Rede · 29.09.2005 Gesetz zur Einführung von Innovationsbereichen zur Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren

Die Innenstädte stärken zu wollen, ist ein Anliegen, dass wir alle in irgendeiner Weise unterstützen wollen. Der Weg dahin ist schwierig und er sollte auch weiterhin in der Zuständigkeit der Kommunen und der dort Beteiligten liegen. Dieser Ansatz liegt dem Gesetzentwurf nur zum Teil zu Grunde. Zwar soll hier ein Gesetz geschaffen werden, dessen Umsetzung in die kommunale und private Hand gelegt wird, aber es ist trotzdem ein Gesetz, dass alles von oben regelt. Ich glaube nicht, dass solche Regelungen dazu beitragen, dass wir die wirtschaftliche Entwicklung stärken und dass wir flexibler werden. Eher das Gegenteil wird der Fall sein – zumindest, wenn ich an die Flexibilität und den Bürokratieabbau denke.

Insbesondere wenn ich den Paragrafen 5 im Gesetzesvorschlag lese, dann liest sich dieser wie ein abschreckendes Beispiel in Bezug auf Bürokratie und komplizierte Regelungen. Da sollen komplizierte Anträge gestellt werden, die von Verwaltungen überprüft werden und die dann ausgelegt werden. Danach kann man dann Stellungnahmen abgeben und wiederum müssen diese dann berücksichtigt oder doch zumindest beachtet werden, bevor auch nur eine einzige Maßnahme beschlossen wird. Mir persönlich ist dieses Verfahren viel zu langwierig. Aber ich bin natürlich auch kein Preuße, der ständig gesetzliche Regelungen für alles und jedes braucht. Wenn es um die Vermarktung einer Region, eines Gewerbegebietes oder eben auch eines Innenstadtbereiches geht, dann sind die privaten Unternehmer am Zug. Und das hat meines Erachtens auch immer gut geklappt, auch wenn nicht jeder immer gleich gut mitgezogen hat.

Neben den allgemeinen Bedenken gibt es aber auch zu den einzelnen Paragrafen Fragestellungen, die manchmal sogar erheblich gegen eine gesetzliche Regelung sprechen. Im Paragrafen 3 wird nicht nur festgelegt, dass ein Innovationsbereich eingerichtet werden kann und man Maßnahmen ergreifen soll, sondern vor allem auch, dass eine Zwangsabgabe für diese Maßnahmen gezahlt werden soll. Diese Abgabe soll nach Paragraf 7 von den Grundstückseigentümern bezahlt werden. Dabei ist es egal, ob diese einen Nutzen von den Maßnahmen haben oder nicht. Das ist definitiv nicht in Ordnung. Schon jetzt kann man in Fremdenverkehrsorten eine Fremdenverkehrsabgabe erheben, die zumindest an den jeweiligen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Fremdenverkehr gekoppelt wird. Und selbst das ist umstritten. Aber eine Zwangsabgabe, wie hier vorgeschlagen, würde sicherlich von kaum einem akzeptiert werden. Schon gar nicht, wenn wie in § 7 festgelegt, der Aufgabenträger sogar Gewinne einstreichen soll, die auch aus der Zwangsabgabe finanziert werden.

Auch, dass der jeweilige Aufgabenträger Mitglied der IHKs sein muss oder sich ihrer Aufsicht unterwerfen muss, ist eigentlich nicht einzusehen. Die Maßnahmen, die jetzt in Werbegemeinschaften und ähnlichem laufen, unterliegen auch nicht dieser Aufsicht. Ich sehe in dieser Bestimmung auch wieder nur eine unnötige Bürokratisierung und eine formelle Stärkung der IHKs, der wir kritisch gegenüberstehen. Auch für die IHKs besteht eine Pflichtmitgliedschaft. Eigentlich sollten deren Aufgaben auf freiwilliger Basis für ihre Mitglieder erfüllt werden. Wenn sie gut erfüllt werden, würde man so auch Mitglied werden wollen. Wer aber jetzt eine Pflichtinstitution mit einer ausschließlichen Kompetenz, wie hier im Gesetz, ausstattet, zementiert das dieses System nur. Wir lehnen das ab.

Schwer tun wir uns auch mit dem Absatz 4 im Paragrafen 5, wo es um Datenaustausch zwischen dem Finanzamt und Aufgabenträger geht. Ich möchte nicht, dass Daten über Grundstücke, deren Einheitswerte und deren Eigentümer einfach vom Finanzamt an einen möglicherweise von einer IHK beauftragten privaten Dritten übermittelt werden. Private gehen Eigentumsverhältnisse und der Wert von Grundstücken nichts an. Zumindest hätte ich mir gewünscht, dass dann eine Einverständniserklärung der Betroffenen verpflichtend gewesen wäre. Und selbst dann hätte ich immer noch starke Bauchschmerzen mit einer solchen Regelung, da hier sensible persönliche Daten hin- und hergeschoben werden, ohne das ein zwingender Grund hierfür vorliegen würde. Es mag sein, dass unsere Einstellung hierzu sehr puristisch ist, aber nur damit wir ein Innenstadtquartier besser vermarkten können und hier für Attraktivität im Sinne von Wirtschaftlichkeit sorgen, darf man Datenschutzaspekte nicht vernachlässigen. Zumal es hierfür auch andere Umsetzungsmöglichkeiten gibt, die den gleichen Effekt hätten – das zeigen ja gerade die vielen erfolgreichen Werbegemeinschaften und kommunalen Vermarktungsträger.

Wir haben große Sympathie für das Anliegen, das mit diesem Gesetzesvorschlag angegangen werden soll. Wir sind aber in vielen Bereichen skeptisch, dass der Weg, der hier eingeschlagen werden soll, wirklich der richtige ist. Wir sollten lieber versuchen, den bestehenden Akteuren so wenig Steine in den Weg zu legen wie möglich. Und dann sind wir sehr schnell bei den Ladenöffnungszeiten, der Sperrstunde, ordnungsrechtlichen Regelungen für Veranstaltungen oder auch bei Auflagen, die in so manchem Bauamt ersonnen werden. Ich glaube weniger Regulierung ist hier mehr und diesen Weg sollten wir lieber beschreiten.




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