Tale · 27.04.2022 LNG ist nicht die Lösung des Problems, es ist ein Teil des Problems

Der Bevölkerung wird Sand in die Augen gestreut und der Gas-Lobby das Wort geredet. Anstatt das viele Geld in ein LNG-Terminal zu zementieren, sollte es besser genutzt werden, um Energieeffizienz und Energieeinsparung voranzubringen – gerade in der Industrie. Für den stärkeren Ausbau regenerativer Energien oder für die Entwicklung von Speichern. Das ist nachhaltig und kostengünstiger für die Verbraucher.

Lars Harms zu TOP 10 - Erste Lesung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landeswassergesetzes (Drs. 19/3814)

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine stellt uns in weiten Teilen der Versorgung vor bisher ungeahnte Herausforderungen. Die zu erwartende Verknappung landwirtschaftlicher Produkte aus der Ukraine oder die schrittweise Sanktionierung fossiler Rohstoffe aus Russland erfordert von uns ein energiepolitisches Umdenken. Dieser Krieg macht deutlich, wie sehr wir uns von russischem Öl, Gas oder auch von russischer Kohle abhängig gemacht haben. Daher ist es unbestritten, dass wir uns von den russischen Lieferungen unabhängig machen müssen. Für den SSW sage ich ganz klar, wir müssen raus aus der Abhängigkeit vom russischen Gas. Lieferungen aus einem totalitären und kriegerischen Staat darf es für uns nicht länger geben. Die Frage ist jedoch, welchen Weg wollen wir dafür einschlagen und was sind wir gewillt im Gegenzug dafür aufzugeben? 
Russisches Erdgas soll nun durch LNG ersetzt werden. Eine Lösung, die unser grüner Bundeswirtschaftsminister Habeck, dafür ausgehandelt hat, ist der Bezug von LNG unter anderem aus Katar. Hier sage ich ganz deutlich, wir begeben wir uns in eine neue Abhängigkeit von einem Land, das noch weit entfernt ist von unserem demokratischen Verständnis für Bürger- und Menschenrechte. Auch der Bezug von LNG aus den USA ist aus unserer Sicht keine Lösung des Problems. Das verflüssigte Erdgas aus den USA wird durch Fracking gewonnen. Eine Fördermethode, die wir in Schleswig-Holstein zurecht ausgeschlossen haben, aufgrund der enormen Risiken für Mensch und Umwelt. 
LNG soll es nun richten und damit werfen wir alle bisherigen Beschlüsse und Errungenschaften über Bord. Ich sage ganz deutlich: LNG ist nicht die Lösung des Problems, es ist ein Teil des Problems. Wir werden nicht unabhängig von fossilen Rohstoffen, indem wir neue Gas-Infrastrukturen aufbauen. Ein LNG-Terminal, dass nun in Brunsbüttel aus dem Boden gestampft werden soll, wird nicht für zehn Jahre gebaut. Diese Gas-Infrastruktur hat eine ökonomische Lebenszeit von 30-50 Jahren. Damit überschreiten wir bei weitem den Zeitpunkt, wo wir uns von fossilen Energieträgern verabschieden wollen. Die vom Bund angepeilte Klimaneutralität bis 2045 wird eindeutig gerissen. Um dem LNG-Terminal in Brunsbüttel einen grünen Anstrich zu verleihen, spricht Jamaika von der perspektivischen und soweit technisch sinnvollen Möglichkeit eines Multi-Energie-Terminal, das später auf Wasserstoff umgerüstet werden soll. Hierzu gibt es jedoch keinerlei konkrete Pläne und die technische Machbarkeit wird zudem in Frage gestellt. Der Bevölkerung wird Sand in die Augen gestreut und der Gas-Lobby das Wort geredet. 
Wir haben bereits ein europäisches Pipelinenetz das den deutschen Markt mit LNG versorgt oder versorgen kann. Terminals in Rotterdam, Dünkirchen oder Zeebrugge haben Kapazitäten, die wir nutzen können und die sich ausbauen ließen. Darüber will der Bund über zwei Milliarden für die Nutzung schwimmender Flüssigerdgasterminals ausgeben. Wenn wir schon über LNG reden, dann doch über solche Möglichkeiten für einen überschaubaren Zeitraum. Damit einhergehend brauchen wir aber weiter klare Ausstiegsszenarien, um unsere Klimaziele einzuhalten. 
Alternativen zum vorliegenden Gesetzentwurf gibt es also. Man muss es nur wollen. 
Wann so ein Terminal in Brunsbüttel stehen könnte, darüber ist sich nicht einmal die Landesregierung einig. Ministerpräsident Günther geht von drei Jahren aus und Minister Buchholz prognostiziert die Bauphase auf vier bis fünf Jahre. 
Wie teuer uns LNG kommen wird, ist derzeit nicht absehbar. 500 Mio. Euro über KfW Mittel will der Bund geben; allein für das Terminal in Brunsbüttel. Zweieinhalb Milliarden für die Tanker. Und die Netzbaumaßnahmen werden laut Deutscher Umwelthilfe auf rund 640 Millionen Euro geschätzt, die dann aber vom Verbraucher getragen werden sollen. LNG wird am Markt teurer gehandelt als Erdgas. Die Umwandlung von Gas in flüssig, die Regasifizierung sowie der Transport machen LNG zusätzlich teuer. Die beim LNG entstehenden Vorkettenemissionen sind höher als beim Pipelinegas. In Anbetracht der steigenden CO2-Steuer werden für den Verbraucher hier zusätzliche Ausgaben entstehen. Zahlen muss dies am Ende des Tages der Steuerzahler und der Verbraucher. Was nützt am Ende des Tages eine „Gassicherheit“, die sich die Verbraucher nicht leisten können. Und das über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Fossile Energie wird teurer, das ist unbestritten. Doch mit LNG wird es noch teurer. 
Anstatt das viele Geld in ein LNG-Terminal zu zementieren, sollte es besser genutzt werden, um Energieeffizienz und Energieeinsparung voranzubringen – gerade in der Industrie. Für den stärkeren Ausbau regenerativer Energien oder für die Entwicklung von Speichern. Das ist nachhaltig und kostengünstiger für die Verbraucher. Wir lehnen die Änderung zum Landeswassergesetz ab, weil es der erste Schritt, auf einem falschen Weg ist.

