Tale · 20.06.2002 Informations- und Kommunikationswirtschaft

Es ist wohl keine Übertreibung zu sagen, dass die Entwicklung zur Informations- und Wissensgesellschaft in den letzten Jahren zu tiefgreifenden Veränderungen sowohl der wirtschaftlichen Strukturen als auch in der Arbeitswelt geführt haben. Für viele Menschen ist ein Alltag ohne Internet oder Mobiltelefon ob zu Hause oder in der Firma heute schon undenkbar. Die breite Palette dessen, was man mittels Internet oder auch über Mobiltelefon abwickeln kann, wächst täglich. Und demnächst werden wir dann mit den neuen UMTS-Mobiltelefonen auch noch direkt ins Internet gehen können. Schleswig-Holstein ist allerdings nicht nur von der Anwendung dieser Produkte geprägt worden, sondern wir haben auch viele Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen im Bereich Information und Kommunikation herstellen und anbieten. Das geht von Endgerätefertigung und Telekommunikationsdienstleistungen über Callcentern bis hin zu vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die Softwareentwicklung betreiben. Die Entwicklung dieser Branche ist das Thema der Großen Anfrage der SPD.
Aus der Beantwortung geht hervor, dass es in diesen Bereichen in Schleswig- Holstein von 1998 bis 2000 einen enormen Umsatz- und Beschäftigungszuwachs gegeben hat – also einen wirtschaftlichen Boom. Die Umsätze wuchsen um 17% und nahezu ein Drittel des gesamten Beschäftigungszuwachses der Wirtschaft in diesem Zeitraum sind auf die Informations- und Kommunikationswirtschaft zurückzuführen. Seit den Boom-Jahren hat sich aber eine gewisse Ernüchterung breit gemacht – auch wenn das aus der Beantwortung der Landesregierung nicht so deutlich hervorgeht. Denn der massive Einbruch des Neuen Marktes letztes Jahr war auch für die schleswig-holsteinischen Unternehmen ein harter Schlag. Leider liegen noch keine aktuellen Zahlen vor. Aber die Tatsache, dass die Branche zum ersten Mal seit langem vermeldet, dass sie keine Probleme hat, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, hängt natürlich auch mit dem vielen Konkursen und den Personalabbau bei diesen Unternehmen zusammen.
Es liegt auf der Hand, dass die Probleme, die wir heute in dieser Branche sehen, auch auf eine gewisse Marktsätigung zum Beispiel bei Mobiltelefonen zurückzuführen sind. Natürlich reagiert der SSW besonders sensibel, wenn es um die Probleme bei den großen Unternehmen in unserem Landesteil geht. Stichworte sind: Motorola in Flensburg und Mobilcom in Büdelsdorf. In beiden Unternehmen geht es um viele Arbeitsplätze. Während die Arbeitsplätze bei Motorola - auch Dank des Einsatzes der Landesregierung - erst einmal gesichert sind, hat Mobilcom unter den Folgen der UMTS-Versteigerung zu leiden.
Neben dem Machtkampf zwischen Mobilcom-Chef Schmidt und der France Telecom kämpft das Unternehmen insbesondere mit den viel zu hohen Kosten für den Erwerb der UMTS-Lizensen. Die Versteigerung der UMTS-Lizensen war natürlich für den Bundesfinanzminister ein wahrer Goldregen. Aber es ist aus heutiger Sicht sehr fraglich, ob es wirtschafts- und gesellschaftspolitisch richtig war, die Lizenzen auf diese Art an den Mann zu bringen. Experten verweisen darauf, dass zu hohe Lizenzkosten die gesamte Volkswirtschaft lähmen können, wenn dadurch Telekommunikationsunternehmen in den Konkurs getrieben werden. Die Alternative zu der Versteigerung der Lizenzen wären sogenannte Schönheitswettbewerbe der Netzbetreiber gewesen, wie sie auch Anfang der Neunziger Jahre bei der Vergabe der GSM-Lizenzen praktiziert wurden.
Die Landesregierung hat mit verschiedenen Programmen die Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationswirtschaft nach Kräften gefördert. In der Beantwortung der Großen Anfrage wird insbesondere auf die große Anzahl von Neuansiedlungen und den dabei geplanten neuen Arbeitsplätzen hingewiesen. Es findet sich in diesem Zusammenhang zwar keine konkreten Zahlen über die tatsächlich geschaffenen Arbeitsplätze, aber wir gehen natürlich davon aus das die Landesregierung eine dementsprechende Evaluierung vorgenommen hat.
Auch die positive Rolle der vielen Technologiezentren und der Technologiestiftung Schleswig-Holstein bei der Förderung dieser Branche wird in der Beantwortung unterstrichen. Dabei begrüßt der SSW auch die Zielsetzung des neuen Programms e-Region Schleswig-Holstein, mit dem die Landesregierung gleichzeitig Innovationen in der Regionalpolitik anregen will und die Rahmenbedingungen für eine auf Wissen und Technologien beruhende regionale Ökonomie verbessern will. In diesem Zusammenhang erwarten wir, dass die Stadt Flensburg mit ihrer Universität und Fachhochschule sowie dem Technologiezentrum und den angesiedelten Unternehmen der Informations- und Kommunikationsbranche der Ausgangspunkt für eine positive Entwicklung der gesamten Region sein kann. Dafür bedarf es dann aber natürlich die wohlwollende Unterstützung der Landesregierung. Die Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung sind also vorhanden: Trotz der heutigen Probleme hat die Informations- und Kommunikationswirtschaft in Schleswig-Holstein weiterhin eine Zukunft.

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