Tale · 12.10.2006 Trennung von Stromerzeugung und Leitungsnetz

In den letzten Jahren mussten wir machtlos zusehen, wie die Strompreise immer wieder erhöht wurden. Obwohl der Strom zu über 30 Prozent aus abgeschriebenen Kernkraftwerken kommt und rund 40 Prozent aus Kohlekraftwerken die heimische Braunkohle oder gar subventionierte Steinkohle nutzen, wird immer wieder behauptet, der Weltmarkt zwinge die Unternehmen zu saftigen Preiserhöhungen. Raus kommen dabei Milliardengewinne, die eigentlich nur darauf beruhen, dass der Kunde keine Wahl hat. Wir können feststellen, dass die so genannte Liberalisierung des Strommarktes gescheitert ist und der Kunde draufzahlen muss.

Nun hat man versucht, dem Treiben der Stromkonzerne Herr zu werden, in dem man eine Preisaufsicht für Tarifkunden und eine für Strom-Großhandelspreise eingerichtet hat. Auf Bundes- und auf Landesebene sollen das Kartellamt, die Bundesnetzagentur und die Bundesländer, die vier Großkonzerne kontrollieren. Dass dies nicht funktioniert, konnten wir vor kurzem sehen. Während in anderen Bundesländern der Preis für Strom geringfügig sinken wird, weil die Behörden festgestellt haben, dass die Leitungsgebühren zu hoch sind, hat der Landeswirtschaftsminister Schiffbruch erlitten. Bei uns werden die Preise nicht sinken, weil sich Herr Austermann mit der Begründung zufrieden gibt, dass angeblich alle Preissenkungen, die erst kürzlich andernorts durchgesetzt wurden, schon immer in den E.ON-Durchleitungspreisen enthalten waren. Einen Beweis dafür, haben die Kunden aber nicht. Zahlen dürfen sie aber Dank dieser Landesregierung trotzdem.

Die vier größten Stromkonzerne haben eine Monopolstellung. Sie produzieren den Strom und sie haben die Infrastruktur in Form von Tochterunternehmen in ihrem Besitz. Das ist definitiv keine Basis auf der sich marktwirtschaftliche Strukturen entwickeln können. Und wenn diese Strukturen sich nicht entwickeln können – also, wenn der Markt nicht funktioniert – dann muss der Staat eingreifen. Allerdings darf er dieses nicht dirigistisch tun und Preisvorschriften machen oder durch Aufsichtsbehörden in die Preisbildung eingreifen, sondern er muss die Grundlagen dafür schaffen, dass der Markt wieder funktionieren kann. Deshalb ist eine Vielfalt der Stromanbieter so wichtig und deshalb ist es noch wichtiger, dass die Infrastruktur nicht in den Händen einiger weniger ist, die dann den Zugang selbst regeln und die Preise nach eigenem Gutdünken ohne Wettbewerb festlegen können. Nach meiner Auffassung ist es kein Zufall, dass der von E.ON, Vattenfall und EWE zu betreibende Offshore-Windpark vor Borkum jetzt angeschlossen werden soll und dies offensichtlich keine Schwierigkeiten macht, aber die Windparks vor unserer Westküste, die nicht von den eben genannten Firmen betrieben werden, hier vor riesigen finanziellen Hürden stehen. Deshalb muss das Leitungsnetz aus den großen Konzernen heraus gelöst werden.

Dabei meine ich nicht, dass diese Netze verstaatlicht oder enteignet werden sollen. Vielmehr müssen die Netze eigentumsrechtlich von den Energiekonzernen getrennt werden. Es muss also eine bundesgesetzliche Regelung geschaffen werden, dass diese Netze verkauft werden müssen und sie so unabhängig von den Konzernen betrieben werden. Erst dann hätte man die Chance, dass sich die Durchleitungsgebühren an den wirklichen marktgerechten Preisen orientieren. Hierzu fordern wir die Landesregierung auf.

Zweitens wollen wir in einem weiteren Schritt die Netzbetreiber verpflichten, die Kosten für den Anschluss von Windparks im Offshore-Bereich zu tragen. Was an Land gilt, muss auch auf See gelten, damit beide Erzeugungsformen - landgestützte und seegestützte - die gleichen Bedingungen im Wettbewerb haben. Dies würde zur Folge haben, dass die Investitionskosten für Offshore-Windparks vor unserer Küste auf Schlag um 25 Prozent sinken würden. Mit einer solchen Regelung würde man daher nicht nur potentielle Investoren glücklich machen, sondern vor allem einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich hier eine Industrie entwickeln kann und so Arbeitsplätze in einer Hochtechnologie in unserem Land entstehen würden. Es ist das ureigenste Landesinteresse eine solche Regelung zu bekommen.

Zu guter Letzt fordern wir in unserem Antrag, dass bei Investitionen ins Leistungsnetz eine Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus einer Investition erfolgt. Mit einer solchen Vorschrift würde man in der Diskussion über Freileitungen und Erdkabel zu einer für alle tragbaren Lösung kommen. Da dies aber nach unserer Auffassung gesetzlich festgelegt werden muss, haben wir eine Formulierung genutzt, die an eine entsprechende Formulierung der Landesregierung aus ihrem Vorschlag für ein ÖPP-Gesetz entnommen ist.

Wir wollen mit unserem Vorschlag die Grundlage für eine funktionierende Marktwirtschaft im Stromsektor schaffen und dafür sorgen, dass die Stromkunden in Zukunft nicht überfordert werden und marktgerechte und nachvollziehbare Preise zahlen. Hierfür bitten wir um Ihre Unterstützung.

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