Tale · 08.10.2008 Neufassung des Denkmalschutzgesetzes

Denkmalschutz bewegt sich immer in einem Spannungsfeld. Das öffentliche Interesse an einem möglichst unveränderten Erhalt von Kulturgütern ist groß, denn Denkmäler sind Teil unseres kulturellen Gedächtnisses. Die privaten und öffentlichen Eigentümer dieser Denkmäler stehen aber im Interessenkonflikt zwischen der Erhaltung des Alten und der modernen Nutzung – nicht zuletzt der wirtschaftlichen Nutzung. Aufgabe der Denkmalschutzgesetzgebung muss es daher sein, hier eine Balance zwischen den Interessen zu finden. Das klappt nicht immer, denn das Interesse der Öffent¬lichkeit ist auf den Erhalt über Jahrhunderte hinaus ausgerichtet, während der einzelne Mensch und Eigentümer nun einmal im Hier und Jetzt lebt. Da wird es in manchen Fällen nie einen für beide Seiten befriedigenden Ausgleich geben. Aber eine Verpflichtung bleibt der öffentlichen Hand immer: so weit wie möglich für Klarheit und Transparenz zu sorgen.

Wenn dieser Gesetzentwurf beschlossen und umgesetzt ist, werden die Menschen klar wissen, ob sie ein Denkmal besitzen, bekommen oder erwerben. Denn fortan gibt es das eine Buch, in dem alle bestehenden Denkmäler verzeichnet sind. Vor allem aber entfällt endlich die alte, unheilige Streitkultur, mit der das aktuelle Denkmalschutzrecht in Schleswig-Holstein behaftet ist. Denn heute ist es immer noch üblich, dass Menschen mehr oder weniger automatisch Widerspruch einlegen, wenn ihre Gebäude als Denkmäler eingestuft werden. Streit und jahrelange Verfahren sind die Folge. Dieser Automatismus wird mit der Umstellung vom konstitutiven System auf das nachrichtliche System gebrochen, ohne dass dadurch die Möglichkeiten der Eigentümer schon von vornherein eingeschränkt werden. Sie können nun jederzeit – also auch Jahre später – die Einstufung als Denkmal vor dem Verwaltungsgericht klären lassen, wo sie bisher an eine enge Widerspruchsfrist gebunden waren. Diese Fristen waren gerade der Grund, dass viele Eigentümer bisher prophylaktisch die Einstufung ihres Eigentums als Denkmal verhindern wollten. Aber entscheidend ist letztlich nun einmal nicht der Zeitpunkt der Einstufung, sondern, was dann passiert, wenn Veränderungen am Denkmal angestrebt werden. Hier gibt es kurze Prüf- und Genehmigungsfristen und im Übrigen bekommen die Eigentümer über die bestehenden Rechte und Pflichte hinaus also erstmals die Möglichkeit, zu diesem Zeitpunkt gegen die Denkmalschutzeintragung zu klagen. Deshalb geht auch die Kritik des Haus & Grundeigentümer¬verbands ins Leere. Die jetzt von Haus & Grund geschürte Angst, dass jetzt jede Menge Nachkriegshäuser als Denkmal eingestuft werden und nicht mehr verändert werden können, ist geradezu absurd. Voraussichtlich wird eine Reihe von Gebäuden, die heute noch als „einfache Denkmäler“ geführt werden, nicht der neuen einheitlichen Definition entsprechen und sogar gänzlich aus dem Denkmalschutz entlassen.

Mit dem neuen Denkmalschutzgesetz wird der Verwaltungsaufwand im Alltag geschmälert und die Bearbeitung beschleunigt – für die Bürger ebenso wie für die Denkmalschutzbehörden. Dabei ist klar, dass durch die Neuregelung zunächst ein erheblicher Aufwand für die Behörden entsteht. Dieses Gesetz bringt mehr Klarheit – aber erst wenn diese Klarheit in Form einer erschöpfenden Denkmalliste vorliegt. Entscheidend wird nun sein, wie das Gesetz umgesetzt wird. Das neue Denkmalbuch für Schleswig-Holstein muss schnell erstellt werden und die Eigentümer müssen zügig darüber informiert werden. Dieses bedeutet erst einmal mehr Verwaltungsaufwand. Mehr Denkmäler erfordern erst einmal auch mehr Personal. Das ist klar. Die Landesregierung erklärt im vorliegenden Gesetzentwurf, dass diese Mehrarbeit durch Werkverträge des Landesamts abgedeckt wird, und dass die dafür erforderlichen Mittel im Rahmen der Deckungsfähigkeit zu Lasten der investiven Fördermaßnahmen erwirtschaftet werden. Darauf wird noch genau zu achten sein. Dies gilt auch für die Aussage, dass hier keine Konnexität greift, weil keine neuen oder veränderten Aufgaben auf kommunaler Ebene vorliegen.

Erfreulich ist es, dass die anfänglichen Überlegungen einer Bündelung des Denkmal¬schutzes auf Landesebene oder in den Kreisen aufgegeben wurden. Es spricht nichts dagegen, über neue Strukturen nachzudenken, wie es die Grünen im letzten Jahr mit ihrem Gesetz¬entwurf angestoßen haben. Aber „schlankere“ Strukturen sind kein Selbstzweck. Sie müssen ihre Funktion für die Bürger erfüllen und wirtschaftlich arbeiten; das sind die Maßstäbe. Im Interesse des Denkmalschutzes brauchen wir fundiertes Expertenwissen. Das Erkennen, Deuten und Bewerten von Denkmalen sowie der richtige Umgang mit traditionellen Bautechniken erfordern ein Spezialwissen, das nur die Profis im Landesamt gewährleisten können. Auf der anderen Seite brauchen wir angesichts des Spannungsverhältnisses zwischen Denkmalschutz und Eigentum einen direkten Dialog und eine enge Zusammenarbeit mit Betroffenen. Dies kann ein angereister Fachmann aus Kiel nicht in der gleichen Weise bieten, wie ein lokaler Ansprechpartner. Eine solche transparente und erklärende Politik vor Ort können nur die unteren Denkmal¬schutzbehörden leisten. Umso erfreulicher ist es, dass die Landesregierung selbst zum Schluss kommt, dass keine wesentlichen Einsparungen durch eine Bündelung auf einer Ebene zu erwarten wären und daher weise auf eine Strukturreform verzichtet.

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