Tale · 19.11.2020 Rede zu Protokoll gegeben Klärung ist dringend notwendig

"Menschen mit Behinderung sollen möglichst selbst bestimmen, wann, wo, von wem und wie sie Unterstützung erhalten"

Christian Dirschauer zu TOP 17 - Kostenübernahme für Assistenzkräfte von Menschen mit Behinderung bei Krankenhausaufenthalten sowie in Reha-Maßnahmen regeln (Drs. 19/2543(neu))

Das wesentlichste gleich vorweg: Die SPD spricht mit ihrem Antrag ein wirklich wichtiges Thema an, das dringend geklärt werden muss. Wer eine Behinderung hat und auf eine Assistenz angewiesen ist, braucht diese Leistung in aller Regel auch im Krankenhaus oder in der Rehaklinik. So viel ist klar. Auch wenn sich zwischenzeitlich bekanntlich auch der Bundesrat mit der Thematik befasst hat, können wir dieses Anliegen voll und ganz unterstützen. 

Die aktuelle Situation von Menschen mit Behinderung, die auch in der Klinik auf ihre Assistenz angewiesen sind, ist nicht nur uneinheitlich geregelt, sondern mitunter richtig absurd. Nach geltender Gesetzeslage können tatsächlich nur diejenigen, die ihre Persönliche Assistenz im Arbeitgebermodell organisieren, diese auch ins Krankenhaus mitnehmen. Nur in diesen Fällen werden die entsprechenden Kosten übernommen. Oder anders gesagt: Nur Arbeitgeber mit Handicap können die Hilfestellung ihrer Assistenzperson auch im Krankenhaus in Anspruch nehmen. Völlig gleich betroffenen Personen, die die Assistenz als Sachleistung, zum Beispiel durch einen ambulanten Dienst erhalten, wird diese Möglichkeit verwehrt.

Eine solche Ungleichbehandlung ist aus Sicht des SSW völlig inakzeptabel. Wenn Menschen mit Behinderung außerhalb des Krankenhauses oder der Reha-Einrichtung den gleichen, anerkannten Bedarf und Anspruch haben, muss dieser auch innerhalb der Kliniken gelten. Unabhängig davon, ob die Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer ihre Leistung über das Arbeitgebermodell organisieren, oder über einen Leistungsanbieter beziehungsweise einen Pflegedienst erhalten. Und gerade weil die überwältigende Mehrheit der Menschen mit Behinderung mit Assistenzbedarf so genannte trägergesteuerte Leistungen beziehen und damit klar benachteiligt werden, muss die Frage der Kostenübernahme dringend geklärt werden.
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland, ISL, hat die hier geltende Gesetzeslage bekanntlich schon vor Jahren rechtlich begutachten lassen. Mit eindeutigem Ergebnis: Das gängige Argument der Krankenkassen und anderer Leistungsträger, wonach alle notwendigen pflegerischen Leistungen von den Krankenhäusern sicherzustellen seien, greift offensichtlich zu kurz. Auch die entsprechenden Gerichtsentscheidungen beziehen sich ausschließlich auf den Bereich der medizinischen Pflege. Berichte der Betroffenen zeigen aber klar und deutlich, dass ein Krankenhausaufenthalt ohne die Mitnahme der eigenen persönlichen Assistenzperson mitunter nicht möglich, gesundheitsschädigend, oder zum Beispiel im Fall einer benötigten rund um die Uhr Betreuung lebensbedrohlich sein kann. Daher entspricht die deutsche Gesetzeslage, so das Gutachten, weder den völkerrechtlichen Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention noch denen des Grundgesetzes.  

Wer davon ausgeht, dass in der Klinik die Pflegeleistung an die Stelle der Assistenzleistung tritt, hat im Übrigen auch etwas ganz Grundlegendes nicht verstanden. Der Begriff "Assistenz" wurde geprägt, um schon über die Wortwahl die selbstbestimmte von der fremdbestimmten Behindertenhilfe abzugrenzen. Und ich hoffe viele teilen meinen Wunsch, nach dem Menschen mit Behinderung möglichst selbst bestimmen sollen, wann, wo, von wem und wie sie Unterstützung erhalten. Genau das ist aber im allgemeinen Krankenhausbetrieb weder machbar noch wirklich vorgesehen. Aber in vielen Fällen ist diese selbst bestimmte Unterstützung gerade während eines Klinikaufenthalts besonders wichtig. Und deshalb darf sie nicht aus Kosten- oder irgendwelchen anderen Gründen verwehrt werden. 

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