Rede · 22.03.2012 Vertrauen statt Plagiatssoftware an schleswig-holsteinischen Schulen

Nach bekannt werden des zwischen Ländern, Verwertungsgesellschaften und Verlagen abgeschlossenen Vertrages, wurde in der Öffentlichkeit - und hier vor allem in der Blogger-Gemeinde wie bei Netzpolitik.org, die Einführung von Schultrojanern heftig kritisiert. Und Netzpolitik.org war es auch, die den bereits am 21.12.2010 geschlossenen Vertrag publik gemacht hatte – und nicht etwa die Kultusminister der Länder oder Herr Dr. Klug.

Und was macht unser Bildungsminister? Er stellt sich hin und sagt: "Selbstverständlich lassen wir nichts an die Schulen", was aus Sicht des Datenschutzes bedenklich sei. Er nannte die Diskussionen ein „Gespensterdebatte“, weil ein Programm, das es noch gar nicht gibt „als Schultrojaner diffamiert“ werde. Dann, Herr Dr. Klug, könnte man ja auch sagen, dass man für etwas, was es noch nicht gibt, auch keinen Vertrag abschließen muss. Ganz so ist es aber nicht, denn im Vertrag wird im § 6 auf die in den Schulen einzusetzende Plagiatssoftware hingewiesen, mit der „digitale Kopien“ von Unterrichtsmaterial „auf Speichersystemen identifiziert werden können“. Von einem Minister für Bildung und Kultur und der Schulaufsicht hätte ich mir daher etwas mehr Weitsicht gewünscht. Denn es muss klar sein, was eine Software nicht darf - nämliche die Lehrkräfte ausspionieren. Und die Schulen darf man auch nicht im Regen stehen lassen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat unter anderem rechtliche Probleme deutlich gemacht. Sie hält den Einsatz der Schultrojaner für mitbestimmungsrechtlich bedenklich, weil Lehrkräfte einer Ausforschung „im Interesse Dritter ausgesetzt" sein könnten. Außerdem kritisiert sie, dass der Vertrag ohne Einbeziehung der Gewerkschaften und Verbände als Vertretung der Beschäftigten abgeschlossen wurde und stellt klar, dass vor einem Einsatz der Software die Personal- und Betriebsräte sowie die Mitarbeitervertretungen der Schulen beteiligt und in die Entscheidung einbezogen werden müssen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht hat sich im Übrigen der Datenschutzbeauftragte unseres Landes kritisch geäußert, weil nicht klar sei, welche Informationen übermittelt und wer auf die Daten zugreifen könne.

Zwischenzeitlich hat ein Gespräch mit dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz stattgefunden. Man verständigte sich, dass 2012 keine Plagiatssoftware eingesetzt wird und die Vertragspartner in den kommenden Monaten eine Lösung erarbeiten sollen. Wie die GEW betont, muss diese Lösung den Lehrkräften einen guten Unterricht ermöglichen, Mitbestimmungsrechte beachten, Autorenrechte schützen und den Anforderungen des Datenschutzes genügen. Das sieht der SSW genauso.

Kürzlich war in einem Onlineportal nachzulesen, wohin unkontrolliertes Treiben führen kann: In Kanada haben im Januar zwei Hochschulen Verträge mit einer Lizenzierungsgesellschaft abgeschlossen. Die Verträge definieren als Vervielfältigungen „Übertragungen per E-Mail sowie das Speichern, Hochladen, Anzeigen oder gar Verlinken digitaler Dateien“. Man kann also erahnen, wie tief in die Grundrechte von Lehrenden eingegriffen wird, wenn eine entsprechende Kontroll-Software eingesetzt werden sollte.

Soweit darf es bei uns nicht kommen! Wir unterstützen den Antrag der Linken, damit eine Überprüfung des Vertrages durchgeführt und dessen Anwendung für diese Zeit ausgesetzt wird. Unser erklärtes Ziel muss es aber sein, auf den Einsatz des Schultrojaners dauerhaft zu verzichten.

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