Tale · 19.02.2014 Bürokratie abbauen

Die Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ist seit seiner Einführung ein Dauerbrenner. Sie war im Rahmen des Rentenentlastungsgesetzes eingeführt worden, um die Sozialkassen zu füllen. Nachdem die Neuregelung den Sozialkassen im ersten Jahr faktisch 13 Monatszahlungen bescherten, erholten diese sich merklich und damit wurden Rufe laut, dieses System auch gleich wieder abzuschaffen. Die Betriebe zahlen nämlich einen hohen Preis für die Sanierung der Sozialversicherung, indem sie zweimal jede Lohnabrechnung in die Hand nehmen müssen, um zunächst die Sozialbeiträge vorab zu berechnen und dann noch einmal, um dessen tatsächliche Höhe zu berechnen. Bei Betrieben mit hoher Personalfluktuation ist das gar nicht so einfach. Vor allem kleine Betriebe, die keine eigenständige Buchführung haben, klagen über eine extreme Belastung durch die Vorfälligkeit. Die Kritik vor allem der Handwerksverbände hat sich auch daran entzündet, dass die Handwerker den Sozialkassen quasi einen Kredit gewähren. Sie selber müssen zur Liquidität teure Zinsen bezahlen; und das in einer Situation, in der immer mehr Kunden erst nach der ersten Mahnung ihre Rechnungen begleichen.
Die Bundesregierung hat 2006 auf die Kritik reagiert und ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, das die Pauschalierung der Beiträge erlaubt. Die Praxis hat inzwischen gezeigt, dass die Arbeitgeber mit schwankenden Arbeitsentgelten von der Pauschalierung tatsächlich Gebrauch machen. So zumindest sagt es die Landesregierung Baden-Württemberg.

Eine Rückkehr zum alten System ist zwar die oft geäußerte Forderung fast aller Wirtschaftsverbände; tatsächlich wird es wohl kaum so weit kommen. Nicht einmal in den Koalitionsvertrag der GroKo hat es die Forderung nach der Abschaffung der Vorfälligkeit geschafft. Die Forderung nach der Abschaffung der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge ist wie ein Tätigkeitsnachweis für die eigenen Mitglieder. Mit dieser markigen Forderung signalisieren die Vorstände, dass sie sich um die Belange ihrer Mitglieder kümmern. Tatsächlich sind die Belastungen der Betriebe in den letzten Jahren gewachsen: Formulare und Statistiken haben enorm zugenommen. Da sind die Vorfälligkeiten bei den Beiträgen zu Rente und Krankenkassen nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Würde das System zur Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge aber tatsächlich wieder umgestellt werden, hat das wahrscheinlich weitreichende Folgen. Es ist ja nicht so, dass man nach fast zehn Jahren einfach wieder zu alten Routinen zurückkehren kann. Die Folgen gerade für den Haushalt der Sozialversicherungskassen sind unkalkulierbar, schließlich fehlt dann einmalig ein gewichtiger Beitrag. Das sollte man bedenken, bevor man unüberlegt die Vorfälligkeit wieder abschafft. Ich warne vor einem vorschnellen Schuss aus der Hüfte.
Richtig ist, dass wir die Bürokratie reduzieren müssen, die viele Betriebe an den Rand der Belastbarkeit führt. Das sollte allerdings im Rahmen einer Gesamtreform geschehen, damit nicht ein neues Problem erwächst.

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