Tale · 21.05.2021 „Niemals Gewalt!“ im Großen wie im Kleinen

"Tatsächlich wird durch neue Kommunikationswege im Netz der Raum, in dem Gewalt und Mobbing stattfindet, auf eine gewisse Weise entgrenzt. Denn die Drangsalierung hört eben nicht hinter dem Zaun zum Schulhof auf, sondern erstreckt sich bis über das Kinderzimmer hinaus, mit einer nicht einschätzbaren Reichweite." 

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 45 - Gewalt in der Schule wirkungsvoll thematisieren und vorbeugen – sexualisierte Gewalt im Fokus (Drs. 19/2508 & 19/2866)

Dieser Antrag steht in einem Zusammenhang mit den Erfahrungen mit der Datenbank für Gewaltvorkommnissen an Schulen, über die wir in dieser Legislaturperiode schon zu mehreren Gelegenheiten geredet haben. 

Die ersten Erkenntnisse aus dem Schuljahr 2018/19 waren die auch im Antragstext zitierten Zahlen von 585 Einzelfällen, mit insgesamt 756 Taten. Mehr Taten als Fälle, weil verschiedene Formen von Gewalt oft miteinander einhergehen. Deswegen ist es auch richtig, wenn wir, so wie es in diesem Antrag auch geschieht, die verschiedenen Ausprägungen mitdenken. 

Wenn wir also von Gewalt an Schulen sprechen, dann beinhaltet das auch sexualisierte Gewalt. Und diese wiederum beginnt bereits da, wo sie mündlich oder schriftlich geäußert wird. Dafür muss es nicht erst zu körperlichen Übergriffen kommen. 
Tatsächlich wird durch neue Kommunikationswege im Netz der Raum, in dem Gewalt und Mobbing stattfindet, auf eine gewisse Weise entgrenzt. Denn die Drangsalierung hört eben nicht hinter dem Zaun zum Schulhof auf, sondern erstreckt sich bis über das Kinderzimmer hinaus, mit einer nicht einschätzbaren Reichweite. 
Wenn beispielsweise an einer Schule herabwürdigende Abbildungen oder Kommentare mit sexualisiertem Inhalt über Nachrichtendienste oder Apps verbreitet werden, kann das bei den Betroffenen, besonders wenn sie sich alleingelassen fühlen, zu starken psychischen Belastungen bis hin zu Schulangst fühlen. Sie kennen das gegebenenfalls selbst, man kann das Handy zwar auch mal ausschalten, aber die Entwicklung hält man damit trotzdem nicht auf. 

Im Punkt körperliche sexualisierte Gewalt habe ich aus der Anhörung als besonders einprägsam mitgenommen, dass Präventivprogramme hier schon vor Beginn der Pubertät ansetzen müssen, um Kindern und Jugendlichen verständlich zu machen, wo Grenzüberschreitungen anfangen, auch unter Gleichaltrigen. Es schadet auch nicht, hiermit schon in Kitas anzusetzen. Gleich welchen Alters müssen Kinder ermutigt werden, „Nein“ zu sagen, Grenzen zu verbalisieren. 
In der Anhörung ist unmissverständlich klar geworden, dass unsere Schulen verbindliche Schutzkonzepte brauchen. Deswegen sind wir uns auch fraktionsübergreifend einig, dass diese nun an allen Schulen entwickelt und vor allem auch gleichermaßen umgesetzt werden sollen, natürlich auf die jeweilige Schule angepasst. 
Jede Schule braucht einen gemeinsam abgestimmten Plan, Verhaltensregeln und auch klare Konsequenzen. 

Und auch in dieser Anhörung wurde, ich erinnere an die Debatte gestern, immer wieder auf die Wichtigkeit von Schulsozialarbeitern und Schulpsychologinnen als geeignete Ansprechpersonen hingewiesen worden. 
Die meisten Kinder, so hörten wir es von der Leiterin des Kinderschutz-Zentrums Kiel, zeigen keine direkten Anzeichen, wenn sie von sexualisierter Gewalt betroffen seien. Unsere Lehrkräfte müssen also auch schon in der Ausbildung in besonderer Art und Weise hierfür sensibilisiert werden. 
Ich bin daher zu der Schlussfolgerung gekommen, dass wir auch unsere Beratungslehrkräfte zahlenmäßig weiter ausbauen müssen, beispielsweise durch Fortbildung beim BeratungslehrerInnenverband. 
Unser mittelfristiges Ziel sollte der Einsatz von ausreichend Beratungslehrkräften aller Geschlechter an allen Schulen sein, um die Lehrkräfte in den Bereichen der Prävention und Intervention zu stärken. 

Ich habe heute schon an anderer Stelle Astrid Lindgren zitiert und möchte das daher nicht überstrapazieren. Aber in ihrer Utopie des Weltfriedens, die sie in ihrer Rede „Niemals Gewalt“ zeichnet, beginnt auch sie bei der Erziehung von Kindern. Ich denke da jetzt nicht an Krieg, wohl aber an das Durchbrechen von Verhaltensmustern und an die klare Ansage: „Niemals Gewalt!“, im Großen wie im Kleinen. 

Daher bin ich froh, dass wir an diesem Tag gemeinsam ein starkes Zeichen gegen Gewalt setzen und unseren Schulen die Unterstützung zusichern, die sie brauchen! 

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