Tale · 16.10.2001 Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft

Zu erst einmal meinen Dank an das Landwirtschaftsministerium für die ausführliche Antwort auf die Große Anfrage. Ich glaube Frau Ministerin Franzen hat durch diese ausführliche Antwort viel zur Klarstellung und Erhellung von Sachverhalten beigetragen und so die Grundlage gebildet, manche Aussage, die in der Öffentlichkeit geäußert wird, zu relativieren.
Eines möchte ich daher auch gleich vorausschicken: Es wird deutlich, dass die Förderung für den einzelnen Landwirt und die Förderung für Kontrollen und Beratung im Ländervergleich in Ordnung ist. Ob die Förderung verbessert werden kann, ist unter Berücksichtigung der Haushaltslage eher zu bezweifeln. Die Frage stellt sich, wie die geringen Mittel am besten eingesetzt werden können. Hier ist aber kaum Spielraum.

Die Kostensteigerungen bzw. Mehrausgaben, die den Schlachtbetrieben durch BSE entstanden sind, werden vom Land nicht mitfinanziert. Auch bei den Tierkörperbeseitigungsanlagen werden die Folgen von BSE und MKS nur mit einem einmaligen Betrag von 3,1 Millionen Mark aus der Landeskasse gemildert. Im ersten Moment sieht dies im Vergleich zu anderen Ländern schlecht aus. Allerdings muss ich sagen, dass sowohl die Schlachtbetriebe als auch die Tierkörperbeseitigungsanlagen nicht das schwächste Glied in der Kette sind. Dieses schwächste Glied wollen wir aber auf jeden Fall stützen und dies ist eindeutig der Landwirt. Doch dazu später. Die Schlachtbetriebe und Tierkörperbeseitigungsanlagen sind in der Lage eine Mischkalkulation aufzustellen und ihr Risiko zu minimieren. Letztendlich muss man sagen, dass die Branche ihr Risiko selber tragen muss. Der Staat kann hier nicht einspringen. Insofern ist es verständlich, dass die Landesregierung hier andere Prioritäten gesetzt hat.

Immerhin wurden aber Mittel für die Übernahme von Entsorgungskosten von tiermehlhaltigen Futtermitteln bereitgestellt. Dieses Bundesprogramm ist in Schleswig-Holstein schnell umgesetzt worden. Hier wurden die Landwirte direkt und schnell entlastet.
Gleiches gilt bei den Kosten für die BSE-Tests. Die Senkung der Preise auf 46 bzw. 22,50 Mark führen in der Tat zu einer Entlastung der Landwirtschaft in Höhe von rund 10 Millionen Mark. Sieht man sich die Auflistung auf Seite 7 der Antwort auf die Große Anfrage an, so kann man erkennen, dass alle dort genannten Tests teurer sind als die Tests in Schleswig-Holstein. Sogar mit den alten höheren Preisen würden die Werte für Schleswig-Holstein am unteren Ende der Skala liegen.

Blättert man eine Seite weiter, so stellt man fest, dass es mit der Übernahme der Testkosten in den einzelnen Bundesländern gar nicht so weit her ist, wie manch einer in einer vorschnellen Pressemitteilung behauptet. Dort wo dies geschehen ist, sind die Programme meist im Jahr 2001 ausgelaufen. Einzig und allein das kleine Saarland übernimmt die Kosten bisher immer noch. Aber auch dort wird man sicherlich in näherer Zukunft andere Wege beschreiten.
Man kann somit feststellen, dass das Argument, in anderen Bundesländern seien zwar die Testkosten höher, aber dafür würden auch die Kosten ganz oder teilweise von den Bundesländern übernommen, so nicht mehr richtig ist. Langfristig scheint sich die Weitsicht der Landesregierung positiv für die Landwirte auszuwirken. Dass das Land 6,4 Millionen Mark investiert hat, um die Laborkapazitäten aufzubauen und zu zentralisieren, hat zu einer erheblichen Kostensenkung geführt, die wiederum direkt den Landwirten zugute kommt, ohne dass sie am Tropf des Landes hängen müssen. Ich glaube das ist auch der richtige Weg gewesen.
Was die BSE-Forschung angeht, so kann man sagen, dass das Land zwar Mittel bereit stellt, aber sicherlich nicht in gleichem Umfang forscht, wie andere Länder. Viele Länder stecken hier Millionenbeträge in die BSE-Forschung. Das ist natürlich etwas, was wir alle gefordert haben. Viel wichtiger, als die reinen Summen, die in die Forschung gesteckt werden, ist allerdings, ob die Forschung der einzelnen Bundesländer untereinander vernetzt ist. Die Vernetzung der Forschung untereinander ist eine Forderung, die wir alle gemeinsam schon am Anfang der BSE-Krise aufgestellt haben. Vielleicht kann die Landesregierung in den Ausschussberatungen hierzu konkrete Angaben machen. Auch wenn Millionen eingesetzt werden, so machen Forschungsprojekte, die auf ein bestimmtes Bundesland begrenzt sind und die nicht aufeinander abgestimmt sind, nur wenig Sinn.

