Tale · 22.07.2016 In diesem Fall ist unsere Devise: Sicherheit vor Profit

Rede zu Protokoll gegebenFlemming Meyer zu TOP 45 - Opt-Out bei der Verlängerung der Zulassung von Glyphosat

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, kurz BVL, hat für den Einsatz von Glyphosat genaue Anwendungsbestimmungen erlassen. So dürfen Glyphosat-haltige Pflanzenschutzmittel innerhalb eines Kalenderjahres auf ein und derselben Fläche nur maximal zweimal  im Abstand von mindestens 90 Tagen ausgebracht werden; und zwar nicht mehr als insgesamt 3,6 kg Wirkstoff pro Hektar und Jahr. Wer gegen diese Vorgaben in Deutschland verstößt, muss die erzeugten Lebensmittel vernichten und mit einem Bußgeld rechnen.  Das ist gängige Praxis in Deutschland seit mehr als zwei Jahren. Die staatlichen Stellen begrenzen also bereits den Einsatz des Mittels, über das sich die Bundesregierung nicht so ganz einig ist. 

Inzwischen ist Glyphosat trotz dieser Maßnahmen allerdings sowohl in vielen Lebensmitteln als auch in der Muttermilch nachgewiesen worden. Dabei wurden Grenzwerte überschritten: im Falle von Honig im Landkreis Spree-Neiße sogar um das Hundertfache der erlaubten Rückstandshöchstmenge. Das könnte daran liegen, dass die private Verwendung von Glyphosat mehr oder weniger ungeregelt ist. Der Verkauf von Glyphosat unter dem Markennamen Roundup, Finolsan oder Glyfos ist nämlich keinerlei Beschränkungen unterlegen; nicht einmal ein Sachkundenachweis ist nötig, um das Gift zu kaufen. Sogar manche Supermärkte führen Glyphosat in ihrem Sortiment. Wir können demzufolge nur rätseln, wie verantwortungsvoll Grundstückbesitzer mit der Gift umgehen; wie ernsthaft sie die Warnhinweise auf der Packung nehmen, die eindeutig zeigen, dass Glyphosat reizend und umweltgefährlich ist.

Das Zeug ist gefährlich. Klar; sonst würde es ja nicht wirken. Der Verdacht kam auf, dass es auch Menschen gefährdet, indem es Krebs auslösen kann. In diesem Fall ist unsere Devise: Sicherheit vor Profit. Ich habe darauf bereits mehrmals in der Vergangenheit hingewiesen. 

Die Untersuchungen laufen noch. Die Europäische Chemikalienagentur soll jetzt mittels einer systematischen Untersuchung Klarheit schaffen, ob Glyphosat krebserregend ist oder nicht. Das heißt nicht, dass wir bis zu einem endgültigen Ergebnis zum Nichtstun verdammt sind. Deutschland könnte beispielsweise die Einsatzbereiche von Glyphosat weiter einschränken. Ausdrücklich hat EU-Gesundheitskommissar Andriukaitis diese Option eröffnet. Er wies extra auf Einschränkungen hin, die jedes EU-Mitglied erlassen könne. Er sagte: „Sobald ein Wirkstoff genehmigt oder auf EU-Ebene erneuert wird, ist es an den Mitgliedstaaten, die Endprodukte, also die Herbizide und Pestizide selbst auf ihren jeweiligen Märkten zu genehmigen.“

Die Bundesrepublik könnte also den freien Verkauf von Glyphosat verbieten, die Ausbringung durch die Landwirtschaft strenger kontrollieren und die Vergiftung von Straßen und Wegen durch die Straßenverwaltungen grundsätzlich untersagen. All diese Möglichkeiten hat sie. Wir weisen auf diese abgestuften Möglichkeiten hin und fordern mehrere davon in unserem Änderungsantrag. Die Enthaltung im EU-Verfahren ist also mitnichten das schwerste Geschütz, das die Bundesrepublik in Stellung bringen kann. Sie hat durchaus mehr Möglichkeiten in der Hand. Sie lässt uns das nur glauben. Die schwarz-weiß-Rhetorik ist aber überhaupt nicht angebracht und auch nicht der Verweis auf Brüssel.

Ich halte es für grob fahrlässig, dass Landwirtschaftsminister die Kritik an Glyphosat als Todesstoß für die Landwirtschaft umdeutet. Damit ignoriert er mutwillig seine eigenen Entscheidungsspielräume und dämonisiert wider besseren Wissens die Gegner von Glyphosat. Eine qualifizierte Debatte ist auf diesem Wege natürlich nicht möglich.

Ich würde mir wünschen, wenn das Ministerium in Berlin die Kritik der Bürgerinnen und Bürger ernster nehmen würde und den Einsatz von Glyophosat umgehend einschränkt. 

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