Tale · 23.09.2021 Wir wollen keine Ungerechtigkeiten bei der Schulpflicht

„Bildung ist Ländersache und das gilt für alle Schülerinnen und Schüler des Landes!“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 17+51 - Beschulung von Kindern und Jugendlichen in Erziehunghilfeeinrichtungen 

Ich möchte erst einmal dem Ministerium für den vorliegenden Bericht danken. 
Den Hintergrund hierfür kennen Sie. Seit Jahren sehen wir vom SSW es als ungerecht an, dass bei der Schulpflicht zwischen Schülerinnen und Schülern aus Schleswig Holstein und jenen, die aus anderen Bundesländern kommen, aber in unseren Erziehungshilfeeinrichtungen leben, unterschieden wird. 
Wir haben deswegen bereits 2018 eine Schulgesetzänderung eingebracht, um endlich Klarheit zu schaffen. Eine Unterscheidung zwischen Kindern und Jugendlichen, die dank melderechtlicher Hauptwohnung in Schleswig-Holstein und Kindern und Jugendlichen in stationären Jugendhilfeeinrichtungen ohne ersten Wohnsitz in Schleswig-Holstein ist unzweckmäßig und stiftet nach wie vor viel zu viel Verwirrung. 
Denn auch trotz oder gerade wegen des vorliegenden Berichtes muss ich sagen: es bleiben zu viele Fragen unbeantwortet. 

Ich möchte mit einem Blick zurück auf meine Kleine Anfrage vom März 2020 beginnen. 
Ich fragte die Landesregierung, wie viele schulpflichtige Kinder in den Einrichtungen betreut wurden und wie viele Kinder und Jugendliche davon ihren Wohnsitz außerhalb von Schleswig-Holstein hatten.
Ich bekam die Antwort, in der amtlichen Schulstatistik werde „Heimunterbringung“ als statistisches Merkmal nicht erfasst. Lediglich 87 der 306 angeschriebenen Träger hatten die Abfrage beantwortet. Schon damals mutmaßte die Landesregierung, ursächlich für die geringe Rückmeldung sei möglicherweise, dass die entsprechende Schülerschaft nicht identifiziert werden kann. 
Nun konnte ich auf Seite 5 des Berichts lesen, „Heimunterbringung“ werde weiterhin nicht erfasst, die Abfrage differenziere nicht nach Schulart und Schulstufe und erfasse nicht das Herkunftsbundesland. 
Weiter geht es auf Seite 9. Für den Bericht seien alle 306 Einrichtungsträger angeschrieben worden. Nur 58 der Träger haben überhaupt auf die Abfrage geantwortet. 58 von 306, das sind knapp 19%. Von diesen 58 Trägern wiederum haben nur 52 Auskünfte zur Beschulungssituation erteilt. 52 von 306 wären dann knapp 17 %. 
Die nachfolgenden Ausführungen des Berichts können sich also noch nicht mal auf ein volles Fünftel der Einrichtungsträger beziehen. 
Das Informationsdefizit könne nicht deutlicher sein, meine Damen und Herren, das muss sich dringend ändern! Die Beantwortung der Fragen darf nicht länger der Freiwilligkeit unterliegen! 
Die Landespolitik hat eine besondere Verantwortung für unsere Kinder und Jugendlichen in stationären Einrichtungen. Ihnen steht eine kindgerechte Erziehung, besondere Betreuung und ein guter Zugang zu Bildung zu. Um dieser Verantwortung nachzukommen, braucht es aber ausreichend Informationen und diese liegen der Landesregierung auch heute noch nicht vor. 
Damit darf sich eine Landesregierung nicht zufriedengeben! Bildung ist Ländersache und das gilt aus unserer Sicht für alle Schülerinnen und Schüler des Landes! 

Über 3.403 Kinder und Jugendliche in Erziehungshilfeeinrichtungen hätten unsere Schulämter Kenntnis, heißt es auf Seite 16. Immerhin, statistisch kommt hier Licht ins Dunkle. 82,5% der Kinder und Jugendlichen, so schlussfolgert die Landesregierung, werden in allgemeinbildenden Schulen und Förderzentren beschult. Hiervon haben 35% ihren Wohnsitz außerhalb von Schleswig-Holstein. 
Und doch bleiben einige Unklarheiten, die ich gerne weiter im Bildungsausschuss besprechen möchte. Wir müssen uns über die Lücken des Berichts und Fehler im System austauschen. 

Eines bleibt, das möchte ich abschließend festhalten: Die Ungerechtigkeit, die ich Ihnen vor viereinhalb Minuten dargelegt habe: 
Die Schulpflicht gilt bei uns nicht für alle Kinder und Jugendliche gleichermaßen. Für die einen gilt ein Gesetz, für die anderen ein Erlass. Für die einen gilt die Schulpflicht, die anderen müssen beweisen, dass sie beschulbar sind. Was es aber braucht, ist Verbindlichkeit und Sicherheit. Die nötige Schulgesetzänderung hatte der SSW bereits vor anderthalb Jahren eingebracht. 

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