Rede · 12.11.2003 Fortführung der Interreg-Förderung

Nicht zuletzt wegen der EU-Osterweiterung wird gegenwärtig an der Zukunft der EU-Regionalförderung nach 2006 gearbeitet. Neben den Regionalmitteln spielt insbesondere die INTERREG-Förderung zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit eine wichtige Rolle in der Strukturförderung der Europäischen Union.

Leider gibt es in der EU-Kommission Überlegungen, die INTERREG-Programme zu begrenzen und neu zu strukturieren. Vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung müssen wir erwarten, dass in den alten EU-Mitgliedsländern weniger Mittel zur Verfügung stehen werden. Außerdem steht zu befürchten, dass der Schwerpunkt der Förderung auf die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Großräumen verlagert wird. Dadurch würde die bisherige grenzüberschreitende Zusammenarbeit in ihrer Substanz gefährdet.

Die bisherige EU-Gemeinschaftsinitiative INTERREG III unterstützt grenzüberschreitende Projekte im Zeitraum 2001-2006 aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Gefördert werden grenzüberschreitende Vorhaben in den Handlungsfeldern:
-Wirtschaft, Forschung, Technologie,
- Tourismus, Natur, Umwelt und Energie
- Bildung, Arbeitsmarkt, Gesundheit und Soziales
- Institutionelle und Soziokulturelle Netzwerke

Das INTERREG III A-Programm ist die Grundlage der Unterstützung deutsch-dänischer Projekte. Der EU-Zuschuss wird als Projektförderung in Form einer Anteilsfinanzierung gewährt und beträgt maximal 50% der förderbaren Projektkosten. Die Kofinanzierung muss aus öffentlich-rechtlichen Mitteln bestehen. Die förderfähigen Projekte müssen von jeweils mindestens einem dänischen und einem deutschen Partner aus der jeweiligen Grenzregion getragen sein.

In Schleswig-Holstein gibt es drei INTERREG-Regionen: Region Schleswig/Sønderjyllands amt,
K.E.R.N.-Region/Fyns amt, Ostholstein/Storstrøms amt. Diese Regionen haben für den Projektzeitraum 2001-2006 eine finanzielle Ausgestaltung von insgesamt fast 30 Millionen €. Dazu kommen dann die kofinanzierten Mittel.

Ich glaube es ist unbestritten, dass die INTERREG-Förderung in den letzten Jahren viele Erfolge erreicht hat. Ohne die EU-Mittel hätte eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-dänischen Grenzgebiete praktisch nicht stattfinden können. Zum Beispiel hätte es kaum gemeinsame Studiengänge zwischen den Flensburger Hochschulen und der Syddansk Universität gegeben. Auch das aktuelle INTERREG III A-Programm unterstützt viele grenzüberschreitende Initiativen. Ein Wegfall oder eine unglückliche Umgestaltung der Förderung würde einen herben Rückschlag für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit an der deutsch-dänischen Grenze bedeuten.

Für Schleswig-Holstein ist es entscheidend, dass das kommende INTERREG IV-Programm die Fortsetzung der bilateralen Zusammenarbeit im deutsch-dänischen Grenzland ermöglicht. Deshalb muss sich die Landesregierung frühzeitig mit klaren Forderungen in den Diskussionsprozess auf europäischer Ebene einmischen. Entsprechende Lobbyarbeit für die deutsch-dänische Zusammenarbeit ist auch schon nördlich der Grenze angeregt worden, wo sich das dänische Außenministerium für die betroffenen Gemeinden stark machen soll.

Aus Sicht des SSW sind drei Forderungen bei der zukünftigen Ausgestaltung der INTERREG-Förderung entscheidend:

Erstens: Die Landesregierung muss sich bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass die INTERREG-Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten auch nach 2006 in den bisherigen EU-15-Staaten fortgesetzt wird. Diese Forderung erscheint eine Selbstverständlichkeit zu sein. Ist es aber nicht.

Denn im Zuge der Osterweiterung gibt es durchaus Überlegungen, die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit nur auf die neuen EU-Länder zu begrenzen. Das liegt natürlich vor allem an den steigenden Kosten, wenn sowohl die alten als auch die neuen EU-Länder weiterhin eine Förderung erhalten. Leider spielt die Bundesregierung laut Handelsblatt vom 10.11.2003 in dieser Diskussion eine unrühmliche Rolle. Aus Furcht vor einer Ausgabenexplosion möchte die Bundesregierung die gesamte EU-Strukturförderung einschließlich der INTERREG-Programme auf die neuen EU-Länder begrenzen. Hier müssen wir als betroffenes Bundesland intervenieren und deutlich machen, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiterhin einer Förderung bedarf, damit die bisherigen Erfolge im Grenzgebiet nicht in Gefahr geraten.

Zweitens: Darüber hinaus soll sich die Landesregierung bei der EU-Kommission dafür einsetzen, dass die INTERREG-Förderung weiterhin vorrangig für originäre grenzüberschreitende Vorhaben zwischen zwei EU-Staaten - wie im deutsch-dänischen Grenzgebiet - genutzt werden kann. Auch hier gilt, es große Widerstände zu überwinden. Denn in der Kommission und unter den Mitgliedsländern wollen viele nur noch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördern, woran Projekte dreier Staaten auf einmal involviert sind. Auch diese Vorschläge würden die bisherigen Arbeit schädigen, da es schwierig ist, an den bisherigen deutsch-dänischen Projekten Teilnehmer aus einem dritten Land partizipieren zu lassen.

Drittens: Weiterhin wird die Landesregierung aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Abrechnung und Verwaltung der INTERREG-Programme in den Regionen vor Ort bleibt. Auch das ist für die Grenzregion ein ganz wichtiger Punkt, denn nur so kann man in Eigenregie die Projektförderung zugeschneidert auf die Region entwickeln. Auch hier gibt es starke Kräfte in der EU-Kommission, die die Verwaltung am liebsten zentral ansiedeln würden.

Denn aus Sicht der EU-Kommission ist die Verwaltung der Eu-Strukturfonds nicht effektiv genug. Daher strebt die Kommission administrative Vereinfachungen an. Das heißt, dass es Überlegungen gibt, ab 2007 nur noch ein INTERREG-Programm für alle drei deutsch-dänischen Regionen zuzulassen, um eine unzulängliche Bewältigung von Inhalten und Strategien zu vermeiden.

Dem müssen wir entgegen halten, dass die Verwaltung der INTERREG-Programme so bürgernah wie möglich zu erfolgen hat, und dass eine Verwaltung vor Ort dazu beiträgt, die grenzüberschreitenden Aktivitäten in das Alltagsgeschehen der Region zu integrieren.

Wichtig ist aber, dass der gesamte Landtag hinter dieser Forderung steht. Dem SSW ist es sehr wichtig, dass wir uns als Landtag gemeinsam mit der Landesregierung in die Diskussion über die zukünftige EU-Förderung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit einbringen. Es ist mir schon von verschiedenen Fraktionen eine Unterstützung für diese Initiative signalisiert worden. Es wäre schön, wenn alle Fraktionen sich im Europaausschuss auf einen gemeinsamen Antrag einigen können.

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