Rede · 28.08.2003 Gemeindefinanzreform

Bereits im Juni haben wir uns ausführlich mit den Eckpunkten der Gemeindefinanzreform auseinandergesetzt, die damals auf der Tagesordnung der vom Bund eingesetzten Arbeitsgruppe standen. Deshalb werde ich heute nicht noch einmal grundlegend auf die verschiedenen Modelle oder auf die katastrophale Finanzlage der Kommunen im Einzelnen eingehen.

Es ist aber wichtig festzuhalten, dass sich die Eckdaten der kommunalen Finanzen seit der damaligen Debatte im wesentlichen nicht geändert haben. Das sage ich vor dem Hintergrund, dass in der vergangenen Woche seitens des Bundesfinanzministeriums verlautet wurde, die Einnahmen der Gewerbesteuer seien im ersten halben Jahr angestiegen.

Der Städteverband Schleswig-Holstein und auch andere kommunale Spitzenverbände haben sehr deutlich gemacht, dass diese Meldung eine Ente sei, da die Prognosen auf einige wenige Städte und Gemeinden beruhen. Der Städteverband hält daran fest, dass sich auf dieser Grundlage keine Schlussfolgerung über die generelle Entwicklung der kommunalen Finanzsituation für das gesamte Jahr 2003 ziehen lässt.

Und solange keine neuen verlässlichen Zahlen vorliegen, muss man davon ausgehen, dass das Gewerbesteueraufkommen dieses Jahr um 5 Milliarden Euro unter dem von 2000 liegen wird. Zu diesem Schluss waren die Steuerexperten bei der Mai-Steuerschätzung gekommen.

Das heißt, die Notwendigkeit einer Reform der Gemeindefinanzen, die den Kommunen Mehreinnahmen sichert, ist heute wie gestern unverändert groß.

Die Mehrheit des Hauses – auch der SSW – hatte sich im Juni für das Modell der Kommunen ausgesprochen. Dieses Model sieht eine Verbreiterung und Verstetigung der Einnahmen der heutigen Gewerbesteuer vor. Kernstück dieses Modells ist zum einen eine Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen durch die Einbeziehung von Freiberufler in die Gewerbesteuer.

Zum anderen wollen die Kommunen die Bemessungsgrundlage durch ein konjunkturunabhängiges Element – die sogenannte Substanzbesteuerung – verbreitern. Gedacht ist an eine Hinzurechnung sämtlicher Zinsen und Zinsanteile der Mieten, Pachten und Leasingraten auf dem Gewerbeertrag. Das Ziel dieses Teils der kommunalen Vorschläge ist es, dass insbesondere größere Unternehmen oder Konzerne, die sich sehr leicht durch verschiedene legale Steuertricks arm rechnen können, auch zur Finanzierung der Kommunen beitragen sollen.

Das ist natürlich der umstrittene Punkt, und hier hat sich die Bundesregierung gegen die Forderungen der Kommunen entschieden. Ansonsten will die Bundesregierung das Modell der Kommunen übernehmen. Die Entscheidung der Bundesregierung hat erhebliche Kritik der kommunale Spitzenverbände ausgelöst und zwar parteiübergreifend. Es wird sogar mit einem heißen Herbst gedroht, wenn die Bundesregierung ihre Entscheidung nicht wiederruft. Wieder einmal hat sich die Bundesregierung zwischen allen Stühlen gesetzt.

Der SSW begrüßt, dass die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen bei ihrer Position aus dem Juni geblieben sind und die kommunalen Spitzenverbände in dieser Frage unterstützen.

Aus unserer Sicht geht es einfach darum, dass den Kommunen so schnell wie möglich geholfen wird, indem zum 1.1.2004 eine vernünftige Lösung gefunden wird. Deshalb können wir auch den Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen unterstützen.

Ein Punkt bleibt uns dennoch wichtig bei der Einbeziehung der Freiberufler in die Gewerbesteuer und der Anrechnung von Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten auf dem Gewerbeertrag. Es muss gesichert werden, dass diese Reform nicht zu Lasten kleinerer und mittlerer Unternehmer geht.

Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag angemessene Freibeträge und Verrechungsmöglichkeiten der Gewerbesteuer mit der Einkommenssteuer für diese Betriebe und Einzelunternehmer. Wir wissen, dass diese Freibeträge in den Modellen der Kommunen schon mit eingebaut sind, aber es ist uns wichtig, dass dieses noch mal plakativ in diesem Entschließungsantrag deutlich gemacht wird. Wir bitten also um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

Der SSW bleibt aber bei seiner Auffassung, dass man sich langfristig über weitere zukunftsfähige Modelle Gedanken machen muss. Denn auch durch die jetzt vorgeschlagene Gemeindefinanzreform bleiben die Einnahmen der Kommunen zum überwiegenden Teil abhängig durch Entscheidungen auf der Bundesebene. Wir bevorzugen daher als Zukunftsmodell weiterhin den Vorschlag, den die angesehene Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh zur Gemeindefinanzreform gemacht hat. Dessen Kernstück ist die Einführung einer kommunalen Bürgersteuer - nicht als zusätzliche Steuer, sondern an Stelle des bisherigen kommunalen Anteils an der Einkommenssteuer. Dazu sollen eine modernisierte Gewerbesteuer und die Grundsteuer zur Finanzierung der kommunalen Aufgaben herangezogen werden.

Aus Sicht des SSW ist dieses natürlich auch ein interessanter Ansatz, weil er dem dänischen Modell mit einem eigenen Einkommenssteuerhebesatz für die Kommunen sehr ähnelt. Der Vorteil einer solchen kommunalen Bürgersteuer liegt einmal in der Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger, die genau sehen können, wofür sie ihre Steuern zahlen und zum anderen in der Flexibilität, weil die kommunalen Steuersätze je nach Aufgabenstellung der jeweiligen Situation sich von den kommunalen Vertretern unterschiedlich gestalten lassen.

Uns ist natürlich nicht entgangen, dass die FDP-Landtagsfraktion in ihrem Antrag genau so eine kommunale Bürgersteuer mit einen eigenen Hebesatz vorschlägt. Das begrüßen wir. Dennoch unterscheidet sich der FDP-Vorschlag von dem Bertelsmann-Modell dahingehend, dass die FDP die Gewerbesteuer ganz abschaffen will, während Bertelsmann eine modernisierte Gewerbesteuer zusammen mit der kommunalen Bürgersteuer beibehalten will. Da sich die Unternehmer laut FDP-Vorschlag überhaupt nicht an der Finanzierung der kommunalen Aufgaben beteiligen sollen, können wir diesen Antrag nicht unterstützten.

Auch dem Antrag der CDU können wir nicht zustimmen. Die Vorschläge werden ja selbst von den kommunalen Spitzenverbänden als unzureichend zurückgewiesen. Sie bringen den Kommunen definitiv zu wenig zusätzliche Einnahmen.

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