Weitere Artikel

Pressemeddelelse · 27.03.2024 Cannabis-Prävention hinkt dem Gesetz hinterher

Sind die Präventionsangebote in Schleswig-Holstein gut genug aufgestellt, um auf die Cannabis-Legalisierung zu reagieren? Das wollten wir von der Landesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage erfahren. Die Antworten sind alarmierend. Dazu erklärt der gesundheitspolitische Sprecher der SSW-Landtagsfraktion, Christian Dirschauer:

Weiterlesen

Pressemeddelelse · Kiel · 27.03.2024 SSW fordert vollständige Aufklärung in Sachen Anschar

Zum Rücktritt des Ratsherrn Dirk Scheelje im Zusammenhang mit den Vorgängen rund um den Anscharcampus erklärt Ratsherr Marcel Schmidt, Vorsitzender der SSW-Ratsfraktion Kiel:

Weiterlesen

Nyhed · 27.03.2024 Vorstände von SSW und SPD trafen sich zu gemeinsamen Gesprächen

Auf einer gemeinsamen Sitzung der Landesvorstände am 26. März 2024 wurde über die Standpunkte und großen Schnittmengen beider Parteien u.a. zu CCS, zur Minderheitenpolitik, dem Industriestandort Schleswig-Holstein oder auch zum grenzüberschreitenden Verkehr zu Dänemark gesprochen.

Weiterlesen