Tale · 11.03.2016 Nein heißt nein - Immer und überall!

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 17 u. 20 - Nein heißt Nein

Zur Stunde, jetzt,  in diesem Moment, werden Frauen belästigt, begrabscht, herabgewürdigt und vergewaltigt. Die Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen finden sich rund um den Globus, in allen Gesellschaftsschichten und in allen Altersgruppen. 

Wenn es uns schon nicht gelingt, diese Taten zu verhindern, dann muss es darum gehen, dass die Frauen nach der Tat nicht noch einmal traumatisiert werden. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ meldete 2014, dass es in nur 8,4 Prozent aller angezeigten Vergewaltigungen zu einer Verurteilung kommt. Oftmals fehlt es schlicht und ergreifend an psychosozialer Prozessbegleitung, die den vergewaltigten Frauen das Durchhalten ermöglicht. Wir müssen die Opfer sexueller Gewalt ernster nehmen und die Taten nicht als Kavaliersdelikte verharmlosen. 

Dabei gibt es Abhilfe: die Wegweisung gewalttätiger Männer aus dem Familienhaushalt, Opfertelefone oder die Möglichkeit anonymer Spurensicherung. Andere Vorhaben werden aber nicht umgesetzt. Das macht mich als Frau wütend. Sowohl Vorschläge als auch konkrete Maßnahmen sind verabschiedungsreif, finden aber offenbar keine politische Mehrheit in Berlin. Warum ratifiziert Deutschland nicht die Istanbul Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt? Das ist überfällig. Nach dieser Konvention des Europarats werden alle sexuellen Akte bestraft, die ohne das Einverständnis der Beteiligten erfolgen. Aus dem Bundesjustizministerium hört man, dass das ja in Deutschland sowieso schon gelte. Dabei muss gerade diese Regelung im Strafrecht dringend reformiert werden. Warum konnte sich der Bundesrat vor wenigen Tagen nur zu einer allgemeinen Formulierung, aber nicht zu einer Strafrechtsreform des § 177 durchringen? Warum muss eine Frau bluten, damit Polizei und Staatsanwaltschaft ihr eine Vergewaltigung überhaupt abnehmen? Ein deutliches Nein reicht in Deutschland nicht als Qualifizierung einer Vergewaltigung, obwohl Frauenverbände gerade das seit vielen Jahren fordern. Warum geht gegen diese bornierte Haltung kein Aufschrei durchs Land? Warum belässt es die Bundesregierung bei Zwischenschritten und Willenserklärungen zur Bekämpfung sexueller Gewalt in den Familien? 

Die Täter lachen sich ins Fäustchen. Sie basteln weiter an ihren Ausflüchten und konstruieren Geschichten, die die Frauen zu Komplizen machen sollen.

Dabei ist klar: Gewalt gegen Frauen hat nichts mit Sexualität zu tun, sondern mit Macht. Vergewaltigungen sind nicht zufällig eine Waffe im Krieg: in Bosnien, in Syrien und dem Kongo. Vergewaltiger zielen auf die psychische Zerstörung des Opfers. 

Ich bin, zugegebenermaßen, parteiisch. Die Strafverfolgungspraxis muss dagegen sachlich unabhängig sein. Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sind durch das Prinzip eines fairen Verfahrens angehalten, nicht nur das Opfer zu würdigen, sondern auch die Interessen von Beschuldigten zu beachten.  Gerade darum muss die gesetzliche Grundlage, die wir den Strafverfolgungsbehörden an die Hand geben, dringend reformiert werden, damit, sozusagen, Waffengleichheit herrscht. 

Strafrecht soll Opfer schützen. Damit es das kann, müssen wir es entsprechend ertüchtigen. 

Aber auch auf uns wartet eine Riesenaufgabe: Die Gesellschaft muss sexualisierte Gewalt ächten. Diese ist alltäglich, wie die Statistiken belegen. So gab jeder zweite Beschäftigte gegenüber der Antidiskriminierungsstelle des Bundes an, anzügliche Witze hören zu müssen oder unsittliche Berührungen ertragen zu müssen. Das muss aufhören. 

Aus einer statistischen Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte 2014 geht hervor, dass eine von drei Europäerinnen seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren hat, die Hälfte aller Frauen ist schon sexuell belästigt worden. 

In Deutschland hat rund ein Drittel der Frauen schon ein- oder mehrmals sexuelle Gewalt erleben müssen. Solche Zahlen muss man sich erst einmal bewusstmachen. 

Gewalt gegen Frauen wird dabei überwiegend durch Partner oder Expartner und im häuslichen Bereich verübt.

Sexualisierte Gewalt darf nicht nur dann thematisiert werden, wenn sie Stereotype, Vorurteile und Rassismen bedient.

Sie muss immer geächtet werden. Dabei ist es vollkommen egal, welche Nationalität oder Hautfarbe die Täter haben. Gewalt gegen Frauen findet überall statt und wir können und wollen dazu nicht mehr schweigen. 

Nein heißt nein! Immer und überall!

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