Tale · 24.09.2004 Änderung des Informationsfreiheitsgesetz

Das Informationsfreiheitsgesetz des Landes, 1999 vom SSW eingebracht und im Januar 2000 vom Landtag beschlossen, gibt allen Bürgerinnen und Bürgern das Recht, Einsicht in Informationen von Behörden zu nehmen. Das Gesetz hat dazu geführt, dass Schleswig-Holstein bundesweit zur Vorreiterin in Sachen Datenschutz und Informationsfreiheit geworden ist. Es stellt somit aus unserer Sicht ein Meilenstein der Bürgerfreundlichkeit dar.

Nach vier Jahren Informationsfreiheit hat sich aber langsam herausgestellt, was noch besser gemacht werden kann, denn die Diskussion um die Einführung von Informationszugangsrechten ist seit der Verabschiedung unserer Gesetzes weitergegangen. Dies kam auch zum Ausdruck in dem Symposium, das der Schleswig-Holsteinische Landtag und das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz im Dezember letzten Jahres aus Anlass des „Datenschutz-Jahres“ unter der Überschrift „Vom Norden lernen“ hier im Landtag durchführte.

Dies betrifft insbesondere das Problem der sogenannten „Flucht ins Private“. Gemeint ist, dass ein an sich gegebener Anspruch auf Informationen dadurch unterlaufen wird, dass öffentliche Aufgaben privatisiert werden. Dieses Problem hat sich im Laufe der letzten Jahre mit den zunehmenden Privatisierungstendenzen in unserer Gesellschaft immer mehr verschärft. Mit anderen Worten: mit unseren Änderungsvorschlägen wollen wir den Informationszugang jetzt noch bürgerfreundlicher gestalten, denn der Sinn von Informationsfreiheit ist doch, dass der Staat den Bürgern gegenüber so transparent wie möglich darstellt, welche Aufgaben er für sie erledigt.

Der SSW fordert nun, dass die Bürgerinnen und Bürger auch dort, wo öffentliche Aufgaben durch private Unternehmen erledigt werden, ein Recht auf Informationen bekommen. Während das Informationsfreiheitsgesetz heute schon den Informationszugang zu Behörden eröffnet, sollen also künftig auch Daten von privaten Unternehmen zugänglich sein, wenn sie sich einer öffentliche Aufgabe annehmen. Im Prinzip gilt dieses zwar auch schon im bestehenden IFG, aber es wird vielfach der Standpunkt vertreten, dass bei privatrechtlichen Handeln einer Behörde oder eines Privaten das IFG keine Anwendung findet.

Deshalb ist es heute noch so, dass viele dieser Unternehmen ihre Informationen zurückhalten mit der Begründung, dass sie keine Behörden im Sinne des IFG sind. Da aber immer mehr öffentliche Aufgaben in den halbprivaten und privaten Bereich verlagert werden, muss die Informationsfreiheit auch dort gelten, wo öffentliche Aufgaben durch private Unternehmen erledigt werden. Die gesetzlichen Bestimmungen zu den Geschäftsgeheimnissen Privater bleiben davon unberührt.

Die bisherige Fassung des Informationsfreiheitsgesetzes nutzt den Behördenbegriff des schleswig-holsteinischen Verwaltungsgesetzes, wonach Behörde jede selbständige Stelle ist, die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeiten ausübt, und verpflichtet Private nur insoweit, als diese in die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben eingebunden sind. An der Benutzung des Wortes „rechtlich“ an dieser Stelle hat sich ein Streit entzündet. Daher wollen wir mit dieser Novelle eine Klarstellung leisten, indem der Zusatz „rechtlich“ gestrichen wird

Unsere Novelle leistet über die Klarstellung des bestehenden Gesetzes hinaus eine Erweiterung der bestehenden Ansprüche. Fälle der vollständigen Privatisierung werden erfasst, Private werden auch direkt verpflichtet und „bereitgehaltene“ Informationen werden auch zugänglich gemacht.

