Tale · 12.05.2023 Die Innenstädte können nach wie vor sehr attraktiv sein

„Der SSW fordert schon lange „Dritte Orte“, denn diese schaffen Zusammenhalt und Krisenfestigkeit in Quartieren. Wie ich eingangs sagte, die Investfirmen machen keinen Halt vor unseren Städten, daher ist Kraft und Verantwortung gefragt, um nicht Kultur aus der Stadt zu verdrängen. Oder wollen wir hinnehmen, dass zB. Musiker keine Proberäume in Städten finden? Oder Künstler keine Atelierräume finden?“

Sybilla Nitsch zu TOP 40 - Wie unsere Innenstädte zu Zentren zum Arbeiten, Wohnen und Erleben werden (Drs. 20/966)

Die Innenstädte haben ein Problem: der online-Handel ist ein wachsender Konkurrent für den Einzelhandel. Die Flucht ins Betongold in den letzten Jahren hat die deutschen Innenstädte außerdem ins Visier von Investment-Firmen geraten lassen, die weit weg vom Standort die Gebäude Jahr und Jahr für einen höheren Preis kaufen und wiederverkaufen.
Nicht zuletzt haben die Coronajahre den inhabergeführten Einzelhandel schwer zugesetzt. Obendrauf kommen finanzielle Engpässe bei den Kommunen, die dem Einzelhandel wegen mangelnder Mittel kaum beispringen können.
Doch ich möchte an dieser Stelle auch festhalten, dass die Innenstädte in Schleswig-Holstein nach wie vor sehr gute Angebote machen; und das nicht nur an verkaufsoffenen Sonntagen, sondern Tag für Tag: Angebote für touristische Gäste, für die Stadtgesellschaft und für alle, die entspannt einkaufen wollen.
Sie sollen nicht erst lebendige Zentren werden, wie der Titel des Antrag suggeriert, sondern sind es bereits!
Wie sie es bleiben, ist wohl eher die zentrale Frage.
Blicken wir also nach vorne; die SPD-Fraktion und Alternativ auch die Koalitionäre, haben ja eine beeindruckende Liste von Vorschlägen vorgelegt; darunter allerdings einige, die nicht unbedingt einen Realitätstest bestehen würden.
Dazu gehört ein Dialog mit Vermietern, die mehr und mehr aus international tätigen Investmentfirmen bestehen.
Wer ein Haus in einer Innenstadt Schleswig-Holsteins nur als einen Buchungsposten wahrnimmt, wird sich an keinem Dialog oder Austausch beteiligen.
Ehrenamtliche Kommunalpolitik kann noch so viele Gesprächsangebote machen; sie erreicht oftmals gar nicht diejenigen, die über eine Immobilie entscheiden.
 
Ein Zentren- und Einzelhandelskonzept können sich die wenigsten Kommunen leisten.
Hier könnte das Innenministerium mit passgenauer Förderung helfen. Übrigens muss nicht jede Kommune das Rad neu erfinden: ein systematischer Austausch muss allerdings für das Ehrenamt leistbar sein.
Da gerät das Ehrenamt an seine Grenzen. 

Es sind insgesamt gute Ideen gefragt, wie man die Herausforderungen löst. 

Allerdings stehen all unsere Städte mit ganz eigenen Ansätzen da, und das soll genauso sein. Denn Vielfältigkeit, historische Stadtkerne und eine „bunte“ Stadtlandschaft zeichnen unser Land aus. Die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing ist auch in Schleswig-Holstein organisiert. Dieses Netzwerk ist wertvoll und es bietet viele Impulse und Handlungsansätze.
Hier und da wird ins Stadtmarketing investiert, nur fehlt die Verstetigung von zB. Projektstellen. Wir stehen hier vor einer Daueraufgabe. Hierbei brauchen die Kommunen Unterstützung, denn es sind unsere Marketing-Leute vor Ort, die am besten wissen, was eine Stadt benötigt. 
In Niebüll soll die Aufenthaltsqualität verbessert werden, in Schleswig möchte man Flächen für alle schaffen, in Itzehoe möchte man dem Sanierungsstau entgegenwirken. Die Liste ist lang. 
Wir dürfen die Städte nicht im Regen stehen lassen: wir müssen eine echte schleswig-holsteinische Verantwortungsgemeinschaft schaffen. Unsere Städte müssen im Dauermodus entwickelt werden und dürfen nicht in der Sackgasse Projektstatus landen. 

Der SSW fordert schon lange „Dritte Orte“, denn diese schaffen Zusammenhalt und Krisenfestigkeit in Quartieren. Wie ich eingangs sagte, die Investfirmen machen keinen Halt vor unseren Städten, daher ist Kraft und Verantwortung gefragt, um nicht Kultur aus der Stadt zu verdrängen. Oder wollen wir hinnehmen, dass zB. Musiker keine Proberäume in Städten finden? Oder Künstler keine Atelierräume finden?
Bibliotheken als „Dritte Ort“ sind der perfekte Ansatz. In Skandinavien gibt es zahlreiche Beispiele: Experimentierräume, Küchen, Spielräume, Ateliers und Werkstätten werden integriert. 
Wer nicht weit fahren möchte, kann schon in Flensburg in diese Welt eintauchen. Ich empfehle einen Besuch in der Dansk Centralbibliothek.
Gar nicht so weit ist es nach Aarhus, DOKK1 ist ein wahres Erlebnis. 

„Dritte Orte“ schaffen eine vertraute Umgebung, auch können hier Streetworker oder Sozialarbeiter in direkten Kontakt mit den Menschen kommen. Ziel muss es doch sein der jungen Generation in der Stadt Platz zu geben und sie nicht zu verjagen. Denn sie sind die Stadt von morgen.

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