Tale · 05.09.2018 Wir kennen die Belastungsfaktoren, es ist Zeit zu handeln

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 35 - Statuserhebung zur Arbeitsfähigkeit und Gesundheit aus der Sicht von Lehrkräften

Erst einmal möchte für den uns vorliegenden Bericht zur Arbeitsfähigkeit und Gesundheit aus der Sicht der Lehrkräfte bedanken. Schade ist natürlich die nicht allzu hohe Rücklaufqoute, die bei 30 % liegt. Aber dafür liefert der Bericht ja selbst sinnige Erklärungen. In der Vorweihnachtszeit haben die Lehrkräfte ohnehin schon genug zu tun und da bringt wohl nicht jeder die Geduld auf, den Link zur Befragung händisch einzugeben. Nur so viel zum Fortschritt der Digitalisierung in der Schule. 

Es ist nun so: Die „neuen“ Erkenntnisse sind nicht wirklich neu. 

Nur knapp über die Hälfte unserer Lehrkräfte geben selbst an, eine „sehr gute oder gute“ Arbeitsfähigkeit zu haben. 79% sehen sich bei „guter“ bis „ausgezeichneter“ Gesundheit. 72% sind im Allgemeinen mit ihrer Arbeit zufrieden. Und immernoch sehen sich zu viele gezwungen zur Arbeit zu gehen, obwohl sie krankheitsbedingt besser zu Hause geblieben wären. 

Die häufigsten Belastungsfaktoren bleiben Lärm, Termin- und Leistungsdruck und zusätzliche Aufgaben, die die Lehrkräfte zu erfüllen haben. Hier muss gehandelt werden und auch das wussten wir ja schon vorher. Und natürlich sind auch Lehrerinnen und Lehrer nicht davor gefeit, dass sie die Schwierigkeiten im Beruf mit nach Hause nehmen und das Privat- und Familienleben durch den Beruf beeinträchtigt wird.  Es ist vollkommen verständlich, dass die Probleme, die im Schultag auftauchen, auch zu Hause noch nachwirken. Es hinzubekommen, im Feierabend eine richtige Distanz zu finden ist vielleicht eine der wichtigsten Aufgaben, die man für die eigene Gesundheit lernen muss. 

Erfreulich ist immerhin, dass 90% der Lehrkräfte angegeben haben, dass sie sich gegenseitig unterstützen und sie ein gutes Gemeinschaftsgefühl im Kollegium haben.  Aber das ist ein Punkt, den sich das Land, so gerne man das vielleicht täte, nicht auf die eigene Fahne schreiben kann. Da haben wir einfach Glück, dass wir engagierte, soziale und empathische Lehrkräfte an unseren Schulen haben. 

Auch aus dieser Statuserhebung wird wieder deutlich, dass die Zusatzbelastungen neben dem Unterrichten einfach nicht zu unterschätzen sind. Und das wird eben auch dann zum Problem, wenn wir unsere Schulleitungsstellungen zu besetzen haben. 

Es kann ja nicht sein, dass das Land die vakanten Stellen anbieten muss wie saures Bier! Wenn diese Stellen teilweise zwei- oder sogar dreifach ausgeschrieben werden müssen, bevor sie mit der einen Bewerbung, die es gab, besetzt werden, müssen hier dringend mehr Anreize geschaffen werden. Es werden zu viele Schulen kommissarisch geführt. 

Genauso wenig darf es sein, dass Schulleitungen einer derart steigenden Arbeitsbelastung ausgesetzt sind, dass sie nur noch die Möglichkeit haben, Überlastungsanzeigen beim Ministerium einzureichen, so wie es im April öffentlich wurde.  

Die Ankündigung, Schulleitungen besser zu bezahlen kann deswegen nur folgerichtig sein. Vielmehr muss aber noch dafür gesorgt werden, dass die Leitungszeit erhöht wird, damit die zusätzlichen Aufgaben angemessen bewältigt werden können. Sie haben als Schulleitung einfach einen großen Mehraufwand, den sie stemmen müssen. 

Außerdem wissen wir, dass die Belastungen an unseren Brennpunktschulen nach wie vor besonders hoch sind. Hier werden weitere Mittel für multiprofessionelle Teams gebraucht. 

Ich habe nichts gegen ein wissenschaftlich basiertes Konzept zur Verbesserung des Gesundheitsmanagements an Schulen. Und noch weniger habe ich etwas dagegen, dieses gründlich vorzubereiten. Aber wenn wir ehrlich sind, sind die Ursachen der Erkrankungen und Belastungen von Lehrkräften mittlerweile hinlänglich bekannt und da kann noch ein und noch ein und noch ein Bericht einfach wie eine Hinhaltetaktik wirken, wenn er denn keine neuen Erkenntnisse bringt.  

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