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der SSW-Landtagsfraktion, Christian Dirschauer:

Weiterlesen

Pressemeddelelse · Kiel · 27.03.2024 SSW fordert vollständige Aufklärung in Sachen Anschar

Zum Rücktritt des Ratsherrn Dirk Scheelje im Zusammenhang mit den Vorgängen rund um den Anscharcampus erklärt Ratsherr Marcel Schmidt, Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:

Weiterlesen

Nyhed · 27.03.2024 Vorstände von SSW und SPD trafen sich zu gemeinsamen Gesprächen

Auf einer gemeinsamen Sitzung der Landesvorstände am 26. März 2024 wurde über die Standpunkte und großen Schnittmengen beider Parteien u.a. zu CCS, zur Minderheitenpolitik, dem Industriestandort Schleswig-Holstein oder auch zum grenzüberschreitenden Verkehr zu Dänemark gesprochen.

Weiterlesen