Was die Futtermittelkontrolle und die Qualitätssicherungssysteme angeht, so liegt Schleswig-Holstein hier mit seinen Aktivitäten im Schnitt aller Bundesländer. Deshalb will ich hier nicht näher darauf eingehen. Diese Maßnahmen sind aber eng mit dem nationalen und regionalen Marketing verbunden. Schon in anderen Debatten haben wir darauf hingewiesen, dass wir der Meinung sind, dass ein Gütezeichen Schleswig-Holstein vor dem Hintergrund eines sich zunehmend europäisierenden Marktes entbehrlich ist. Die Finanzmittel, die für das Gütezeichen eingesetzt werden, können unserer Meinung nach anderweitig eingesetzt werden. In diesem Bereich sehen wir den einzigen größeren finanziellen Spielraum. Für uns ist ein nationales Gütezeichen für Ökoprodukte sowie für konventionell hergestellte Produkte vollkommen ausreichend. Regionalmarketing kann auch anders durchgeführt werden.

Extrem wichtig für die landwirtschaftlichen Betriebe ist natürlich, wann ihnen die ihnen zustehenden Flächen- und Tierprämien ausgezahlt werden. Hier muss man sagen, dass man auch wieder eines Besseren belehrt wird. Entgegen der landläufigen Meinung in der schleswig-holsteinischen Bauernschaft, werden diese Prämien ähnlich schnell ausgezahlt, wie in anderen Bundesländern. Hier gibt es keine Verzögerungen.
Darüber hinaus, lagen die einzelbetrieblichen Investitionsförderungen in Schleswig-Holstein über dem Durchschnitt der alten Bundesländer. Auch hier können wir eigentlich nicht klagen.
So gesehen, können wir feststellen, dass die Förderung der einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe durchaus in Ordnung ist, wenn man diese mit den anderen Bundesländern vergleicht.

Nun zu einem der heißesten Themen der letzten zwölf Monate - dem Ökolandbau. Die Förderung des Ökolandbaus in Schleswig-Holstein liegt im Durchschnitt der Bundesländer. Trotzdem gibt es starke Unterschiede was den Anteil des Ökobandbaus an der gesamten Landwirtschaft angeht. In Brandenburg, Hamburg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern liegt die ökologisch bearbeitete landwirtschaftliche Nutzfläche bei über 6 Prozent. Im Bundesdurchschnitt kommt man auf 3,2 Prozent, was dem Durchschnitt in der EU entspricht. Schleswig-Holstein schafft aber gerade einmal 1,8 Prozent. Wenn man berücksichtigt, dass unser Nachbar Dänemark mit 5,2 % und die Länder Finnland mit 6 %, Schweiz mit 6,3 % und Österreich mit 8 %, wie die gerade eben genannten Bundesländer, schon weit voraus sind, dann stellt sich mit Recht die Frage, ob die Landwirte im Agrarland Schleswig-Holstein hier eine Entwicklung verschlafen? Ich will dies nicht kritisieren. Jeder Betrieb muss für sich selbst entscheiden. Aber die Frage bleibt.

Kommen wir nun zur Landwirtschaftskammer, als übergeordnete Interessenvertretung der Landwirte. Erst einmal müssen wir feststellen: nicht in jedem Bundesland haben wir eine Landwirtschaftskammer und die Strukturen der Kammern sind höchst unterschiedlich. Daher möchte ich nur noch einmal auf die Kernpunkt unserer Debatte zur Landwirtschaftskammer eingehen:
Auch wenn es im ersten Moment problematisch erscheint, dass von der Landwirtschaftskammer Weisungsaufgaben übernommen werden sollen, muss ich doch sagen, dass sich genau dort im laufe der Jahre Strukturen entwickelt haben und kompetentes Personal vorgehalten wurde, die Weisungsübertragungen durchaus zulassen. Zu fordern, dies an das Landwirtschaftsministerium zurückzuführen wäre daher falsch. Außerdem tragen die Weisungsaufgaben für mehr Planungssicherheit in der Landwirtschaftskammer bei.
Was nun die Zielvereinbarungen zwischen Landwirtschaftsministerium und Landwirtschaftskammer angeht, tragen diese dazu bei, dass die Landwirtschaftskammer auch in Zukunft selbstständig agieren kann. Mit dem neuen Kammergesetz wird der Landwirtschaftskammer künftig mehr Planungssicherheit für ihre Projekte und Initiativen zukommen.

Zu guter Letzt noch ein Wort zur Beratung der Landwirte in Schleswig-Holstein. Auf hier kann man feststellen, dass die Finanzierung der Beratungsleistungen durch das Land durchaus dem Durchschnitt aller Bundesländer entspricht. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird auch hier das notwendige getan.

Damit ich am Ende auch richtig verstanden werde. Sicherlich ist es so, dass viel mehr Geldleistungen wünschenswert wären und andere Bundesländer hier im Einzelfall mehr Mittel bereitstellen. Wir wissen aber alle um den engen Haushalt des Landes Schleswig-Holstein. Deshalb war nicht mehr zu erwarten, als das, was bisher geleistet wurde. Und wenn man ehrlich ist, dann war dies gar nicht so wenig im Vergleich zu den anderen Bundesländern.

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