Mit unserem Gesetzentwurf wird, wie aus der Problemformulierung hervorgeht,
auch die EU-Umweltinformationsrichtlinie 2003/4/EG umgesetzt, die bis zum 14.Februar 2005 in Landesrecht umgemünzt werden muss. Diese EU-Richtlinie besagt in Klammern bemerkt, dass zukünftig ein direkter Informationsanspruch gegenüber Privaten besteht, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. – Also, genau das, was wir erreichen wollen.

Im übrigen hatte die Bundesregierung am 21.Juni diesen Jahres dem Bundesrat ein Entwurf zu einem Umweltinformationsgesetz - zur Umsetzung der EU-Richtlinie – zugeleitet. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass nur informationspflichtige Stellen der Bundesebene von einem Umweltinformationsgesetz des Bundes betroffen sind. – Soll heißen, dass die Länder eigene Umweltinformationsgesetze zu verabschieden haben.

Mit unserer Gesetzesnovelle würde man die Umsetzung der EU-Richtlinie innerhalb der bestehenden Gesetze regeln, statt ein spezielles Umweltinformationsgesetz zu schaffen. Wir sagen also, dass das IFG gleichzeitig den Zugang zu Umweltinformationen regeln soll, damit die Bürger nicht auf verschiedene Gesetze angewiesen sind, um ihr Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen geltend zu machen.

Im Gegenzug wollen wir damit aber auch erreichen, dass sich die Einbeziehung privater Unternehmen nicht nur auf Umweltinformationen beschränkt, sondern für alle Ersuchen um Informationszugang gilt. – Soweit sie öffentliche Zuständigkeiten oder öffentliche Aufgaben haben oder öffentliche Dienstleistungen erbringen.

Stichwortartig sei zum Schluss erwähnt, dass die Gesetzesnovelle noch ein paar weitere kleineren Änderungen enthält, die sich auf die Gebührenregelung beziehen - zukünftig soll eine Einsicht, die geringen Aufwand verursacht, kostenlos sein - und auf die Zugänglichkeit von Informationen, die von Dritten für Behörden bereitgehalten werden.

Ich fasse zusammen: Der konkrete Hintergrund unserer Gesetzesinitiative ist das enge Zeitfenster, das mit dem Umweltinformationsgesetz des Bundes und der Umsetzung der EU-Umweltrichtlinie gegeben ist. Wir sollten dies aber auch als Chance betrachten, denn das IFG war ein Erfolg.

Das ist nicht nur in den Berichten des Landesdatenschutzbeauftragten nachzulesen, das wissen wir aus ganz vielen Zusammenhängen. Und im übrigen sollten wir in Schleswig-Holstein stolz auf unsere Vorreiterrolle in der Bundesrepublik sein. Dazu möchte ich zitieren was Manfred Redels und Thomas Leif anlässlich des besagten Symposiums im Landtag zu dem fehlenden Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene gesagt haben:

„Wer von den Menschen verlangt, dass sie mehr Eigenverantwortung für ihre Gesundheitsvorsorge und ihre Altersversicherung übernehmen sollen, der kann nicht einerseits vom Idealbild eines informierten, an privaten wie öffentlichen Belangen interessierten und engagierten Bürgers ausgehen, gleichzeitig aber an obrigkeitsstaatliche Traditionen wie dem „Amtsgeheimnis“ festhalten. Der aktivierende Staat kann schwerlich ein verschlossner Behördenapparat nach dem Muster des 19. Jahrhunderts sein. Wie sehr die deutsche Verwaltungskultur mittlerweile im internationalen Vergleich ins Hintertreffen geraten ist, offenbart die Tatsache, dass die Bundesrepublik zusammen mit Luxemburg das letzte EU-Land ist, dass kein allgemeines Akteneinsichtsrecht hat.“

Mit der Verabschiedung der vorliegenden Novelle würden wir also einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass Schleswig-Holstein seine Vorbildfunktion in den Bereichen Datenschutz und Informationsfreiheit weiter ausbauen kann – zum Wohle seiner Bürgerinnen und Bürger.

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