Tale · 19.06.2014 Sanierungsstaus bei den Sportstätten in den Kommunen

„So sieht der Status quo aus: Es wurde mit viel Enthusiasmus gebaut, bei der Instandhaltung wurde gespart und zum Schluss wurden die Stätten kaputt genutzt.“

 


 

Sport ist durch Sportartikel, Bau von Sportstätten und Vermarktung ein bedeutsamer Wirtschaftsbereich. Derzeit kann allerdings der wirtschaftliche Beitrag des Sports nur geschätzt werden, so dass immer noch vielerorts der Fehler gemacht wird, Sport nur als eines von vielen Hobbys zu verstehen. Wer aber den Sport vernachlässigt, der nutzt das Potential des Wirtschaftsfaktors nicht aus. Um ein Beispiel zu nennen: viele Touristen erwarten am Urlaubsort abwechslungsreiche, moderne und ansprechende Sportstätten. Ihre Ausstattung ist ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Reiseziels. Das betrifft nicht nur Schwimmbäder und Radwege, sondern auch die Sporthallen. Da gibt es gute Beispiele im Land, aber auch sanierungsbedürftige Sportstätten. Sportplätze, Hallen und Schwimmbäder teilen im Großen und Ganzen das Schicksal unserer gesamten Infrastruktur: mit viel Enthusiasmus gebaut, bei der Instanthaltung gespart und zum Schluss kaputt genutzt. Wir leben in Sachen Sportstätten von der Substanz. Jede dritte Sportstätte in Schleswig-Holstein hat laut Bericht einen Sanierungs- bzw. Modernisierungsbedarf. Das hat die Landesregierung erkannt.

 

Die Daten dazu wurden allerdings erst jetzt erstmals landesweit erhoben. Weder Zahl noch Größe oder baulicher Zustand der Sportstätten waren vorher bekannt. Die Kommunen haben teilweise gar keine eigene Sportstättenplanung oder stecken mitten in einer entsprechenden Erhebung. Dementsprechend müssen wir auch die Daten lesen und können sie nur vorsichtig interpretieren. Fast jede sechste Sportstätte fehlt in der Statistik, weil wir einen Rücklauf von 83% haben. Es liegt also keine Vollerhebung vor. Darüber hinaus haben nicht alle Sportstätten einen Förderbedarf angemeldet. Allein in Nordfriesland fehlen deshalb in der entsprechenden Tabelle einzelne Standorte, so das Wellenbad in Wyk oder die Freibäder in Stadum, Neukirchen oder Risum-Lindholm. 

 

Der Sport befindet sich im Umbruch; die Zukunftsfähigkeit der Vereine steht zur Debatte, wie der Landessportbund ausführt. Die Nachfrage ändert sich. Wo früher noch Faustball gespielt wird, suchen heute Freeclimber eine Übungswand. Die Nachfrage nach Sportangeboten speziell für Menschen mit Behinderungen wächst, gleichzeitig sieht sich der Jugendsport durch Ganztagsschule, sinkende Schülerzahlen und neue Sportarten vor ganz neuen Herausforderungen gestellt. Der Landessportbund weist in diesem Zusammenhang auf den Bedarf an multifunktionalen, kleinteiligen Hallen hin. Den Bedarf an diesen Sportanlagen muss man zum Sanierungsbedarf also noch hinzurechnen. Im Sportbereich ist also eine Menge in Bewegung. Im wahrsten Sinne des Wortes.

 

In dem Bericht wird auch darauf hingewiesen, wie stark Sportstätten auf Platzwarte und Hausmeister angewiesen sind. Ohne deren Einsatz würden die Sportstätten im Handumdrehen einen erheblichen Sanierungsbedarf entwickeln, was vor allem in größeren Städten der Fall sei. Auch an dieser Stelle sehe ich eine klare Unterfinanzierung und dementsprechend einen eindeutigen Nachholbedarf. Die personelle Struktur im Sport des Landes Schleswig-Holstein ist aber sicherlich ein Thema für eine andere Debatte. 

 

Der Bericht macht noch einmal deutlich, was man im Land schon lange weiß: den Schulen kommt eine zentrale Bedeutung im Breitensport zu. In den Schulen sind zahlenmäßig die meisten Sportlerinnen und Sportler konzentriert. Es ist daher zu überlegen, wie die Schulen besser in die Sportstättenentwicklung integriert werden können. Das könnte in Arbeitsgruppen passieren oder gleich auf kommunaler Ebene, im Rathaus. Von so einer Einbindung würden auch die Sportvereine profitieren, die sowohl eine bessere Auslastung ihrer Sportstätten erreichen könnten als auch die Rekrutierung ihrer Vereine verbessern würden. In kleineren Gemeinden ist die gute Zusammenarbeit schon gang und gäbe, so dass Schulsport und Vereinssport Hand in Hand arbeiten. Das wäre sicherlich auch für die größeren Städte ein Modell. Es stellt sich dann aber doch die Gretchenfrage, wie hier eine bessere Finanzierung der Sportstätten geleistet werden kann. Wir wissen alle, dass es immer gerne ein bisschen mehr sein kann. Aber natürlich werden wir den Bedarf, der sich zum Beispiel bei der Sportstättenerhebung 2006 ergeben hat, nicht im Handumdrehen befriedigen können. 2006 ging man von einem Bedarf von 70 Millionen Euro für die Sportstätten aus. Weniger sind es sicherlich nicht geworden. Nach unserer Auffassung müssen wir aber mindestens den Einstieg in eine verstärkte Förderung schaffen. Und da erscheint es logisch, doch die Einnahmen zu berücksichtigen, die aus Sportswetten generiert werden. Somit würden mit Sportwetten auch Sportstätten finanziert werden können. Ob dies ein gangbarer Weg ist, werden die Haushaltsberatungen zeigen. Aber auf jeden Fall wissen wir, dass wir etwas tun müssen, und wir werden etwas tun.

 


 

 

 


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